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Credo - Das letzte Geheimnis

Titel: Credo - Das letzte Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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weiterhin um Hazelius, immer wieder spielte er sich die hässliche Szene vor. Gott hatte ihm gezeigt, was ein Gotteslästerer wie Lorenzo von Ihm zu erwarten hatte. Was würde Er dann erst mit Hazelius tun?
    Eddy blickte zum Umriss der hohen Mesa auf, die ein wenig bedrohlich vor ihm aufragte, und erinnerte sich an die Dunkelheit der vergangenen Nacht, die Verzweiflung, die Leere. Das Summen und Knistern der Stromleitungen, den Geruch nach Ozon. Er konnte die Gegenwart Satans da oben
fühlen
.
    Eine verräterische Staubwolke am Horizont kündigte ein nahendes Fahrzeug an. Er kniff gegen die tiefstehende Sonne die Augen zusammen, und bald erschien ein Pick-up aus dem Staub, der sich schlingernd und stöhnend über die löchrige, unbefestigte Straße quälte. Bebend kam er zum Stehen. Eine große Indianerin stieg aus, gefolgt von zwei Jungen. Der eine trug ein Star-Wars-Gewehr, der andere eine Plastik-Uzi. Sie rannten ins Gestrüpp und taten so, als würden sie aufeinander schießen. Russ folgte ihnen mit Blicken, dachte an seinen eigenen Sohn, der ohne ihn aufwuchs, und sein Zorn wurde stärker.
    »Hallo, Pastor, na, wie geht’s?«, rief die Frau fröhlich.
    »Sei gegrüßt im Geiste Christi, Muriel«, sagte Eddy.
    »Was ham Sie denn heute?«
    »Bedienen Sie sich.« Sein Blick huschte wieder zu den Jungen hinüber, die aus der Deckung magerer Beifußbüsche aufeinander schossen.
    Die Klingel, die er außen am Trailer angebracht hatte, schrillte und sagte ihm, dass drinnen das Telefon läutete. Er eilte hinein und suchte zwischen Stapeln von Büchern nach dem schnurlosen Telefon.
    »Hallo?«, meldete er sich atemlos. Es kam sehr selten vor, dass ihn jemand anrief.
    »Pastor Russ Eddy?« Das war Reverend Don T. Spates.
    »Guten Morgen, Reverend Spates. Gott sei mit …«
    »Ich habe mich gerade gefragt, ob Sie sich schon ein wenig umgesehen haben – worum ich Sie gebeten hatte.«
    »Das habe ich, Reverend. Ich war gestern Nacht noch einmal auf der Mesa. Die Häuser und das Dorf waren völlig verlassen. Die Hochspannungsleitungen, alle drei, haben
gesummt
vor Spannung. Mir haben geradezu die Haare zu Berge gestanden.«
    »Ach ja?«
    »Dann gegen Mitternacht habe ich eine Vibration gespürt, eher ein singendes Geräusch, aus dem Boden. Es hat etwa zehn Minuten lang angehalten.«
    »Sind Sie über den Sicherheitszaun gekommen?«
    »Ich … ich konnte es nicht riskieren.«
    Ein Brummen, dann ein langes Schweigen. Eddy hörte draußen weitere Pick-ups kommen, und jemand rief seinen Namen. Er ignorierte es.
    »Ich will Ihnen mein Problem schildern«, sagte Spates. »Meine Talkshow –
Roundtable America
– wird morgen Abend um sechs Uhr live im Fernsehen gesendet. Als Gast habe ich einen Physiker von der Liberty University. Ich brauche
unbedingt
etwas Neues über das Isabella-Projekt.«
    »Ich verstehe, Reverend.«
    »Deshalb habe ich Ihnen neulich gesagt, dass Sie etwas wirklich Gutes für mich ausgraben müssen. Sie sind mein Mann vor Ort. Dieser Selbstmord ist ein Anfang, aber das reicht noch nicht. Wir brauchen etwas, das den Leuten Angst macht. Was tun die
wirklich
da oben? Gibt es Lecks, durch die radioaktive Strahlung entweicht, wie die Gerüchte behaupten, von denen Sie mir berichtet haben? Werden sie die Erde in die Luft sprengen?«
    »Das kann ich doch nicht wissen …«
    »Das ist es ja gerade, Russ! Sehen Sie zu, dass Sie da reinkommen und es
herausfinden
. Begehen Sie ruhig Landfriedensbruch, beugen Sie die bloßen menschlichen Gesetze, um dem Gesetz Gottes zu dienen. Ich
zähle
auf Sie!«
    »Danke, Reverend. Ich danke Ihnen. Ich werde es schaffen.«
    Nach dem Telefonat trat Pastor Russ wieder hinaus ins helle Sonnenlicht und ging zu dem halben Dutzend Leuten hinüber, die die Kleiderspenden durchwühlten – die meisten waren alleinstehende Mütter mit Kindern. Er hob die Hände.»Leute? Tut mir leid, aber wir müssen für heute Schluss machen. Etwas Wichtiges ist dazwischengekommen.«
    Enttäuschtes Murmeln war zu hören, und Eddy fühlte sich mies – er wusste, dass einige der Mütter eine lange Strecke gefahren waren, um hierherzukommen, obwohl Benzin teuer war.
    Sobald sie weg waren, hängte Russ ein Schild auf, das erklärte, der Kleidertag müsse heute ausfallen, und stieg in seinen Pick-up. Er warf einen prüfenden Blick auf die Tankuhr: ein Achtel voll, nicht genug Benzin, um auf die Mesa und wieder zurück zu fahren. Er fischte seine Brieftasche heraus und fand darin drei Dollar. Er hatte bereits

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