CREEKERS - Thriller (German Edition)
die Wälder. Gleich nach der Schule. Manchmal schaute er noch beim Polizeirevier vorbei, um dem alten Chief Mullins Hallo zu sagen, der diesen ekligen Tabak kaute, aber ein netter Mann zu sein schien und ihm manchmal sogar Lakritzstangen schenkte. Einmal hatte er ihm sogar einen Pfriem Tabak angeboten, aber den wollte der Junge nun wirklich nicht in den Mund nehmen.
Der Sommer verwandelte die Stadt – seine ganze Welt – jedes Jahr aufs Neue in ein wunderbares, behäbiges Traumland. Er hatte Ferien, trug morgens die Zeitungen aus, mähte nachmittags Rasen und manchmal zahlte Chief Mullins ihm ein paar Dollar, damit er die Polizeiautos wusch oder im Revier aufräumte. Das meiste Geld, das er verdiente, gab er seiner Tante, um mit den Rechnungen zu helfen, doch im Sommer blieb immer noch etwas für Cola oder Actionfiguren übrig. Und wenn er mit der Arbeit fertig war, streifte er durch die Gegend.
In den Wäldern.
Vielleicht nahm Eagles Onkel Frank sie nur auf den Arm. Bisher war er den »Dingen« nicht einmal nahegekommen. Vielleicht gibt’s die gar nicht , dachte er, während er durch die bewaldeten Hügel auf der anderen Seite des Baches stapfte. Er wollte uns wohl nur Angst einjagen …
Aber warum hätte Onkel Frank das tun sollen?
Es war Mitte August, der heißeste Tag des Jahres. Sein Magen fühlte sich an diesem Tag nicht gut an. »Zu viel Eiscreme«, hatte seine Tante am Morgen gesagt, als er von seiner Zeitungsroute zurückkam, aber er wusste es besser. Es waren diese gefüllten Paprikaschoten, die sie am Abend zuvor mal wieder aufgetischt hatte. Doch wie die meisten Zehnjährigen ließ er sich von ein wenig Bauchschmerzen nicht zu Hause festhalten. Er fühlte sich sogar noch schlechter, als er am Nachmittag Rasen mähte. Ein paarmal glaubte er, er müsste sich übergeben. Mrs. Young wird mich bestimmt feuern, wenn ich ihr gefüllte Paprika auf den Rasen kotze , dachte er. Er hätte zu Hause bleiben sollen, doch er konnte sich nicht zurückhalten. So schlecht sich sein Bauch auch fühlte, als er den Rasenmäher gereinigt und zurück in den Schuppen gestellt hatte, machte er sich auf in die Wälder.
Vorsichtig überquerte er den schnell fließenden Bach auf den Trittsteinen, die Eagle und er im letzten Jahr hineingeworfen hatten. Ein grünes, schleimiges Zeug war auf einigen der Steine gewachsen und er musste höllisch aufpassen. Ballen von Froscheiern hingen an Stöcken im Wasser und am anderen Ufer wäre er beinahe auf eine große, braune Schnappschildkröte getreten, die er für einen Matschklumpen gehalten hatte. Onkel Frank sagte, die Biester würden einem die Finger abbeißen, wenn man ihnen zu nahe kam.
Er stieß ein Stück Holz mit dem Fuß um und entdeckte zwei dicke, glänzende Salamander mit gelben Flecken, was er toll fand. Doch als er ein weiteres Stück Holz umdrehte, stockte sein Herz. Ein Nest von Babyschlangen wand sich in der feuchten Stelle, sechs insgesamt, doch für ihn sah es nach hunderten aus. Sie waren braun mit karoförmigen Köpfen. Eigentlich harmlos – es waren nur harmlose Nattern – doch ein zehnjähriger Junge hielt alles, was braun war und sich auf dem Boden schlängelte, gleich für eine gefährliche Klapperschlange.
Er kletterte über einen umgestürzten Baumstamm die Böschung hinauf und wagte sich tiefer in die Wälder vor. Igitt! , dachte er, als er mitten durch ein Spinnennetz lief, das unsichtbar zwischen zwei Bäumen hing. Der Pfad verzweigte sich in verschiedene Richtungen (er und Eagle hatten längst noch nicht alle erforscht), also nahm er den Weg ganz links und wanderte einfach drauflos …
Vielleicht würde ihn einer der Pfade zu den »Dingen« führen.
Er konnte sich nicht wirklich vorstellen, was für Dinge Onkel Frank meinte. Möglicherweise würde er noch mehr von diesen schimmligen Magazinen mit den nackten Frauen drin finden oder …
Sein Herz schlug heftiger.
Vielleicht finde ich eine Frau, die verwaltigt wurde , dachte er aufgeregt.
Er hoffte, dass das nicht passieren würde. Was sollte er dann tun? Zum alten Chief Mullins gehen?
Die Sonne brannte zwischen den Bäumen hindurch; Schweiß tropfte ihm in die Augen und sein T-Shirt klebte an ihm. Er überquerte einen weiteren Bach, den er nie zuvor gesehen hatte, und war plötzlich von Mückenschwärmen umgeben. Als er weglaufen wollte – MATSCH! – trat er versehentlich auf eine dicke Kröte. Oh, wie eklig , dachte er. Der feiste Körper des Tieres zerplatzte unter seinem Schuh wie eine
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