Crashkurs
Weltwirtschaftskrise, die mit dem berühmten »schwarzen Dienstag« am 29. Oktober 1929 inoffiziell begann, die Weltwirtschaft in den dreißiger Jahren im Würgegriff hielt und in der Folge im Zweiten Weltkrieg mit seinem ganzen Grauen gipfelte. Die Geschichtsschreibung und die Menschen jener Zeit gaben die Schuld an dieser Katastrophe der Spekulation und dem ungezügelten Kapitalismus. Vieles deutet heute auf eine ähnliche Entwicklung. Aber wenn es so kommt, dann Gnade uns Gott, denn die Dimensionen, um die es vor achtzig Jahren ging, sind ein laues Lüftchen im Vergleich zu dem Hurrikan, den die aufgeblähte Kreditblase heute darstellt.
Eines der wichtigsten Kennzeichen für diese Entwicklung ist die Gesamtverschuldung der USA im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, also die gesamten Schulden des Staates, seiner Bürger und der Industrie zusammengerechnet im Verhältnis zur wirtschaftlichen Gesamtleistung. Seit 1910 lag diese Gesamtverschuldung in den USA zwischen 130 und 150 Prozent der wirtschaftlichen Gesamtleistung. Durch die laxe Kreditvergabe des Fed (Federal Reserve System, das Zentralbanksystem in den USA) stieg sie in den Jahren bis 1929 auf 170 Prozent und war mit ursächlich für den folgenden Zusammenbruch. Während der Weltwirtschaftskrise wuchsen die Schulden, und gleichzeitig brach die Wirtschaftsleistung ein. Infolge dieses Zusammenbruchs explodierte die Verschuldung kurzfristig auf 270 Prozent der wirtschaftlichen Leistung. Die ganze Welt versank im wirtschaftlichen Chaos. Aber das System wurde »resettet«, also neu gestartet, und 1950 lag das Verhältnis zwischen Gesamtschuld und Bruttoinlandsprodukt wieder bei 130 Prozent.
Was schätzen Sie, wie hoch dieses Verhältnis im Jahr 2008 ist? Wahnwitzige 400 Prozent! Wohlgemerkt vor dem Einbruch der Konjunktur. Ich glaube, dass die Entwicklung der Krise im Frühjahr 2008 zeitlich vergleichbar ist mit dem Stand vom Frühjahr 1929. Damals lag der Verschuldungsgrad bei 170 Prozent.
Wenn diese ungeheuerliche Übertreibung nun in eine Gegenwelle mündet, dann verstehen Sie, warum ich die Krise von 1929 bis 1933 als harmlos bezeichne. Wenn diese Blase platzt, bedeutet das die Kernschmelze unseres Wirtschaftssystems.
Worst-Case-Szenario
Bevor Sie diesen Abschnitt zu lesen beginnen, räumen Sie bitte alle scharfen Gegenstände außer Reichweite, und bitten Sie nahe Angehörige, regelmäßig nach Ihnen zu schauen und gelegentlich mit aufmunternden Worten und ein paar Schokokeksen Trost zu spenden. Ich beschreibe hier mit voller Absicht ein Worst-Case-Szenario, dessen Eintreffen ich weder für wünschenswert noch für zwingend halte. Dennoch ist nicht völlig auszuschließen, dass eintritt, was im Folgenden beschrieben wird. Es ist immer gut zu wissen, was kommen kann. Nur so können die künftigen Nachrichten vernünftig einsortiert werden. Sie müssen dann für sich selbst entscheiden, ob sich durch den Gang der Dinge die Wahrscheinlichkeiten zum positiven oder zum negativen Szenario hin verschieben.
Um dieses Szenario in Gang zu setzen, brauchen wir eigentlich gar nicht mehr viel zu unternehmen. Wir müssen nur einmal unterstellen, dass die einflussreichen Gruppierungen aus Politik, Wirtschaft und Finanzen, die unsere Welt lenken, also die Finanz- und Machthydra, nicht ganz so mächtig sind wie bisher angenommen. Alternativ lassen wir für unser Szenario einfach einen von jenen Dominosteinen fallen, die so schwer sind, dass selbst diese Hydra sie nicht abfangen kann.
Nehmen wir also an, es wird kein Plan zur Stützung des Immobilienmarkts aufgelegt. Die Hauspreise in den USA fallen einfach weiter. Warum sollten sie auch nicht? Wer soll denn die ganzen Häuser auf dem Markt kaufen? Die meisten halbwegs solventen Amerikaner waren ja bereits mit Häusern versorgt. Das war doch schließlich auch der Grund, warum die Preise nicht mehr stiegen. Diejenigen, die jetzt kein Haus mehr haben, befinden sich überwiegend deshalb in dieser Situation, weil ihr Haus gepfändet wurde, haben also kein Geld, um sich ein neues zu kaufen. Und wer sollte diesen »Pleitiers« neue Darlehen einräumen? Also nennen Sie mir einen Grund, warum die Immobilienpreise nicht weiter deutlich fallen sollten.
In diesem Moment wird mir in Diskussionen meist entgegnet: »Jaaa, aber die Häuser sind jetzt so billig, dass die Ausländer mit ihrem vielen Geld und dem billigen Dollar Superschnäppchen auf dem US-Immobilienmarkt machen können.« Stimmt. Aber wenn ich der Ölscheich von
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