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Crazy Moon

Crazy Moon

Titel: Crazy Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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wirklich so empfindlich sein? »Mensch, Norman, sei doch nicht gleich sauer . . .«
    Er unterbrach mich: »Ich meine, wir sind fertig mit der Zeichnung.« Er hob die Arme zur Zimmerdecke, streckte und rekelte sich am ganzen Körper. Wie Kater Norman. »Morgen bei der Arbeit fangen wir mit dem Porträt an. Okay?«
    »Ach so. Klar. Darf ich mir die Zeichnung anschauen?«
    »Nein.«
    »Aber . . .«
    »Gute Nacht, Colie.«
    Ich hatte inzwischen kapiert, dass ich es besser nicht darauf anlegte, ihn zu nerven. Deshalb nahm ich die Sonnenbrille ab, stand auf und ging an den Schaufensterpuppen |235| und einem Stapel farbiger Glasscheiben vorbei zur Tür.
    Dort drehte ich mich noch mal um. Norman stand in der Mitte des Raumes und schaute zu dem Mobile aus Geodreiecken hoch. Er stand auf dem einzigen freien Fleck im Zimmer; seine Objekte – fröhlich und bunt – schienen um ihn zu rotieren. Ich hatte Normans Universum betreten und zu meiner Überraschung herausgefunden, dass es mir dort gefiel, in diesem zusammengewürfelten Sonnensystem, das die verschiedensten Gegenstände magnetisch anzog, umwandelte und ihnen neues, ureigenes Leben verlieh.
    Von nun an arbeiteten wir jeden Tag an dem Porträt: nachmittags, wenn nicht viel Betrieb war, im Last Chance und abends in seinem Zimmer. Das Porträt war mir von Anfang an wichtig gewesen, aber auch Norman wurde mir immer wichtiger.
    Natürlich war es völlig absurd, aber irgendwas hatte sich seit jenem ersten Abend, an dem er mir das Haar aus dem Gesicht gestrichen hatte, verändert. Vielleicht nicht für ihn. Aber für mich.
    Kleinigkeiten, mehr nicht. Zum Beispiel die gemeinsame Routine, die sich zwischen uns entwickelte. Wir mussten nicht einmal mehr miteinander reden, sondern nahmen automatisch unsere Plätze ein, wenn wir anfingen zu arbeiten. Außerdem hatte ich mir in seinem Zimmer eine eigene Nische geschaffen: Neben dem Sessel, auf dem ich ihm abends Modell saß, stand das Glas, in dem er mir Wasser gegeben hatte, als ich zum ersten Mal darum bat. Daneben lagen meine Sonnenbrille und die Fernbedienung des Fernsehers; Norman schwor, er würde nur fernsehen, wenn ich da war. Ich fand es schön, Sachen |236| um mich zu haben, die speziell für mich da waren. Ich fragte mich, ob er sie manchmal ansah, wenn ich gegangen war, und dann an mich dachte.
    Ich gewöhnte mich daran, wie voll gestopft sein Zimmer war. Er hatte die beiden Sonnenbrillenbilder   – Morgan und Isabel sowie den Mann, der am Auto lehnte – nebeneinander aufgehängt. Ich hockte in meinem Sessel und schaute sie durch meine schwarzen Gläser an. Sie starrten durch ihre zurück. Sie waren schon fertig und hingen, wo bald auch mein eigenes Bild hängen würde. Wenn ich durch Miras Wohnzimmer ging, fiel mir auf, dass ich auch ihr Porträt jedes Mal studierte, sogar die unebene Oberfläche der Leinwand berührte und darüber nachgrübelte, wie ich wohl aussehen würde, wenn ich fertig war.
    Und wenn ich bei Norman bei der Arbeit im Last Chance Farbspritzer auf den Armen entdeckte, überfiel mich ein eigenartiges Gefühl. Es war mehr als nur Zusammengehörigkeit, es war, als teilten wir ein Geheimnis. Ein Geheimnis, durch das er mir gehörte. Ich wünschte mir sogar, ich könnte ewig für ihn Modell sitzen. Manchmal schien er mich nur wegen meiner äußeren Umrisse, meiner Gestalt anzuschauen, so als wäre ich eine Schüssel mit Äpfeln oder eine Landschaft. Es gab jedoch auch Momente, in denen ich ihn dabei beobachtete, dass er den Kopf zur Seite neigte – der Pinsel schwebte über der Leinwand – und seine tiefdunklen braunen Augen mich ansahen, wirklich ansahen, und dann . . .
    »He Picasso!«, rief unweigerlich in solchen Augenblicken Isabel von der Durchreiche zur Küche her und trommelte dabei gereizt mit den Fingern: »Ich brauche eine Portion frittierte Zwiebelringe. Aber dalli!«
    |237| »Ich komme«, rief Norman dann zurück und legte sofort den Pinsel weg. Wenn es richtig hektisch wurde, schob er rasch die Leinwand auf die Ladefläche seines Wagens, klappte die Staffelei zusammen und wendete wieder einen Hamburger nach dem anderen, während ich die Gäste bediente. Sobald der Betrieb nachließ, bewegten wir uns fast wie in Trance zurück ins Freie, vor den Kücheneingang, und nahmen dort unsere Plätze wieder ein.
    Er weigerte sich allerdings nach wie vor mich einen Blick auf das Bild werfen zu lassen.
    »Das wäre ein schlechtes Omen«, antwortete er, als ich ihn das erste Mal darum bat. »Du

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