Crescendo
Psychoschwätzer ausgetrickst, und sein Selbstwertgefühl schrumpfte noch mehr.
»Wieso haben Sie das getan?« Griffiths war stolz, dass seine Stimme ruhig klang.
»Ach, hat sich so ergeben. Ich dachte, es würde Sie interessieren.«
Er sagte nichts. Als klar war, dass er weiter schweigen würde, versuchte Batchelor seinen nächsten taktischen Zug.
»Ich kann gut verstehen, dass sie in die Rolle von Artemesia geschlüpft ist. Sie ist sozusagen die perfekte Jägerin, finden Sie nicht auch?«
Griffiths sagte nichts. Zorn glühte in seinem Innern, sammelte sich für die Zukunft.
»Was war ihr bestes Ergebnis gegen Sie?«
»27500 Punkte.«
»Das ist gut, nicht?«
»Fast das beste.« Er blickte dem Arzt nicht in die Augen.
»Haben Sie Spaß an dem Brettspiel?«
Wie gern hätte er Batchelor gesagt, dass er es nicht einmal ausgepackt hatte, wie gern hätte er ihm das glänzende Plastikpaket in die Arme gedrückt, ungeöffnet. Aber das ging nicht mehr.
»Ich habe nicht gespielt. Ohne Gegner fehlt die Spannung.«
»Wieso?«
Jetzt geht das wieder los, dachte er, die gleichen dämlichen Fragen. Die konnte er parieren, so lange er wollte. Mit einem Lächeln fiel Griffiths in den gewohnten Trott.
In seiner Zelle öffnete der Gefangene den Karton, nachdem er stundenlang mit sich gerungen hatte, und packte den Inhalt aus. Die sechs Hauptfiguren waren fast acht Zentimeter groß, ihre Gefolgsleute höchstens vier. Der Dämonenkönig war schwarz, bemalt mit roten und silbernen Verzierungen, die Hexe blau und silbern, und der Ritter, eine lächerliche Figur, hatte Blondhaar, eine weiße Rüstung und goldene Waffen. Jeder männliche Neuling bei THE GAME wollte der Ritter sein. Die meisten »starben«. Er war tapfer, mutig, ehrlich und daher leicht zu bezwingen. Was er sagte, musste der Wahrheit entsprechen, denn er war an die Gesetze der Ritterlichkeit gebunden. Im Durchschnitt triumphierte der Dämonenkönig bei drei von fünf Malen über ihn, aber wenn Griffiths ihn gespielt hatte, immer.
Der Söldner war ein interessanterer Herausforderer. Er tat sich oft mit der Hexe zusammen, obwohl auf seine Treue kein Verlass war. Und die Jungfrau – ah, Griffiths liebte sie, genau wie den Söldner. Bei ihm konnte man nie sicher sein, ob er die Regeln des Geldes oder der Liebe befolgte, aber wenn man die Jungfrau gefangen nahm, stellte man den Söldner damit meistens kalt.
Er betastete das weiße Kunststoffkleid und das lange blonde Haar. Sie hatte eine weiße und eine rote Rose in der Hand, Symbole ihrer Jungfräulichkeit und Verwundbarkeit. Sie griff niemals an, aber wenn sie auf die falsche Weise gerettet wurde, saugte sie die Kraft ihres Möchtegernretters in sich auf. Griffiths hielt sie für die verdorbenste von allen Figuren. Jedesmal, wenn er eine Jungfrau fing, benutzte er sie als Köder, bevor er sie tötete, was nicht direkt gegen die Regeln verstieß, aber für die anderen Spieler ein Schock war.
Er nahm Artemesia in die Hand. Aus irgendeinem Grund waren ihre Gesichtszüge feiner, traten klarer hervor als bei allen anderen. Ihre Waffen – Bogen, Pfeile, Messer und Speer – waren detailgetreu dargestellt. Er starrte sie lange an.
Sie trug ein langes, grünes Gewand, wie eine griechische Tunika, mit Schlitzen an den Oberschenkeln. Es umwallte sie, als spielte ein Phantomwind damit, betonte ihre Brüste und ihr Becken wie Botticellis Flora. Er stellte sich ihre warme Haut unter dem dünnen Stoff vor, und es erregte ihn. Er legte sie behutsam hin und griff nach seinen Zeichenutensilien.
Trotz des wachsenden Drucks in ihm hielt er sich genau an sein Ritual. Das Papier kam exakt in die Mitte des Tisches, Zeichenstifte und Radiergummi rechts, Aquarellpinsel und eine kleine Plastikschüssel Wasser links. Mit einem feinen Stift skizzierte er die Figur, glitt mit langen und fließenden Strichen gekonnt über das glatte Papier. Er zeichnete das Gesicht des Miststücks wirklichkeitsgetreu, den Körper darunter aber fülliger. In seiner Zeichnung trug sie kein Gewand mehr. Durch den Wind hatten sich ihre Brustwarzen zu harten, rosa Spitzen aufgerichtet; ihr Geschlechtsteil trat hübsch wie ein Kuss unter üppigem, auberginefarbenem Schamhaar hervor. Bei ihrem Anblick fing er an, stoßweise zu keuchen, und er vergaß seine Zeichnung.
Beim Höhepunkt stöhnte er irgendetwas laut heraus – ein Knurren, einen Namen, er wusste es nicht, aber es war eine köstliche Erlösung. Zum ersten Mal vergaß er das Guckloch in der Tür,
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