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Crazy Moon

Crazy Moon

Titel: Crazy Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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trinken ein paar Bier und machen das Paket mit CDs auf, das ich letzte Woche von Columbia bekommen habe.«
    »Ein neues Paket?« Morgan schnäuzte sich in eine Papierserviette. »Davon hast du mir gar nichts erzählt.«
    »Weil ich es für eine besondere Gelegenheit aufsparen wollte.« Isabel fischte sich noch ein Ei von der Platte und setzte ihre Sonnenbrille auf. »Bis später, okay?«
    Morgan lächelte. Endlich. »Ja. Hast du noch kein Date fürs Feuerwerk?«
    Wieder schob Isabel sich das ganze Ei in den Mund und brachte dabei das Kunststück fertig, ohne Unterbrechung zu grinsen. Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Die schmecken übrigens guuut!« Sie ging zur Tür, öffnete sie und drehte sich noch einmal um – zu mir: »Du kommst auch, Colie! Okay?«
    »Gut.« Sie hatte mich total überrumpelt.
    »Bestens. Wir machen einen Frauenabend.« Sie ging hinaus. »Ciao.«
    |161| Wir sahen ihr nach, wie sie auf den Käfer zumarschierte und einen ihrer typischen Abgänge hinlegte, bei denen der Kies in hohem Bogen umherspritzte. Als sie sich in den Verkehr einfädelte, raste ein Lastwagen an ihr vorbei; der Fahrer hupte und schrie etwas Anzügliches. Dann war sie weg.
    »Ein Frauenabend«, wiederholte Morgan bedächtig. Sie hob die Klarsichtfolie an, holte zwei Eier darunter hervor und wischte die Folie sorgfältig ab. »Ich glaube, das ist genau das Richtige für mich heute.«
    Ich nickte. Sie reichte mir ein Ei. Wir standen nebeneinander und aßen Eier, bis die ersten Mittagsgäste eintrudelten.
    Ein Frauenabend,
dachte ich. Schon wieder eine Premiere. Ich hatte keine Ahnung, was mir bevorstand.
    Ich würde es früh genug herausfinden.
     
    Wir konnten die Musik schon von weitem hören. Ich trug die Platte mit den wenigen Eiern, die noch übrig waren. Allerdings versuchte ich nicht hinzuschauen, ich hätte sonst für nichts mehr garantieren können. Immerhin hatte ich sechs Stück in mich hineingestopft.
    Während wir uns dem kleinen weißen Haus näherten, wurde die Musik immer lauter. »Aha, Disco.« Morgan wies viel sagend mit dem Kinn Richtung Haus. Die Tür stand offen, alle Lampen brannten.
    »Und?«
    »Disco ist das Beste, wenn es einem schlecht geht. Besonders wenn man tanzt.«
    Ich erstarrte und krallte mich an der Eierplatte fest. Von Tanzen hatte bisher niemand was gesagt.
    »Ich kann nicht tanzen.«
    |162| Morgan sah mich verständnislos an.
    »Ich kann nicht tanzen«, wiederholte ich.
    »Jeder kann tanzen«, meinte Morgan ganz selbstverständlich.
    »Jeder außer mir«, erwiderte ich.
    Sie öffnete die Haustür. Ein Schwall von Musik schwappte über uns zusammen. Sister Sledge sangen ›We are Family‹. Auf Kikis Video ›Fit mit Disco‹ war dieser Song einer der Höhepunkte. Meine Mutter trug dabei einen violetten Body und Schlaghosen. Sie machte gekonnte Ausfallschritte à la Travolta, während drei Reihen übergewichtiger Menschen hinter ihr schnaufend und ächzend versuchten es ihr gleichzutun.
    »Du tanzt jetzt mit uns. Keine Widerrede.« Morgan hielt mir die Tür auf. Ihre Geste war genauso auffordernd wie die Musik, die mir entgegenströmte.
     
    Ich tanzte nicht. Ich hatte meine Gründe.
    Als Fette war ich jahrelang verspottet und gedemütigt worden. Aber nicht nur deswegen. Es lag auch daran, dass ich grundsätzlich die Neue in der Klasse war und bei mir mehr schief ging als bei allen anderen, egal wohin wir zogen.
    In der vierten Klasse kam ich einmal nach einem besonders ätzenden Schultag nach Hause und stopfte mich mit Schokoladenplätzchen voll. Ich setzte mich mit einer ganzen Packung – es waren Oreos, die mit der cremigen Vanillefüllung – und zwei Litern Milch an den Tisch, um meinen Kummer zu ertränken. Jedes einzelne Schokoladenplätzchen drehte ich auseinander und leckte die Füllung ab, bevor ich die Hälften aß. Ein Plätzchen nach dem anderen. Bis die Packung leer war.
    |163| Eine halbe Stunde später kniete ich im Bad vor der Toilette und kotzte schwarze Pampe aus. Ich spülte, die schwarze Pampe wirbelte herum, verschwand im Abfluss und wurde sofort von mehr schwarzer Pampe ersetzt, mehr und mehr, immer wieder. Ich kotzte eine Ewigkeit, so kam es mir jedenfalls vor.
    Seitdem habe ich Oreos nie wieder angerührt. Mir wird schlecht, wenn ich nur daran denke.
    Genauso geht es mir mit dem Tanzen.
    Es passierte bei einer Party – meiner allerersten Party. Wie üblich war ich neu an der Schule, in einem Kaff in Maryland, und zu Beginn des neuen Schuljahrs wurde für die Schüler

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