Credo - Das letzte Geheimnis
Sattel herum. »Denkst du immer noch über das nach, was gestern Nacht passiert ist?«, fragte er.
»Ich kann gar nicht mehr
aufhören,
daran zu denken. Wyman, wie konnte es diese Zahlen erraten?«
»Ich weiß es nicht.«
Sie blickte über die weite rote Wüste hinaus, die sich bis zu blauen Bergen und von Wolken verhüllter Unendlichkeit hinzog. »Wenn man das hier so sieht«, murmelte sie, »fällt es einem nicht schwer, an Gott zu glauben. Ich meine, wer weiß? Vielleicht
ist
es Gott, mit dem wir sprechen.«
Sie strich sich das Haar zurück und sah ihn mit schiefem Lächeln an.
Ford war erstaunt. Das war eine völlig andere Kate als die überzeugte Atheistin, die er an der Universität kennengelernt hatte. Wieder einmal fragte er sich, was in jenen fehlenden zwei Jahren geschehen sein mochte.
32
Booker Crawley schob sich die Churchill zwischen die Lippen, während er das Billard-Spiel aufbaute. Als er mit der Anordnung zufrieden war, stieß er den Spielball mit einem entschiedenen Knall an und sah zu, wie die kleinen Kugeln ihre Bahnen liefen.
»Nett«, sagte sein Mitspieler, als die Kugel mit der Nummer drei in der ledernen Tasche landete.
Durch eine Reihe schmaler Fenster sah er die Sonne auf dem Fluss glitzern. Es war ein angenehmer Donnerstagvormittag im Potomac Club, die meisten Mitglieder bei der Arbeit. Crawley war auch bei der Arbeit, zumindest betrachtete er es so – er bespaßte gerade einen potenziellen Klienten, der eine Insel vor Kap Hatteras besaß und wollte, dass die Regierung zwanzig Millionen für eine Brücke auf seine Insel ausgab. Eine solche Brücke würde den Wert seiner spekulativen Investition, der Insel nämlich, verdoppeln oder verdreifachen. Für Crawley war das ein Kinderspiel. Der Junior Senator von North Carolina schuldete ihm nach diesem Golftrip nach St. Andrews einen Gefallen, und auf diesen Mann konnte man zählen, denn er war loyal und wusste solche netten Anreize zu schätzen. Ein Anruf, eine kleine Anweisung am offiziellen Budget vorbei, und Crawley würde dem Immobilienspekulanten Millionen einbringen und ein siebenstelliges Honorar dafüreinstreichen. Wenn Alaska eine Brücke ins Nirgendwo bauen konnte, dann sollte North Carolina doch auch eine haben.
Er beobachtete, wie der Spekulant seinen Stoß vorbereitete. Der Mann gehörte zu diesem ganz besonderen Stamm Südstaatlern, die drei Nachnamen und obendrein eine römische Zahl dahinter aufwiesen. Safford hieß er, Safford Montague McGrath III. McGrath war von bester schottisch-irischer Abstammung, ein großer, blonder, fescher Spross des Großgrundbesitzertums in den Südstaaten. Mit anderen Worten, er war dumm wie eine Kuh im Regen. McGrath tat gern so, als wisse er genau, wie der Hase in Washington lief, doch es war offensichtlich, dass er in jedem seiner Landlümmel-Ohren eine dicke Bohne stecken hatte. Crawley hatte das Gefühl, dass der Kerl um das Honorar feilschen würde wie auf dem Viehmarkt. Er gehörte zu der Sorte Männer, die eine Verhandlung stets mit dem Gefühl beenden mussten, der anderen Seite das letzte Hemd ausgezogen zu haben, weil sie sonst zu Hause keinen mehr hochkriegten.
»Und, wie geht es Senator Stratham denn so?«, erkundigte sich McGrath, als würde er den Alten von früher kennen.
»Gut, ganz prächtig.« Zweifellos genoss der alte Knabe heutzutage seine Erbsen nur noch püriert oder trank gleich Flüssignahrung aus dem Strohhalm. In Wahrheit hatte Crawley niemals mit dem alten Senator Stratham zusammengearbeitet; er hatte die Firma Stratham & Co. gekauft, als Stratham sich zur Ruhe gesetzt hatte. Damit hatte Crawley sich den Nimbus der Achtbarkeit erkauft, eine Verbindung zur guten alten Zeit, was ihn auf angenehme Weise von den anderen Lobbyisten der K Street abhob, die nach der letzten Wahl wie die Pilze aus dem Boden geschossen waren.
McGraths nächster Ball berührte die Ecke, kullerte vor der Tasche vorbei und trieb über den Filz ab. Der Mann richtete sich stumm auf, presste aber die Lippen zusammen.
Crawley hätte ihn mit verbundenen Augen vom Tisch putzen können, aber das ging natürlich nicht. Nein – das Beste war, bis kurz vor Schluss dichtauf zu bleiben und dann zu verlieren. Er wollte den Deal abschließen, wenn der Kerl im Triumphrausch schwelgte.
Also versaute er den nächsten Stoß, aber so knapp, dass es echt aussah.
»Netter Versuch«, sagte McGrath. Er tat einen tiefen Zug an seiner Zigarre, legte sie in dem marmornen Aschenbecher ab, beugte sich vor und
Weitere Kostenlose Bücher