Crescendo
Besitzer. Seine Fluchtroute war genau geplant, und er erwischte mühelos den 25er Bus. Als er am Gefängnis vorbeikam, hob er seine Zeitung vors Gesicht, weniger, um sich zu verstecken, als um ein verächtliches Grinsen zu verbergen. Sie würden sich bald fragen, wo Saunders blieb. Wie würde man auf seine Ermordung reagieren? Der Gedanke an ihre Verwirrung und das Entsetzen hatte eine unglaublich erregende Wirkung auf ihn, und er ließ den Blick suchend durch den Bus gleiten. Weiter vorne saß eine Krankenschwester. Er seufzte genüsslich auf, und eine alte Frau gegenüber belohnte ihn mit einem ruhigen Lächeln.
»Furchtbarer Ort«, sagte sie, und er nickte ernst.
»Voller schrecklicher Leute«, pflichtete er ihr bei.
Irgendetwas in seinem Tonfall musste die Frau irritiert haben, denn sie beäugte ihn neugierig. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, den Bus zu nehmen. Er tat so, als würde er ein Plakat studieren, und die Frau schaute weg, doch als er spürte, dass sie ihm immer wieder Blicke zuwarf, beschloss er, an der nächsten Haltestelle auszusteigen. Die Krankenschwester musste er sich jetzt ohnehin aus dem Kopf schlagen.
Er ging die letzte Meile zu Fuß zu einem kleinen Parkhaus, das er ausgewählt hatte, weil es keine Überwachungskameras hatte, und holte sein Fahrzeug. Intelligenz war seine stärkste Waffe, und die Vorstellung amüsierte ihn, wie die Polizei sich bei der Untersuchung seines Werkes das Hirn zermartern würde.
Er hatte vorher noch nie einen Mann getötet, und es war überraschend befriedigend gewesen. Er hatte keinen Druck gespürt, kein Verlangen, das er hatte bändigen müssen, sodass er die Schmerzen fast mit wissenschaftlicher Präzision hatte zufügen können. Als er davonfuhr, hatte er viel gelernt, und es machte ihm Spaß, sich auszumalen, wie er diese Erfahrung bei dem Miststück von der Polizei umsetzen könnte. Wenn er nicht fest davon ausgegangen wäre, dass ihre Aussage kein Gewicht haben würde, hätte er sie schon vor dem Prozess umgebracht. Das war ein Fehler gewesen, er hatte sie unterschätzt, was bedeutete, dass ein einfacher Tod nicht genügen würde. Sie hatte mehr verdient.
Der Telefonterror machte noch immer Spaß, und er glaubte, dass er langsam Wirkung zeigte. Sie aß kaum noch und hatte sich noch mehr von ihren Freunden und Bekannten zurückgezogen. Er wollte, dass sie genauso litt, wie Wayne leiden musste, dass sie sich in ihrem eigenen Leben eingesperrt fühlte, bevor er es ihr nahm. Aber es war bald so weit. Er war nicht für seine Geduld bekannt, und Selbstbeherrschung hielt er normalerweise für Energieverschwendung. Sobald sie vollends verängstigt war, würde er sie töten, direkt vor der Nase ihrer Kollegen.
Er hielt an einem Zebrastreifen und winkte eine Mutter mit Kind hinüber, lächelte freundlich, als ihre Lippen ein Dankeschön formten, und fuhr weiter.
Kapitel sieben
Bis zum Ende der Woche hatte Nightingale weitere dreiundzwanzig anonyme Anrufe erhalten sowie vier E-Mails von Pandora, in denen sie aufgefordert wurde, ein Spielchen zu spielen, und Dr. Batchelor hatte noch zweimal um ein Treffen gebeten. Schließlich überprüfte sie seine Angaben und willigte dann doch in ein Gespräch am Telefon ein, nur um ihn loszuwerden.
Batchelor hatte es anscheinend nicht eilig, über Griffiths zu sprechen, und Nightingale war nicht gewillt, das Thema von sich aus anzusprechen.
»Sie werden mich nicht fragen, nicht wahr?«
»Wonach fragen, Doctor?«
»Nach Griffiths.«
»Wieso sollte ich?«
»Na schön. Reden wir nicht drum herum. Es kommt vor, dass ein Opfer ein anhaltendes Interesse am Täter zeigt. Das ist ganz alltäglich.«
»Ich bin nicht alltäglich«, sagte sie, »und ich bin kein Opfer.« Sofort bedauerte sie ihre Bemerkung. Sie hatte es nicht nötig, ihm irgendwas zu erklären.
»Aber Sie wurden überfallen. Und verletzt.«
»Na und? Das ist passiert, als er sich gegen seine Festnahme gewehrt hat.«
»Verstehe.« Er sollte ihr Fragen zu Griffiths stellen, nicht sie analysieren.
»Kommen Sie zur Sache, Doctor, ich hab viel zu tun.«
»Also gut. Ich spreche ein- oder zweimal die Woche mit Wayne. Nach seiner Verurteilung war er selbstmordgefährdet, jetzt ist er nur noch depressiv.«
»Er macht ja richtig Fortschritte.«
Batchelor nahm ihre Bemerkung ernst.
»Ja, aber jetzt komme ich einfach nicht mehr weiter mit ihm.«
»Sie arbeiten doch erst sechs Wochen mit ihm. Sie müssen Geduld haben.«
»Aber ich finde keinen
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