Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Crazy Moon

Crazy Moon

Titel: Crazy Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
Vom Netzwerk:
heftigen Neins hallte noch im Raum wider und senkte sich langsam auf uns herab.
    »Was stellst du dich so an?«, fragte Isabel.
    »Ich kann nicht tanzen.« Ich verschränkte die Arme über der Brust und zog mich in mich selbst zurück. »Ich |184| sag’s nicht noch mal.« In dem Moment war mir völlig egal, ob sie mich auslachen oder hassen würden. Und wenn sie sich hinterher über mich die Mäuler zerrissen – es war mir wurscht.
    Die beiden wechselten einen Blick. Isabel zuckte die Achseln: »Wie du willst.« Sie drehte einen Lockenwickler aus ihrem Haar, so dass ihr eine perfekt geformte Korkenzieherlocke ins Gesicht fiel. »Wir müssen uns sowieso fertig machen.«
    »Ja.« Morgan nickte zögernd, ließ mich aber nicht aus den Augen. »Das stimmt.«
    »Fertig machen? Wofür?«, fragte ich.
    »Um auszugehen.« Isabel war schon auf dem Weg ins Bad. »Du hast wirklich noch nie einen richtigen Frauenabend mitgemacht, was?«
    »Nein.«
    »Na, dann wird’s aber höchste Zeit«, sagte Morgan in ihrem strengen mütterlichen Ton. »Und mach die Tür zu. Wir haben noch viel zu tun.«

|185| 11
    »Solange es nicht mindestens einmal Zoff gegeben hat, ist ein Frauenabend kein richtiger Frauenabend.« Morgan beugte sich dichter zum Spiegel und bog ihre Wimpern mit einer Wimpernzange zurück.
    »Und mindestens eine muss anfangen zu heulen«, ergänzte Isabel. »Bei uns ist das meistens Morgan.«
    »Stimmt nicht.« Morgan fuhr mit den Fingern durch ihren einigermaßen reparierten Pony, damit die Fransen schön locker wurden.
    Aber Isabel warf mir im Spiegel einen Blick zu und nickte: Doch, das stimmt.
    Ich saß auf dem Bett und sah den beiden bei ihren Vorbereitungen zu. Sie standen vor dem Spiegel von Isabels winziger Frisierkommode, auf der die übliche Palette Make-up ausgebreitet war, kaschierten hier etwas und betonten dort etwas anderes. Im Zimmer roch es nach Parfüm und Rauch. Letzteres deshalb, weil Isabel den Lockenstab versehentlich auf einem Stapel Zeitschriften abgelegt hatte, so dass ein kleines, aber dramatisches Feuer ausbrach, bei dem Cindy Crawfords schönes Gesicht verbrannte.
    Alles in diesem Augenblick erinnerte mich an früher, wenn meine Mutter sich für ihre Verabredungen zurechtgemacht |186| hatte. Seit ich denken konnte, war meine Mutter gern und häufig ausgegangen, auch während der Fetten Jahre. Ich durfte immer bei den ausgedehnten Vorbereitungsmaßnahmen zusehen und hatte sogar eine Aufgabe: Ich hielt die Schachtel mit Papiertüchern, um ihr sofort eines reichen zu können, wenn sie Rouge verteilen oder überschüssigen Lippenstift entfernen musste. Das war nicht mal mein einziger Job. Denn wenn der Mann, mit dem sie verabredet war, klingelte, musste ich ihm die Tür öffnen und ihn zu dem einzigen guten Sessel führen, den wir besaßen, einem verstellbaren Ohrensessel, den meine Mutter für knapp fünfzig Dollar in Memphis am Straßenrand gekauft hatte. Der Sessel war das einzige Möbelstück, das uns bei unseren zahlreichen Umzügen treu überallhin begleitete. Dann musste ich mit dem Mann Konversation machen, bis meine Mutter zu uns reinrauschte, eingehüllt in eine Wolke von Parfüm (dem jeweils neuesten Pröbchen aus der letzten Cosmopolitan).
    Aber dieses Mal war anders. Dieses Mal war ich diejenige, die ausgehen würde.
    Isabel forderte mich im Befehlston auf mich auf den Stuhl vor dem Spiegel zu setzen und schimpfte sofort los: »Setz dich gerade hin, Colie. Wer sich krumm hält, verrät auf den ersten Blick, dass er kein Selbstbewusstsein hat.«
    Ich setzte mich gerade hin.
    Sie streifte mir ein Haarband über und betrachtete prüfend mein nacktes Gesicht. »Morgan!«
    »Ja?«
    »Gib mir die Revlon-Grundierung, Sand Beige. Und ein Schwämmchen. Und die Pinzette.« Sie streckte die |187| flache Hand aus wie ein Chirurg, der auf das Skalpell wartet.
    »Die Pinzette?«, fragte ich, als Morgan eben jene umgehend in Isabels Hand legte.
    »Augenbrauen muss man ständig nachzupfen, sonst sehen sie ungepflegt aus.« Sie beugte sich mit zusammengekniffenen Augen über mich. »Also reiß dich zusammen.«
    Sie zupfte. Ich riss mich zusammen, hielt still und betrachtete die schönen Frauen um den Spiegel, während Isabel mit ihren Zauberkünsten loslegte. Sie applizierte Make-up auf mein Gesicht, tupfte und wischte so lange, bis alle Unebenheiten, Flecken und Mitesser unter der glatten weichen Fläche verschwunden waren. Sie bog meine Wimpern mit der Wimpernzange zurecht, und als ich zu sehr

Weitere Kostenlose Bücher