Crashkurs
mehr Investoren beeilen sich, ihr Geld in Sicherheit zu bringen. Es werden längst nicht mehr nur Aktien verkauft, sondern auch Staatsanleihen der betroffenen Länder.
Je größer die Angst und je schwächer die Währung, umso höher die Risikoprämien, die der Staat und die Industrie dieser Schwellenländer zahlen müssen, um überhaupt noch Geld im Land zu halten. Die Banken des Landes geraten in große Schwierigkeiten, da auch ihnen das Geld fehlt, das die Ausländer abziehen, um die Probleme in der Heimat zu lösen. Es kommt zu Bankenzusammenbrüchen und gigantischen Wirtschaftskrisen. Die Zinsen steigen in exorbitante Höhen, um die Währung zu stabilisieren, und würgen somit auch noch den letzten Rest von Inlandskonjunktur ab. Solche Entwicklungen hatten wir beispielsweise Ende der neunziger Jahre während der sogenannten Asienkrise oder auch 2001/2002 beim Zusammenbruch des argentinischen Finanzsystems. Wenn auch die Ursachen variieren, so sind die Abläufe doch stets vergleichbar.
Auf dem Höhepunkt der Argentinienkrise fiel das Bruttoinlandsprodukt des südamerikanischen Landes um über 20 Prozent, und die Arbeitslosigkeit stieg auf denselben Wert.
Und bei der Asienkrise 1998 schrumpfte beispielsweise die indonesische Wirtschaft um 13 Prozent, während sie bis 1996 noch regelmäßig um 7 Prozent gewachsen war.
Diese Krisen konnten mit viel Mühe abgefangen werden, weil sie auf eine stabile Weltwirtschaft trafen. Die großen Wirtschaftsnationen konnten die Situationen mit vereinten Kräften retten. Was aber, wenn die potentiellen Retter selbst in Problemen stecken? Was, wenn die früheren Retter sogar der Auslöser der Krise sind? Wer soll diese Lawine stoppen?
Ein solches Szenario gab es übrigens schon einmal. Der große Zusammenbruch 1929 lief exakt so ab. Auslöser damals war ein scharfer Preiseinbruch bei Rohstoffen. Eine Rohstoffblase platzte … Kommt Ihnen das vertraut vor? Weil kreditfinanzierte Spekulationsblasen in Amerika platzten, kamen die amerikanische Wirtschaft und Finanzwelt in größte Schwierigkeiten. Man suchte händeringend nach liquiden Mitteln. Daher wurden große Teile der Gelder, die in den Jahren zuvor in Europa investiert worden waren, schlagartig abgezogen und zum Stopfen der Löcher in der Heimat verwendet. Nicht, dass dies viel gebracht hätte, aber es hat gereicht, um Europa mit ins Verderben zu stürzen. Es kam zu einem Einbruch des Welthandels und zu Massenarbeitslosigkeit. Parallel dazu wurden auch auf den heimischen Märkten zunächst all die Anlageprodukte verkauft, von denen man befürchtete, sie zu einem späteren Zeitpunkt nur schwer loszuwerden.
Doch je weiter die Krise voranschreitet, desto größer wird der Druck, Geld in die Kasse zu bringen, um entweder die Kredite bedienen oder die aktuellen Rechnungen begleichen zu können. Da geht es den Unternehmen nicht anders als den privaten Haushalten. Es ist ein Wettlauf um Bargeld. Da alles Mögliche zum Verkauf steht, um eben dieses Bargeld zu bekommen, fallen die Preise für alles Handelbare immer weiter. Man nennt das Deflation. Durch diese Geldklemme kommt die Wirtschaft immer mehr zum Erliegen. Von 1929 bis 1933, im großen Zusammenbruch der Weltwirtschaft, hatten wir dieses Szenario in Perfektion. Unternehmenszusammenbrüche, Massenarbeitslosigkeit und Massenarmut waren die Folge.
Zu den ersten Vermögenswerten, die liquidiert werden, gehören auch Aktien, die nicht so häufig gehandelt werden. Beispielsweise SDax- oder MDax-Werte. Man weiß, da gibt es ohnehin nur einen relativ engen Markt. Wenn dort mehrere Investoren gleichzeitig verkaufen wollen, kann es sehr schnell stark abwärts gehen. Daher werden solche Titel in Krisenzeiten zuerst abgestoßen. Die liquiden Dax-Aktien können ja später noch versilbert werden, wenn sich leichter Käufer finden. Das bedeutet: Je enger der Markt und je riskanter die Papiere, umso schneller und tiefer der Einbruch. Entsprechend können diese riskanten Märkte auch als Krisenbarometer verwendet werden. Wenn es an solchen ehemals »tollen Zukunftsmärkten« plötzlich zu scharfen Rückgängen kommt, deutet das meist auf steigende Sorgen und größeres Risikobewusstsein bei den Profiinvestoren hin.
Dieses Horrorszenario unterstellt allerdings, dass unserem Wirtschaftssystem eine freie Marktwirtschaft zugrunde liegt. Das ist aber beileibe nicht der Fall. Unser Wirtschaftssystem und das politische System der westlichen Welt werden von einigen überschaubaren Gruppen
Weitere Kostenlose Bücher