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Crazy Moon

Crazy Moon

Titel: Crazy Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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eine richtige Zicke sein kann. Und dass sie freundschaftsunfähig ist, wie andere bindungsunfähig.«
    »Wirklich?«
    »Ja.«
    |181| »Das stimmt, sie kann mit niemandem richtig befreundet sein. Sie wusste gar nicht, wie das geht, weil sie nie Freunde hatte. Vor mir, meine ich.«
    Das, was ich kurz zuvor gesagt hatte – dass ich keine Freunde hatte   –, hing wie eine Rauchwolke zwischen uns. Ich war kurz davor, Morgan alles zu erzählen, von jener Unglücksparty und den unzähligen Klassen, in denen ich als »die Neue« fertig gemacht worden war. Doch wieder hielt mich irgendetwas davon ab, mich zu öffnen, wie ein Buch zu öffnen, auf dass die Seiten schutzlos vor dem Betrachter lagen.
    »Ich wollte damit nur sagen, dass du daran vielleicht manchmal denken könntest, wenn ihr beide euch streitet.«
    Morgan nickte. »Du hast Recht. Aber ich könnte es sowieso nie ganz vergessen. Wie denn? Es gehört einfach zu ihr, so ist sie eben.«
    »Ich weiß.« Ich wusste es wirklich, dazu kannte ich Isabel mittlerweile gut genug.
    Die Musik aus dem Wohnzimmer brach unvermittelt ab. Isabel durchwühlte ihre C D-Sammlung . Ansonsten war es still – bis sie mit einem Klick das C D-Fach schloss und mit einem zweiten Klick den Startknopf betätigte.
    Die ersten Takte eines neuen Liedes.
    »At first I was afraid, I was petrified . . .«
    Morgan beugte sich übers Waschbecken und spritzte Wasser in ihr Gesicht, bis es nicht mehr grün war. Sie hob den Kopf und lächelte ihr Spiegelbild an. Das Lächeln ging in ein breites Grinsen über, als sie die grünen Pünktchen entdeckte, mit denen ihr Haaransatz übersät war. »Manchmal ist Isabel echt durchgeknallt.« Aber dabei grinste sie immer weiter.
    |182| »Kept thinking I could never live without you by my side . . .«
    Und plötzlich merkte ich, dass Isabel unmittelbar vor der Badezimmertür stand und lauthals mitsang.
    »But then I spent so many nights thinking how you did me wrong!«
    »And I grew strong!« Morgan sang ebenso laut zurück. »And I learned how to get along!«
    Die Tür flog auf. Isabel stand mit geschlossenen Augen und hocherhobenen Armen davor, wiegte sich in den Hüften und beschwor den Geist einer längst verflossenen Disco-Königin herauf. Ihr Gesicht war grün, ihre Lockenwickler hüpften wie wild auf und ab.
    »And now you’re back, from outer space«, sang sie laut und schief.
    »I just walked in to find you here with that sad look on your face.« Morgan schob sich swingend und mit den Fingern schnippsend an mir vorbei. Auch sie hatte die Arme über den Kopf erhoben. Isabel drehte sich um und tanzte graziös den Flur entlang. Morgan folgte ihr, wobei sie von einem Bein aufs andere hüpfte, mit den Händen abwechselnd auf den Po klatschte und eine Art verrückten Schuhplattler hinlegte.
    Es war wie am allerersten Abend, als ich die beiden von Miras Dach aus beobachtet hatte. Ich wünschte mich dorthin zurück, in sichere Entfernung von dem, was jetzt und hier abging.
    Also schlich ich, die Augen fest auf die Haustür gerichtet, hinter ihnen her. Ich kam mir vor wie bei einem seltsamen Stammesritual, bei dem Leute über glühende Kohlen laufen oder Glasscherben schlucken; und ich war diejenige, die sich höflich, aber bestimmt davon zurückziehen |183| wollte ohne zu wissen wie. Jetzt tanzten die beiden doch tatsächlich Bump. Isabel wackelte so ausgelassen und heftig mit dem Hintern, dass Morgan quer durchs Zimmer flog und ich ihnen auf meinem Fluchtweg zur Tür vorsichtig ausweichen musste. Ich legte meine Hand auf den Türgriff. Sie hatten vollkommen vergessen, dass ich da war.
    Oder etwa nicht?
    »Colie!«
    Ich stieß die Tür auf, wandte mich aber doch noch um und sagte: »Ja?«
    »Komm, tanz mit uns!« Morgan winkte mich zu sich. Ihre Hüften beschrieben weite Kreise. Die Musik schien immer noch lauter zu werden. Und das Lied – dieses idiotische Lied – hörte überhaupt nicht mehr auf.
    »Ich muss . . .«
    Doch Morgan kam tanzend auf mich zu und wollte meine Hand fassen. »Komm schon.« Sie zog mich energisch ins Zimmer zurück.
    »Ich hab dir doch gesagt, ich kann nicht tanzen.« Ich musste schreien, um die Musik zu übertönen.
    »Wir zeigen dir, wie’s geht.« Sie begriff nicht, wie ich es meinte, natürlich nicht. Endlich neigte sich das Lied seinem Ende entgegen, wurde allmählich ausgeblendet.
    »Nein!« Ich schüttelte Morgans Hand ab. Sie sah mich an, erst erstaunt, dann gekränkt. Auf einmal wurde es sehr still, nur das Echo meines

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