Crescendo
würde.
Smith klopfte und lauschte. An manchen Stellen war der Gips so lose, dass seine Fingerknöchel Staubwolken aufwirbelten, die wie Gespenster im Mondlicht schwebten. Er arbeitete sich einmal um den ganzen Raum herum, überprüfte die Wände jeweils in Schulter- und in Kniehöhe. Als er fertig war, überlegte er kurz und inspizierte noch einmal die Fußspuren auf dem Boden, weil er fürchtete, sich vielleicht geirrt zu haben.
Nein. Sie war hier reingerannt und nicht wieder raus. Er bückte sich und leuchtete mit der Taschenlampe den Boden ab, um sich die Sache genauer anzusehen. Die Spur führte neben das niedrige Bett. Er schob sich vor und klopfte sachte die Wand ab. Direkt neben dem Bett fiel ihm eine leichte Verfärbung in der welligen Tapete auf. Die Lücke hinter dem Bett war für ihn zu schmal, aber sie könnte möglicherweise dazwischengepasst haben. Er zerrte das alte eiserne Bettgestell mit einem lauten Quietschen beiseite. Als er die Wand dahinter überprüfte, war das hohle Geräusch unverkennbar. Mit der Taschenmesserklinge fuhr er den äußeren Rand der dunklen Schattierung entlang und stieß in einen Hohlraum dahinter. Er zog eine lose Platte heraus. Nach einigen Versuchen gelang es ihm, seinen muskulösen Oberkörper durch die Öffnung zu schieben, und der Rest schlüpfte leicht hindurch.
Auf der anderen Seite schöpfte er erst mal Atem und sah sich um. Er befand sich in einem schmalen Hohlraum, der durch die Neigung des Daches und die inneren Gipswände gebildet wurde. Es war so eng, dass er sich selbst tief gebückt kaum bewegen konnte. Als er versuchte, eine etwas bequemere Position einzunehmen, stieß er mit dem Kopf gegen Dachpfannen, und tote Spinnen und Staub rieselten ihm ins Gesicht.
Er leuchtete mit der Lampe nach links, zur Vorderseite des Hauses, und sah, dass der Hohlraum dort an der Ziegelmauer endete. Er kroch darauf zu, weil er argwöhnte, dass dort ein Versteck sein könnte, aber es war nur eine Sackgasse. Damit blieb nur noch eine Richtung übrig. Er drehte sich um, ging tief in die Hocke und klemmte sich die Taschenlampe zwischen die Zähne. Vor ihm war die dicke Staubschicht auf den Balken zertreten, sodass schwarze Stellen aus rohem Holz sichtbar waren. Mit einem leisen, zufriedenen Brummen nahm er die Verfolgung auf.
Kapitel vierunddreißig
Eine Viertelmeile hinter dem Ende der schmalen Teerstraße erreichte der Polizeiwagen eine Stelle, wo ein Pfad abging. Der Fahrer schaltete in einen kleinen Gang herunter, weil der Berghang vor ihnen steil anstieg, und Fenwick rief MacIntyre über Funk.
»Wir sind in fünfzehn Minuten da. Wir brauchen Verstärkung.«
»Wir müssten hier in weniger als einer Stunde fertig sein, dann kriegen Sie alles, was Sie brauchen. Warten Sie doch noch so lange.«
Ohne zu antworten, beendete Fenwick das Gespräch und sah den Fahrer und seinen Kollegen an. Smith war allein, aber er war ein psychopathischer Killer, und ihm war alles andere als wohl.
»Sind wir auf uns allein gestellt, Sir?« Der Fahrer sprach mit einem freundlichen Devon-Akzent. Er blickte auf eine Art begeistert, die Fenwicks Zuversicht nicht gerade steigerte.
»Im Moment noch.« Am liebsten hätte er noch hinzugefügt, mein Junge. »Licht aus. Wir müssen jetzt ziemlich nah dran sein.«
Er schob seine Bedenken beiseite und fing an, seine Möglichkeiten abzuwägen, während sie im Schneckentempo durch die Dunkelheit krochen.
Nightingale hustete leise in die Armbeuge hinein und versuchte, den Staub aus den Augen zu blinzeln. Hier oben, über der alten Mühle, bedeckte der Mehlstaub aus Hunderten von Jahren jede nur mögliche Fläche, und sie musste innehalten und Luft schöpfen, um nicht an dem feinen Puder zu ersticken, den sie mit jeder Bewegung aufwirbelte. Es war stockfinster unter dem Dach, und sie hatte die Orientierung verloren. Irgendwo in diesem Labyrinth aus Gängen hatte sie die Luke über der Treppe verpasst, die hinunter in den alten Melkraum führte, und stattdessen war sie jetzt in dem Anbau, der über den Mühlbach ragte, ohne einen Ausweg und mit einem Mörder auf den Fersen. Sie wusste, dass er ihr folgte. Kaum eine Minute zuvor hatte sie den Lichtstrahl der Taschenlampe über das Dach huschen sehen, aber dann war sie um eine Ecke gebogen, tiefer in die Dunkelheit hinein, und war weiter gehastet, verzweifelt bemüht, ihren Verfolger abzuschütteln.
Sie hatte sich damit abgefunden, dass der Mann, der sie verfolgte, Smith sein musste. Der Gedanke
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