Crashkurs
nun mal nur ein sehr beschränktes Platzangebot. Baugrundstücke sind rar und werden somit auch recht schnell wieder Käufer finden, wenn die Preise gefallen sind. Nicht so in Amerika. Hier gibt es nahezu unbegrenzt freies Land. Wer jemals durch den mittleren Westen gereist ist, weiß, wovon ich rede. Hier ist man oft viele Stunden mit dem Auto unterwegs, ohne auch nur auf ein Toilettenhäuschen zu stoßen. Das passiert Ihnen in Deutschland höchstens, wenn Sie nach einer gerade überstandenen Hüftoperation zu Fuß im Pfälzer Wald unterwegs sind.
Also werden die Immobilienpreise zumindest in weiten Teilen der USA auf ein Niveau fallen können, das wir uns hier nicht vorstellen können. Die Grundstückspreise von Lower Manhattan werden nicht sonderlich davon betroffen sein, aber da wohnen ja auch nicht Millionen von Amerikanern, sondern eher die Verursacher der Krise mit den Millionen der Amerikaner.
Eine Untersuchung des Kongressausschusses kommt zu der Prognose, dass bis Ende 2009 zwei Millionen amerikanische Familien ihr Haus wegen Zahlungsunfähigkeit verlieren werden und der Wert der US-Immobilien um 2 bis 4 Billionen Dollar sinken wird. Das sind laut Untersuchungsausschuss vorläufige Zahlen, die auch deutlich höher liegen könnten. Kurzum, hier liegt der Sprengstoff für unser weiteres Szenario. Diese Millionen amerikanischer Familien werden in den nächsten Jahren sicherlich nicht diejenigen sein, die den Konsum vorantreiben – bestenfalls im Bereich Billigzelte. Ihre Nachbarn, die mit aller Anstrengung ihr Haus halten können, werden in der nächsten Zeit ebenfalls auf einen neuen Sportauspuff verzichten. Bereits 2008 brachen die Autoabsätze in den USA dramatisch ein. Ford und General Motors verkauften Anfang des Jahres 10 bis 20 Prozent weniger Fahrzeuge als noch ein Jahr zuvor. Diese Entwicklung wird sich in allen Bereichen der amerikanischen Wirtschaft fortsetzen. Die Menschen sparen beim Ausgehen, verschieben die Anschaffung eines neuen Autos und gucken noch einige Jährchen länger in die »alte« Röhre.
Was nicht gekauft wird, muss auch nicht produziert werden. Also kommt es zu Werkschließungen und Massenentlassungen. Die Banken waren die erste Branche, die von der Krise betroffen war. Folgerichtig kam es auch hier zur ersten Entlassungswelle. JPMorgan Chase hat bereits angekündigt, die Hälfte der 14 000 Beschäftigten von Bear Stearns zu entlassen. Alle Banken setzen zur Zeit massenhaft zum Teil hochqualifiziertes Personal auf die Straße. Kein Wunder, dass der Porscheabsatz in den USA besonders hart getroffen wird. Porsche hat im März 2008 24 Prozent weniger Fahrzeuge verkauft als ein Jahr zuvor. Man mag darüber schmunzeln und denken: »Geschieht denen doch recht.« Aber es gilt zu bedenken, welche Auswirkungen diese Krise auf die einfache amerikanische Familie hat.
Die Entlassungswellen werden nämlich noch mehr Familien in Schwierigkeiten bringen, noch mehr Zwangsversteigerungen bedingen und noch mehr Konsumverzicht erzwingen. Hier entsteht ein Teufelskreis, der noch nicht einmal in Ansätzen vom Aktienmarkt erfasst ist. Das ist der Stoff, aus dem nicht nur eine Rezession entstehen kann, sondern der sich in einer Depression entladen kann, die jener von 1929 bis 1933 in nichts nachstehen muss. Eine schwache Binnennachfrage könnte ja von einem starken Export zumindest teilweise kompensiert werden. Aber: Was können die USA überhaupt noch exportieren? Die US-Produktion ist dermaßen unwirtschaftlich, dass ihre Produkte nicht nur schlecht, sondern selbst bei dem schwachen Dollar noch immer viel zu teuer sind im Vergleich zu den Produkten aus Europa (Qualität) und Asien (Preis). Denken Sie nur an den Ruf, den US-Fahrzeuge hierzulande genießen. In der ADAC-Pannenstatistik habe ich die US-Modelle auf den ersten Rängen jedenfalls nicht gefunden. Nicht umsonst macht der US-Export nur 18 Prozent der amerikanischen Wirtschaftsleistung aus, aber der Konsum 75! Die Exportschlager sind hauptsächlich Weizen, Mais, Reis. Ansonsten fallen mir hauptsächlich Patriot-Abwehrsysteme und Marschflugkörper ein. Doch selbst wenn die USA den Export stark ankurbeln könnten, was wäre das im Vergleich zu den wegbrechenden 75 Prozent Konsum?
Also keine Rettung durch den Export, aber ein immer größer werdendes Drama in der Binnennachfrage. Immer mehr Firmen im ganzen Land kommen in Schwierigkeiten. Massenentlassungen sind die Folge. Eigentlich haben wir somit das gleiche Szenario wie in der großen
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