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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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geschah. Die nächste Stufe ächzte ein bisschen, aber es war ein kaum hörbarer Laut, der sofort von der Dunkelheit verschluckt wurde. Er wurde sicherer und setzte einen Fuß auf die nächste Stufe.
    Nightingale stöhnte leise in ihr Kissen, als die Standuhr sie aus dem Schlummer riss, in den sie endlich gesunken war. Normalerweise wurde sie davon nicht wach, aber in dieser Nacht war alles anders. Mit zusammengekniffenen Augen spähte sie auf ihre Uhr und sah, das es zehn nach zwei war. Die alte Uhr ging nach, wie immer. Sie unterdrückte ein Gähnen, reckte sich unter der Decke, sehnte den Schlaf zurück und versuchte, nicht daran zu denken, dass die Uhr jede Stunde erneut schlagen würde.
    Von unten war ein Klicken zu hören, schwach, aber deutlich, keines der üblichen Geräusche im Haus. Wahrscheinlich der Kessel, der allmählich abkühlte, oder die Krallen einer übergewichtigen Maus. Nightingale spitzte die Ohren, um genauer bestimmen zu können, wo das Geräusch herkam und es dann zu vergessen. Stille. Sie gähnte herzhaft. Als sie ausatmete, hörte sie ein lautes Knarren, das sie im Bett auffahren ließ. Dieses Geräusch kannte sie genau. Die dritte Stufe der Treppe von der Diele nach oben protestierte so, wenn sie belastet wurde. Falls sie richtig lag, würde gleich darauf ein leiseres Geräusch folgen, wenn das Holz wieder von dem Gewicht befreit wurde.
    Da war es, unverkennbar. Jemand kam die Treppe herauf. Wer auch immer das war, er bewegte sich sehr vorsichtig. Sie wartete. Die vierte Stufe gab zwar keinen Laut von sich, aber die fünfte war die reinste Alarmanlage.
    In dem grauen Licht tauchte das Gesicht von Griffiths vor ihren Augen auf, aber sie schob es beiseite. Der war hinter Schloss und Riegel. Konnte es sein Partner sein, dieser Smith, vor dem Fenwick sie gewarnt hatte? Unmöglich. Er hätte sie niemals hier finden können. Es musste ein anderer Eindringling sein. Aber ein gewöhnlicher Dieb würde sich wohl kaum mit so einem Haus abgeben. Es sei denn, es war gar kein Dieb, sondern jemand, dem zu Ohren gekommen war, dass eine dumme Frau hier ganz allein lebte, und der beschlossen hatte, sich ein wenig zu amüsieren.
    Trotz ihrer Versuche, logisch zu denken und ruhig zu bleiben, sträubten sich ihr die Haare im Nacken und auf den bloßen Armen. Vorsichtig hob sie die Füße aus dem Bett und schob sie in ihre Laufschuhe. Die Shorts, die sie zur Gartenarbeit getragen hatte, lagen auf einem Stuhl. Um dorthin zu gelangen, musste sie über die nackten Dielenbretter gehen, was nicht geräuschlos zu bewerkstelligen war. Ihr Kopf arbeitete zweigleisig, das Gehör lauschte Richtung Treppe, jede andere Gehirnzelle überlegte verzweifelt, wo sie ihre Autoschlüssel gelassen hatte. Es fiel ihr wieder ein, und sie schüttelte den Kopf über ihre eigene Dummheit. Die lagen natürlich wie immer unten auf der Kommode.
    Wieder ein Knarren, die fünfte Stufe. Der Eindringling war jetzt kurz vor dem Treppenabsatz. Sie musste sich rasch entscheiden: weglaufen, kämpfen oder verstecken. Die letzten beiden Alternativen schloss sie aus. Sie war unbewaffnet, er hatte möglicherweise ein Messer oder sogar eine Schusswaffe, und hier im Zimmer gab es keine Möglichkeit, sich zu verstecken.
    Weglaufen. Aus dem Fenster springen? Es wäre ein freier Fall hinunter auf einen Steinplattenweg. Wenn sie sich verletzte, wäre alles aus. Neben dem Bett stand eine kleine Öllampe mit schwerem Fuß, die könnte sie als Waffe benutzen. Sie hob sie hoch und huschte geduckt zur Tür, um durch den Spalt am Rahmen in die relative Dunkelheit des oberen Flurs zu spähen. Er schien leer zu sein, aber die Nacht malte dunkle Schatten in die Ecken, groß genug, um einen Mann zu verbergen, der darauf lauerte, sie anzufallen, wenn sie vorbeikam.
    Sie hatte Panik. Der Mut, auf den sie sich in der Vergangenheit hatte verlassen können, hatte sich als schlichte Gleichgültigkeit ihrem eigenen Schicksal gegenüber entpuppt. Jetzt, wo sie leben wollte, ließ ihre innere Ruhe sie im Stich. Sie begann zu schlottern. Das Zittern war so heftig, dass das Glas in der Lampe klirrte und sie es mit der anderen Hand festhalten musste. Der Zorn auf ihre Schwäche zwang sie, sich ihrer Angst zu stellen. Sie würde nicht zu einem weiteren Opfer werden, das in Polizeiberichten auftauchte und bemitleidet wurde. Die Vorstellung, wie ihr Körper auf dem Obduktionstisch darauf wartete, mit einem Y-Schnitt geöffnet zu werden, erfüllte sie mit Ekel. Falls sie blieb, wo

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