CRAZY LOVE - verrückt verliebt (Einführungspreis bis 15.08.12) (German Edition)
Glücksgefühl hielt dann meist eine ganze Weile an … bis … na ja, bis sie immer lustloser und deprimierter wurde und die Rastlosigkeit erneut zuschlug.
„Berlin also, hm!?“
Sie nickte.
Ich hatte so einige Storys über die Hauptstadt gehört, gute und schlechte. Vielleicht würden wir ja wenigstens dort mal hängen bleiben …
„Ja, Lexi … Berlin!… Da leben so viele Menschen, da ist immer was los. Wir beide werden endlich Großstädter! Das ist doch was!“
„Und was ist mit der hohen Kriminalitätsrate, der Hundescheiße und dem tosenden Straßenverkehr?“, fragte ich provokativ, aber bereits mit einem versöhnlichen Lächeln um die Mundwinkel.
„Lexi! Du musst deinen Fokus auf die richtigen Dinge legen, Schätzchen: Shopping Malls ohne Ende … gut, das ist vielleicht mehr mein Ding … aber Multiplex Kinos, Parkanlagen, ganz tolle Seen im Umland, Multikulti überall, Musik und Tanzclubs, Restaurants, Theater, Museen …Wolltest du nicht mal in ein Musical? All diese Dinge werden wir in Berlin zu Genüge haben. Es wird großartig.“
Ich war mir da nicht so sicher, aber es freute mich, meine Mutter wieder heiter zu erleben. „Von mir aus, Mama, wenn es das ist, was dich glücklich macht“, seufzte ich schließlich. Meine Mutter klatschte begeistert in die Hände, stand auf und gab mir zwei dicke Schmatzer auf die Wangen.
„Super! Und jetzt mach ich uns beiden Hübschen mal was zu futtern, hm!“
„Mama?“ Ich war gespannt, was sie mir auf meine Frage antworten würde. „Hast du dich schon wegen Wohnungen erkundigt? Wo werden wir denn wohnen?“
Sie blickte über die Schulter zu mir und machte große Augen. „Wenn wir Glück haben, dann haben wir bereits eine Wohnung!“ Sie biss auf ihre Unterlippe. „Es ist eine günstige Drei-Zimmer-Wohnung in Kreuzberg. Meine Arbeitsstelle ist in einem Krankenhaus in Neukölln. Ich werde also keinen weiten Weg haben, vorausgesetzt natürlich, es klappt mit dieser Wohnung, ansonsten müssen wir weitersuchen. Drücken wir uns einfach die Daumen!“ Sie lächelte mich herzlich an. Ich spürte, wie sie immer noch auf eine zustimmende Reaktion von mir hoffte.
Es gab also wirklich kein Zurück mehr. „Oh je! Dann ziehen wir also nach Berlin?“, resümierte ich noch mal, um es besser begreifen zu können.
„So ist es, Schätzchen. Ich bin wirklich aufgeregt!“
Ich kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. „Versprich mir, dass wir nicht nach einem Jahr wieder woanders hinziehen werden, Mama. Du musst mir das jetzt versprechen!“
Meine Mutter legte den Kochtopf, den sie aus dem Schrank genommen hatte, zur Seite und nahm mich in die Arme.
„Ach, Lexi, ich verspreche, dass ich alles dafür tun werde! Aber, weißt du was? Ich hab diesmal ein richtig gutes Gefühl! Als ich in Berlin durch die Straßen lief, habe ich mich frei und voller Tatendrang gefühlt. Mir sind tolle Ideen gekommen, ich erzähl dir später davon. Diese Stadt hat eine tolle Wirkung auf mich, und bei dir wird es ähnlich sein, da bin ich mir ziemlich sicher!“
Sie gab mir einen Kuss auf die Stirn, und dann kochten wir gemeinsam. Zur Feier des Tages öffnete meine Mutter eine Flasche Rotwein. Sie sah mich fragend an. Doch ich wollte lieber ein Glas kalten Orangensaft, weil ich mit Alkohol nicht viel anfangen konnte. Es schmeckte mir nicht besonders und hatte mich einmal schlimm aus den Socken gehauen. Von der Geschichte wusste meine Mutter zum Glück nichts. Insgeheim war sie aber doch froh darüber, dass ich nichts trank.
Einige Wochen später erhielten wir die Nachricht, dass wir die Wohnung in Kreuzberg bekommen würden. Die Sommerferien hatten gerade begonnen. Ich wurde versetzt in die zehnte Klasse und behielt zum Glück auch die Zwei in Mathe.
Als unser Umzug nach Berlin nahte, wurde ich allerdings doch noch mal melancholisch. Meine Mutter bemerkte meinen Gemütszustand und arrangierte eine kleine Abschiedsparty in unserem Vorgarten, mit viel Musik und leckerem Essen. Ihre Kolleginnen und ein paar der Pfleger kamen, einige der Nachbarn aus dem Wohnblock und natürlich Melanie mit ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder. Sie schenkte mir ein wunderschönes Tagebuch, auf dessen Vorderklappe glitzernde Tränen abgebildet waren, weinte ganz furchtbar und steckte mich damit auch noch an. Wir versprachen uns schließlich, den Kontakt nicht zu verlieren und uns in den Ferien zu besuchen.
Mitte Juli war es soweit. Der Tag des Abschieds von unserer Kleinstadt war gekommen.
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