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Creepers

Creepers

Titel: Creepers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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zusammen und verschlug ihm den Atem. Tränen brannten ihm wie Säure auf den Wangen. Von Schluchzern geschüttelt, hob er eine Hand, um ihr ledriges Gesicht zu streicheln. Das blonde Haar reichte bis unter die Schultern, länger, als sie es mochte - weil es auch nach ihrem Tod noch gewachsen war. Ihr Gesichtsausdruck war eine Grimasse blanken Entsetzens. Wie bei der Leiche im Erdgeschoss waren die Halsknochen nach innen geknickt. Seine Diane. Seine wunderbare Diane.
    Er kniete dort, dachte an sie, trauerte um sie. Diane. Elf Jahre waren sie zusammen gewesen. Sie hatte ihn niemals aufgegeben, war niemals müde geworden, für ihn zu sorgen, nachdem er krank aus dem ersten Irakkrieg zurückgekommen war. Er hatte versucht, es ihr zu vergelten, hatte versucht, sie wissen zu lassen, wie sehr er sie liebte. Seine süße, selbstlose Diane. Seine wunderschöne Diane mit Bissspuren im Gesicht.
    Ein Gewehrschuss holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Immer noch schluchzend, öffnete er ihre Handtasche, nahm die Brieftasche heraus und schob sie in seine Windjacke. Er küsste sie auf die ausgetrocknete Stirn, griff nach der Brechstange und dem Funkgerät und ging die Treppe hinauf.
    Die Wut drängte ihn, zu rennen, aber damit würde er Ronnie in die Hände spielen, dem Dreckskerl gestatten, ihn zu manipulieren, und er würde Fehler machen. In Gedanken brüllte er: Ich komme dich holen, Ronnie. Die Brechstange schlagbereit in der Hand, erreichte er den Gang im sechsten Stock und musterte die Trümmer von Danatas Wohnzimmer. Die Eingangstür war immer noch mit den Möbeln verbarrikadiert.
    Er stieg hinauf zu der Falltür. Hinter ihr hörte er Lärm, rennende Schritte, einen Schuss. Hastig klopfte er zweimal, dreimal, einmal.
    Keine Reaktion. Was, wenn sie glauben, ich wäre Ronnie? Was, wenn sie durch die Falltür schießen? Als er wieder klopfte, hörte er, wie der Riegel zurückgeschoben wurde. Die Falltür wurde geöffnet. Eine Stirnlampe leuchtete ihm direkt ins Gesicht, überlastete den Sensor seiner Brille und rief ein grelles Leuchten hervor, das ihn vorübergehend blendete. Die Stirnlampe wurde zur Seite gedreht, so dass er wieder sehen konnte. Er rannte die Stufen hinauf und schloss die Falltür hinter sich.
    Der Geruch nach verbranntem Pulver war überall. Vinnie stand in der Tür zum Überwachungsraum und zielte auf zwei unregelmäßige Löcher im Fußboden. Als er Baienger sah, trat er zurück und kam auf ihn zu. »Ich habe getan, was du gesagt hast. Ich habe bis fünfzig gezählt. Dann habe ich das Funkgerät lauter gestellt und auf den Boden gelegt. Er hat's in Stücke geschossen.« »Wie viele Schüsse hast du abgefeuert?« Baienger nahm die Pistole.
    »Drei. Ich hoffe, du glaubst jetzt nicht, das wäre Verschwendung -«
    »Du hast deine Aufgabe erfüllt. Du hast ihn abgelenkt. Noch neun Schuss. Die müssen wir gut nutzen.« »Er schießt planlos durch die Fußböden.«
    »Er kommt nicht in Danatas Wohnzimmer rein, von dort kann er nicht auf uns schießen. Im Moment sind wir hier sicher. Gib mir deinen Rucksack.«
    Baienger hob das Funkgerät an den Mund. »Hallo, Arschloch, weißt du was?«
    Rauschen.
    »Ich hab dich was gefragt, Wichser.«
    »Was sollte ich denn wissen? Sind die Obszönitäten wirklich nötig?«
    »Wenn's um dich geht? Unbedingt. Ich hab meine Frau gefunden, du Stück Scheiße.«
    Rauschen.
    »Du hast sie erwürgt. Du hast sie alle erwürgt.« Baienger nahm den Rucksack von Vinnie entgegen und holte die Polizeiberichte aus dem vorderen Fach. Er griff in seine Tasche und holte den Führerschein der Leiche im Erdgeschoss heraus.
    »Feinschmeckermenüs bei Kerzenlicht«, sagte er in das Funkgerät. »Entspannende klassische Musik. Literarisehe Leseabende. Ausländische Filme mit Untertiteln. Alles sehr wohl erzogen und förmlich und intellektuell. Wir müssen es intellektuell halten. Emotionen dürfen gar nicht erst aufkommen. Emotionen machen dich schwach. Bei Emotionen verlierst du die Kontrolle.« Er studierte den Namen auf dem Führerschein. Iris McKenzie. Als Amanda die Namen von Ronnies »Freundinnen« aufgezählt hatte, war ihm irgendetwas daran merkwürdig vorgekommen. Jetzt wusste er, was es gewesen war. Iris. Er blätterte die Seiten in der Polizeiakte durch.
    »Hab's!«, sagte er ins Funkgerät. »Iris McKenzie. Dreiunddreißig Jahre alt. Wohnhaft in Baltimore, Maryland. Beruf: Werbetexterin. Haarfarbe: blond. Klingt das irgendwie vertraut, du Dreckskerl? Sollte es nämlich. Wenn ich mich

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