Crescendo
zurückzukehren, kontaktierte er Knotty über Funk, ließ sich die Adresse der Sparkasse geben und fuhr selbst dorthin, getrieben von dem Bedürfnis, irgendetwas zu tun, statt nachzudenken. Letzteres brachte ihn ja nicht weiter.
Die Sparkasse Coalbrook and Watersmere hatte den Status einer Genossenschaft beibehalten, weil sie für ihre Mitglieder da sein und die Gemeinde unterstützen wollte. Sie hatte drei Zweigstellen und sehr treue Kunden.
Das und einiges mehr erfuhr Fenwick, während er dem Präsidenten zuhörte, der ihm langatmig erklärte, wieso er der Polizei ohne die entsprechenden Genehmigungen keine vertraulichen Informationen über die Finanzen seiner Kunden zur Verfügung stellen würde. Selbst die Worte »Vergewaltigung« und »Serienmorde« zeigten nicht die gewünschte Wirkung, und Fenwick ging nach fruchtlosen zehn Minuten, als die Bank gerade schloss.
Er trottete zu seinem Wagen, ohne auf die Umgebung zu achten, daher nahm er nicht wahr, dass eine ziemlich atemlose Frau eine Zeitlang neben ihm hertrippelte. Als er es schließlich merkte, blieb er abrupt stehen, und sie tat es ihm gleich.
»Kann ich was für Sie tun?«
Die Frau hatte in der Sparkasse hinter dem Schalter gestanden, als er hereingekommen war und sich vorgestellt hatte. Er hatte ihr keine große Beachtung geschenkt und nur bemerkt, dass sie ein Twinset trug, das genauso aussah wie das, das er seiner Mutter zu Weihnachten geschenkt hatte. Sie blickte sich verstohlen um und winkte ihm dann, näher zu kommen.
»Vielleicht kann ich Ihnen helfen«, sagte sie im lauten Flüsterton, »aber nicht hier. Drüben an der Ampel ist ein Café, das Black Kettle. Ich warte dort auf Sie.« Dann hastete sie davon und ließ Fenwick stehen, der ihr verblüfft nachstarrte und sich fragte, ob sie ihn vielleicht mit jemandem verwechselt hatte.
Sie saß an dem Ecktisch, der am weitesten vom Eingang entfernt war. Eine Kanne Tee für zwei Personen und ein Teller Kekse wurden ihr gerade serviert, als er hereinkam.
»Emily«, sagte sie und streckte ihm eine vogelähnliche Hand entgegen. »Emily Spinning.«
Er nahm ihre Hand und schüttelte sie kurz.
»Ich bin D- …«
»Pssst, ja, ich weiß, wer Sie sind. Nehmen Sie Platz.« Sie blickte sich um, als habe sie Angst, belauscht zu werden, aber es war niemand in der Nähe. »Sie waren bei Mr Winkworth und haben sich nach einem Kunden erkundigt, David Smith.«
»Woher wissen Sie das?«
»Die Wände sind sehr dünn, Chief Inspector. Bei Coalbrook and Watersmere gibt es nur wenige Geheimnisse. Tee?«
»Sie sagten, Sie könnten mir vielleicht weiterhelfen?«
»Ja, aber wenn Mr Winkworth davon erfährt, kriege ich einen Riesenärger.«
»Verstehe. Ich will Sie natürlich nicht zu irgendwas ermuntern, das möglicherweise …«
»Ach, Quatsch, das ist völlig in Ordnung. Als ich hörte, dass Sie Polizist sind, wusste ich gleich, dass es um den armen Mr Smith gehen würde.«
Fenwick trank einen Schluck von seinem Tee und tat sein Möglichstes, äußerlich ruhig zu bleiben.
»Erzählen Sie.«
»Ich bin jetzt seit vierundzwanzig Jahren bei der Sparkasse, seit meiner Schulzeit, und David Smith senior war einer meiner Kunden. Sein Sohn wurde auch David genannt. Mr Smith war immer nett zu mir, auch als ich noch blutige Anfängerin war und hin und wieder mal was falsch gemacht habe. Wollen Sie sich keine Notizen machen?«
»Doch, natürlich.« Fenwick holte ein selten genutztes Notizbuch hervor und schrieb sich ihren Namen, die Anschrift und – nach einigem Geziere – ihr Alter auf.
»Sie kannten also Mr Smith. Was für ein Mensch war er?«
»Oh, sehr still, schüchtern. Nicht gerade gesprächig, aber für mich hatte er immer ein Lächeln und ein freundliches Wort.«
»Kannten Sie seinen Sohn?«
»Den jungen David. Kaum. Zu Anfang kam er öfter mal mit seinem Vater in die Filiale, aber später nicht mehr. Ich denke, er steckte in Schwierigkeiten.«
»Was für Schwierigkeiten?«
»Er war krank oder so, und ziemlich lange von zu Hause weg. Mr Smith hat mal erwähnt, dass ihn das schulisch zurückgeworfen hat.«
»Wieso dachten Sie, dass mein Besuch mit Mr Smith zu tun hat?«
»Er ließ sein Gehalt bei uns aufs Girokonto überweisen, und er hatte außerdem ein Sparkonto. Ein sehr verlässlicher Mann, unser Mr Smith. Einmal im Monat kam er rein, um sein Sparbuch nachtragen zu lassen. Das wäre eigentlich nicht nötig gewesen, aber er hat gesagt, er habe es gern, wenn alles seine Ordnung hat. Tja, und
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