CREEKERS - Thriller (German Edition)
Abgestorbene Zweige und welke Blätter knirschten unter den Sohlen seiner schwarzen Turnschuhe, während die Sonne grell durch die Bäume schien.
Er fühlte sich nicht gut. In der Schule hatte Miss Cunningham ihnen erzählt, dass eine wirklich schlimme Grippe aus China umging. Ich werd sie schon nicht bekommen , hatte er sich selbst versichert. Ich bin ja schließlich kein Chinese.
Doch seine Haut war trotz der schweißtreibenden Hitze eiskalt. Sein Magen fühlte sich flau an – schließlich hatte er sich vorhin übergeben, oder nicht? – und er war sicher, dass es an den gefüllten Paprika liegen musste, die seine Tante gestern zum Abendessen aufgetischt hatte. Er hasste gefüllte Paprika. Warum konnten sie nicht jeden Abend Toastwaffeln essen? Die mit Zimt waren toll, fast so gut wie die mit Erdbeergeschmack und dem weißen Zuckerguss …
Er wollte nicht nach Hause. Er wollte nicht, dass er krank war. Ich bin nicht krank , sagte er sich. Ich hab keine chinesische Grippe! Also marschierte er mit kindlich-überbordendem Vergnügen weiter, getrieben von einer Neugier, die ebenso unverstellt wie ziellos war. In dieser Kanalrinne hier hatten sie mit seinen G.I.-Joe-Figuren gespielt. Und an dem Baumstumpf dort drüben, der so groß wie ein Kanaldeckel war, hatten er und Dave »Cave« Houseman mit dem Luftgewehr auf Limonadenflaschen gezielt. Dave hatte sich das Gewehr von Eagle geliehen.
Seine Turnschuhe knirschten weiter unter seinen Füßen. Er wusste nicht, wo er hinging, doch das machte ihm nichts aus. An einem Abend hatte er bei Eagle übernachtet, um sich die Alfred-Hitchcock-Serie im Fernsehen anzusehen. In der Folge hatte eine Frau ihren Ehemann mit einer gefrorenen Lammkeule erschlagen. Eagles Onkel Frank war hereingekommen – er baute Häuser – und hatte ihnen gesagt, sie dürften niemals in die Wälder gehen, weil es dort »Dinge« gab, die Zehnjährige nicht sehen sollten. Natürlich waren er und Eagle Peters gleich am nächsten Tag in den Wald gegangen, was sie von da an beinahe täglich taten.
Einmal fanden sie eine warme Dose Miller-Bier mit verrosteter Lasche. Mit einem in der Nähe herumliegenden Dosenöffner hatten sie den Inhalt schließlich aus seinem Gefängnis befreit. Ein anderes Mal stießen sie hinter der Buckingham-Grundschule auf eine tote Katze. Ihr Bauch war voller kriechender Würmer gewesen. Und dann hatten sie einmal eine riesige grüne Plastiktüte mit Zeitschriften voller Stockflecken aufgetrieben. Darin waren eine Menge Bilder von nackten Frauen zu sehen, was sie zum Lachen brachte (weil es sie an einen Film erinnerte, der Nackte Gewalt hieß). Eine der Frauen goss einer anderen Frau Honig zwischen die Beine und leckte ihn ab! In einem anderen Heft steckte eine Frau eine Pistole in das Loch ihrer Freundin. Auf den kommenden Seiten steckte sie Gurken und Bananen und andere verrückte Sachen hinein. In einem dritten Heft stolperten sie über eine Bildunterschrift: »WENDY BLÄST GERN«. Das erinnerte sie an einen Song namens »Wendy«, den sie ständig hörten. Oder war es »Windy«? Die Frau hatte das Ding eines Schwarzen im Mund!
Er und Eagle streiften durch die Wälder, wann immer sie konnten, doch sie fanden nie die »Dinge«, die Zehnjährige nicht sehen sollten.
»Onkel Frank meinte, dass hier draußen mal ein Mädchen verwaltigt wurde«, erzählte Eagle ihm eines Tages, als sie am Bach saßen und mit der Schleuder auf Flaschen schossen.
»Ein Mädchen wurde verwaltigt? Was heißt das?«
Eagle schien alles zu wissen, und während er sein nächstes Ziel anpeilte – eine Colaflasche – sprach er weiter, als wäre es gar nichts.
»Das ist, wenn ein Mann seinen Piephahn in ’ne Frau steckt und die das nicht will.«
Das verwirrte ihn. »Warum sollte ein Mann das wollen?«
»Weils sich gut anfühlt, Dummkopf. Weißt du denn gar nichts? Er spritzt Babysaft in sie rein und es fühlt sich gut an.«
»Oh … Was ist Babysaft?«
Eagle lachte. »Du bist ja dümmer als Larry von den Drei Stooges! Babysaft ist das Zeug, das aus dem Piephahn rauskommt, wenn der Mann ihn in ’ne Frau steckt. Davon kriegen sie Babys. Doch wenn Verwaltiger das machen, dann tun die auch andere Sachen.« Eagle zog die Schlinge seiner Schleuder zurück. »Böse Sachen.«
Das brachte ihn zum Nachdenken. Eagle traf die Colaflasche und sie explodierte. »Was für böse Sachen?«, fragte er Eagle.
Er wurde Eagle genannt, weil er blondes Haar hatte und sein Vater ihn immer einen Bürstenhaarschnitt
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