Creepers
den Deckel des Koffers.
Ein bitterer Geruch drang aus dem Inneren des Koffers. Fünf Stirnlampen und fünf Taschenlampen richteten sich auf den Inhalt.
16
Niemand rührte sich.
»Ich hab das Gefühl, mir wird gleich schlecht«, sagte Cora. »Was ist das?«
Der Koffer war mit Pelz gefüllt. Ein mumifizierter Torso mit Kopf. Pfoten. Hände.
»Mein Gott, ist das ein Mensch?«, fragte Vinnie. »Ein Kind, eingewickelt -«
»Ein Affe«, sagte Baienger. »Ich glaube, das ist ein Affe.« »Ja, wie gesagt - willkommen im Dschungel.« »Aber warum soll irgendwer ... meint ihr, jemand hat ihn da reingesperrt, den Koffer abgeschlossen und ihn ersticken lassen?«, fragte Rick.
»Vielleicht war er auch schon tot«, sagte der Professor.
»Und jemand hat ihn aus Nostalgie mit sich rumgeschleppt?« Cora hob beide Hände. »Das ist so krank wie nur irgendwas, was ich jemals -«
»Vielleicht war das ein Haustier, und jemand hat versucht, ihn ins Hotel zu schmuggeln. Und er ist erstickt, bevor der Besitzer ihn rauslassen konnte.«
»Krank«, sagte Cora. »Krank, krank, krank. Wenn dem Besitzer so viel an ihm gelegen hat, warum hat er ihn nicht rausgeholt und begraben?«
»Vielleicht war er vom Kummer überwältigt«, sagte Baienger.
»Und warum hat er den Koffer dann abgeschlossen, bevor er verschwunden ist?«
»Ich fürchte, dafür habe ich auch keine Erklärung«, sagte Baienger. »Die Erfahrung, die ich bisher bei allen Artikeln gemacht habe, in denen es um Leute ging, ist diese - die Leute sind eher verrückt als gesund.« »Also, das hier ist mit Sicherheit verrückt.«
Baienger griff in den Koffer.
»Du willst das anfassen}«, fragte Vinnie.
»Ich habe Handschuhe an.« Baienger gab dem Kadaver einen leichten Stoß. Er fühlte sich verstörend leicht an. Der Pelz schabte über den Kofferboden. Ganz unten fand Baienger einen Gummiball mit roten Punkten. Er entdeckte eine Tasche an der Innenseite des Kofferdeckels und griff hinein. »Hier ist ein Umschlag.« Das Papier war gelb und brüchig. Er öffnete den Umschlag und fand ein verblichenes Schwarz-Weiß-Foto darin. Es zeigte einen Mann und eine Frau um die vierzig. Sie lehnten sich an das Geländer eines hölzernen Gehwegs. Er erstreckte sich weit nach rechts, während sich hinter den beiden das Meer ausbreitete. Wahrscheinlich war dies die Promenade von Asbury Park. Baienger glaubte, den Umriss das Kasinos in der Ferne zu erkennen. Der Mann trug ein kurzärmliges weißes Hemd, kniff im Sonnenlicht die Augen zusammen und sah aus, als leide er seelische Qualen. Die Frau trug ein Rüschenkleid und lächelte verzweifelt. Beide hatten Eheringe an der Hand. Zwischen sich hatten sie einen Affen. Er hielt einen Ball, der aussah wie der Ball in dem Koffer, grinste und streckte die Hand nach der Kamera aus, als habe der Fotograf ihm eine Banane gezeigt. Baienger drehte das Foto um. »Da ist ein Entwicklungsdatum. 1965.« Er sah noch einmal in den Umschlag. »Hier ist noch was.« Er zog einen vergilbten Zeitungsausschnitt heraus. »Eine Todesanzeige. 22. August 1966. Ein Mann namens Harold Bauman ist mit einundvierzig Jahren an einer Gehirnembolie gestorben. Er hinterließ eine Exfrau namens Edna.«
»>Ex«, fragte Vinnie nach.
Baienger richtete die Taschenlampe auf das Namensschild des Koffers. »Edna Bauman. Trenton, New Jersey.« Er warf einen weiteren Blick auf das Foto. »1965 tragen sie Trauringe. Ein Jahr später sind sie geschieden, und der Exmann - wie heißt er, Harold? - ist tot.« »Ein Bild der Verzweiflung«, sagte Vinnie. Seine Kamera blitzte.
»Mach den Koffer zu«, sagte Cora. »Schließ ihn ab. Leg ihn wieder auf das Kissen, wo er war. Wir hätten ihn nicht aufmachen sollen. Machen wir, dass wir aus diesem Zimmer rauskommen, und schließen die verdammte Tür ab.«
»Erinnert mich an das, was ich vorhin in dem Motel gesagt habe. Manche Gebäude lassen die Vergangenheit so lebendig werden, als wären sie Batterien. Sie scheinen die Energie von allem gespeichert zu haben, das jemals in ihnen vorgegangen ist. Und manchmal lassen sie diese Energie wieder ab, wie die Gefühle, die in diesem Koffer gesteckt haben.«
»Rick?«, sagte Cora plötzlich. Sie rieb sich immer noch die Arme.
»Was?«
»Tu mir einen Gefallen. Geh ins Bad.«
»Ins Bad? Warum um alles in der Welt denn das?« »Geh rein und wirf einen Blick in die Wanne. Vergewisser dich, dass nicht noch eine Leiche da drin ist, dass sich nicht jemand da drin die Adern aufgeschnitten oder
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