Crescendo
war keine einfache Entscheidung, und ich kann Ihnen versichern, dass ich lange und eingehend drüber nachgedacht habe.«
»Sie stehen seit Monaten unter enormem Druck, und das ist keine gute Voraussetzung, um schwer wiegende Entscheidungen zu treffen.«
»Was für Druck?« Ihre Stimme war ruhig, aber Nightingale spürte, dass seine Unterstellung sie wütend machte.
»Sie wissen, was ich meine – der Prozess, andere Fälle, Ihre Gesundheit, diese Stalker-Geschichte, furchtbar … und Ihre Eltern. Eine gewaltige Last, die Sie allein tragen müssen.«
»Wer sollte sie denn sonst tragen? Sie haben gerade mein Leben beschrieben. Das kann kein anderer für mich leben.«
»Nein, natürlich nicht, aber manchmal hilft es, mit anderen über seine Probleme zu sprechen.«
»Und Sie unterstellen, dass ich niemanden habe, mit dem ich darüber sprechen kann – ich finde das ziemlich herablassend.« Sie wandte sich ab und biss sich auf die Zunge, um ihre Wut zu bremsen.
»Ich unterstelle gar nichts. Hören Sie, ich fange noch mal von vorn an. Ich denke, Sie sollten Ihre Kündigung zurückziehen. Sie sind eine ausgezeichnete Polizistin und haben eine großartige Karriere vor sich. Sie sollten bleiben. Sie wären ein großer Verlust für uns.«
»Sie hätten mich ohnehin verloren. Ich sollte versetzt werden, haben Sie das vergessen?«
»Steckt das dahinter? Die erste große Versetzung? Na, ich kann das gut nachvollziehen. Mir ging es genauso. Kaum hat man sich einigermaßen eingelebt, soll man schon wieder woandershin. Klar, dass Sie sich ein bisschen unerwünscht fühlen, aber ehrlich, für Ihre Karriere ist es so am besten.«
»Ein bisschen unerwünscht!« Sie hörte das Beben in ihrer Stimme und trank einen Schluck Kaffee, während sie ans Fenster ging und ihm den Rücken zuwandte.
»Hören Sie, ich bin kein großer Redner. Wenn Sie die Polizei verlassen, wird man Sie sehr vermissen.«
»Würden Sie mich vermissen?«
»Ich? Natürlich, wir alle. Ich arbeite sehr gern mit Ihnen zusammen. Sie gelten als gründlich und zuverlässig.«
»Gründlich und zuverlässig. Na, super!« Die Bäume vor ihren Augen verschwammen.
»Nun kommen Sie, Nightingale, fassen Sie nicht jedes Wort von mir negativ auf.«
Fenwick ging zu ihr und legte ihr kurz eine Hand auf die Schulter.
»Was möchten Sie lieber hören – professionell, hervorragend, scharfsichtig, tapfer, ein großartiges Vorbild für den weiblichen Nachwuchs … das alles trifft gleichermaßen zu, suchen Sie sich was aus.«
»Besten Dank.« Sie hatte den Sarkasmus im Zaum halten wollen, doch ohne Erfolg. Sie hatte Angst, mehr zu sagen, weil ihre Stimme sie verraten könnte.
Wenn er nur gesagt hätte, »netter Mensch«, »sympathische Kollegin« oder auch nur »angenehm«, wäre sie ja schon zufrieden gewesen, Hauptsache irgendetwas, das zeigte, dass sie als Individuum, nicht nur als Polizistin wahrgenommen wurde. Hätte er irgendetwas in der Art gesagt, hätte sie zumindest eine schöne Erinnerung mitnehmen können. Stattdessen hatte er lediglich bestätigt, dass sie für ihn abgesehen von einer praktischen und erfolgreichen Arbeitsbeziehung keinerlei Bedeutung hatte.
Sie blinzelte die Nässe weg, die sich in ihren Augen angesammelt hatte, und überspielte ein leises Schniefen mit einem weiteren Schluck Kaffee. Sie drehte sich zu ihm um und geriet kurz aus dem Konzept, weil sie so dicht beieinander standen. Er war über einen Meter achtzig groß, aber sie war eins achtundsiebzig ohne Schuhe, und ihre Augen waren fast auf gleicher Höhe. Einen Moment lang sagte sie nichts, dann brachte sie ein schiefes Lächeln zustande.
»Ich weiß es zu schätzen, dass Sie sich meinetwegen Gedanken machen, und ich weiß, dass Sie viel um die Ohren haben …«
»Unsinn, das hier ist wichtig.«
»Trotzdem, Sie setzen hier Ihre Zeit ein, was sehr freundlich von Ihnen ist …«
»Sie wollen Nein sagen, stimmt’s? Wieso? Ich verstehe das einfach nicht.«
»Da gibt es nichts zu verstehen. Tagtäglich treffen Leute berufliche Entscheidungen. Ich habe mich eben so entschieden.« Der Kloß in ihrem Hals drohte sie zu ersticken.
Sein Handy klingelte, und er blickte auf das Display.
»Das Präsidium, einen Moment.«
»Wir sind ohnehin fertig.«
»Nein, sind wir nicht! Warten Sie.« Er trat beiseite und sprach ins Telefon. »Ja? Er ist zu früh … na schön. Nein. Ich weiß nicht genau, wann ich zurück bin … Ja, ich rufe an, wenn ich auf dem Weg bin.«
»Niemand Wichtiges, hoffe
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