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Crashkurs

Crashkurs

Titel: Crashkurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Müller
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Dubai bin oder auch nur der faule Erbe eines reichen Onkels in Castrop-Rauxel, dann will ich was haben für mein Geld. Dann soll es bitte schön eine Penthousewohnung in der City von San Francisco oder doch zumindest ein schnuckeliges Häuschen mit Pool an der Küste von Florida sein. Ich will doch nicht das windschiefe Farmerhäuschen mit klappernden Holzläden im Hinterland von Virginia haben, in dem einst ein gewisser Jon Arbuckle den Küchentisch vollgeweint hat. Das Problem des US-Immobilienmarkts sind nicht die gläsernen Prachtbauten in Manhattan, die man zuerst vor Augen hat, sondern es ist die Masse der einfachen Bleiben in der Weite des Landes. Und wer sollte die kaufen wollen? Die, die sie kaufen können, wollen nicht, und die, die sie kaufen wollen, können nicht. So einfach ist der Teufelskreis.
    Also ist erst mal kein Boden abzusehen. Wir gehen folglich davon aus, dass sich die Immobilienmisere noch mindestens bis Ende 2009 fortsetzt. Was entwickelt sich daraus? Immer mehr amerikanische Bürger verlieren ihr Haus und vor allem ihre Kreditwürdigkeit. Das Haus, das bisher als Grundlage für Konsumdarlehen, Kreditkarten und Autoleasingverträge galt, ist entweder überschuldet oder weg. Das betrifft Millionen Amerikaner. Diese Amerikaner können also auch nicht mehr konsumieren. Die Autobauer verkaufen kaum mehr Autos. Der Markt ist ohnehin gesättigt. Erinnern Sie sich noch an die ruinösen Rabattschlachten der US-Autobauer vor 2007? Es besteht gar keine große Notwendigkeit, neue Autos zu kaufen. Und wenn, dann bitte schön einen sparsamen Japaner. Die US-Autoindustrie ist jedoch für einen Großteil der amerikanischen Arbeitsplätze verantwortlich. Folge: Der eine oder andere Mitarbeiter wird mit Bedauern nach Hause verabschiedet werden. Übrigens: Alles bisher Beschriebene ist zumindest in Ansätzen schon 2008 zu beobachten.
    Verstärkt sich diese Entwicklung, werden die durch sparsame Konsumenten entstehenden Probleme natürlich auch alle anderen Branchen erreichen. Die Umsätze der Einzelhändler brechen weg. Wer kein Geld hat (und keinen Kredit bekommt), kann auch nicht einkaufen. Also brauche ich auch weniger Filialen und weniger Verkäufer, und ich brauche weniger Leute, die Waren in braune Papiertüten packen. Wieder ein paar hunderttausend Menschen, die plötzlich morgens nicht mehr zur Arbeit fahren, sondern sich stattdessen fragen, wie lange die Bank stillhält, bevor sie auch ihr Haus räumen lässt. Der Druck auf die Immobilien verschärft sich weiter – und die Abwärtsspirale dreht sich immer schneller.
    Das Ausbleiben der Konsumenten betrifft natürlich auch alle anderen Industrien, außer vielleicht die Pfandleiher. Überall müssen die Menschen sparen, und sie versuchen ihre unfreiwillig gewonnene Freizeit mit irgendetwas zu verbringen, was Geld bringt. Beispielsweise als Friseur. Das ist kein Scherz. Im Herbst 2008 war zu lesen, dass einige ehemalige Wallstreetbanker sich als Friseur versuchen! Im Fach »Leute barbieren« haben sie schließlich genug Erfahrung.
    Aber zurück zum Thema. Das hat Auswirkungen, die im Moment noch keiner so richtig auf der Liste hat. Das Ausbleiben der Kunden wird zu einem ungeheuren Preiskampf führen. Die Friseure gehen mit den Preisen runter, weil die Kunden sonst gar nicht mehr kommen oder zum Dumping-Schwarzarbeits-Friseur wechseln. Die Autoverkäufer treiben die Rabattschlacht bis zur Selbstzerfleischung, in der Hoffnung, diese Krise wenigstens zu überleben. Gewinnmargen und Umsatzrenditen erinnern dann nur noch von fern an längst vergangene goldene Zeiten. Es geht bloß noch darum, überhaupt ein bisschen Geld in die Kassen zu bringen, um die nächsten Rechnungen bezahlen zu können.
    Die Folge sind Preisrückgänge in allen Bereichen. Jetzt könnte man denken: »Prima Sache! Ist doch toll, wenn alles billiger wird!« Ist es nicht. Denn im gleichen Maße, wie die Preise für Waren und Dienstleistungen fallen, müssen auch die Unternehmen immer mehr sparen. Also werden die Gehälter gekürzt oder die Mitarbeiter gleich ganz entlassen. Wo das aufgrund von Verträgen oder Gewerkschaftseinfluss nicht möglich ist, kommt es zum Konkurs der Firma und somit ebenfalls zu einem ungesunden Maß an Freizeit für die ehemaligen Mitarbeiter. Da auch die Steuereinnahmen des Staates dramatisch zurückgehen, ist es auch mit der Arbeitslosenunterstützung nicht mehr weit her. Massenarbeitslosigkeit zieht Massenarmut nach sich. Der Staat, mittlerweile hoffnungslos

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