Crescendo
hatte.
»Davon hat sie uns nichts erzählt. Tut mir Leid, ich hab keine Ahnung, wohin sie gefahren sein könnte.«
»Wo hat sie denn sonst so Urlaub gemacht?«
»Das weiß ich wirklich nicht.«
Cooper wollte sich schon bedanken, als ihm noch etwas einfiel.
»Mrs Nightingale, haben Sie irgendwem in letzter Zeit Louises Adresse gegeben?«
»Natürlich nicht! Wie käme ich dazu.«
»Bitte denken Sie genau nach.« Cooper zweifelte zwar nicht an der Integrität der Frau, aber sie gehörte zur zutraulichen Sorte. Immerhin hatte sie ihm ohne weiteres Nachfragen geglaubt, dass er von der Polizei war.
»Tja … ein alter Freund hat nach ihr gefragt, aber das war völlig harmlos.«
»Erzählen Sie.«
»Das war vor ein paar Wochen. Ein Mann, ungefähr in Louises Alter, hat bei uns geklingelt. Er wollte für irgendeinen guten Zweck sammeln, und wir sind ins Plaudern gekommen. Er hat gesagt: ›Sie sind nicht zufällig die Schwägerin von Louise Nightingale? Der Name ist ja nicht so häufig.‹ Ich sagte, doch, und er erzählte mir, dass er mit Louise zur Schule gegangen sei und sie gern mal wieder sehen würde. Sie waren damals anscheinend gut befreundet gewesen und hatten sich aus den Augen verloren.«
»Sie haben ihm also ihre Adresse gegeben.«
»Ja, und ihre Telefonnummer und E-Mail-Adresse. War das falsch?«
»Das weiß ich nicht, aber irgendjemand macht Louise seit einigen Wochen das Leben zur Hölle, und wir wollen herausfinden, wer.«
»Oh nein.« Mrs Nightingale klang den Tränen nahe. »Aber er hat einen so sympathischen Eindruck gemacht, er war ein richtig netter Mann.«
»Können Sie sich erinnern, wie er aussah?«
»Vage. Attraktiv, groß, nette Augen. Er war schick gekleidet.«
»Ich melde mich später noch mal bei Ihnen wegen einer genaueren Beschreibung. Sollte Louise inzwischen anrufen, geben Sie mir bitte sofort im Präsidium Bescheid.«
Cooper ging zu Fenwick, der in der Küche stand und auf die zertrümmerte Kaffeemaschine blickte.
»Sie hat eine andere Nachbarin gebeten, ihre Blumen zu gießen. Sieht wirklich so aus, als wenn sie schon in Urlaub gefahren ist.«
»Dann ist sie in Sicherheit.« Cooper atmete erleichtert auf.
»Fürs Erste, aber wenn die Sache hier mit dem Griffiths-Prozess zu tun hat, wer steckt dann dahinter? Griffiths ist unverheiratet und hat weder Familienangehörige noch Freunde.« Fenwick tigerte auf und ab. »Angenommen, es gibt doch jemanden, von dem wir nichts wissen, dann könnte dieser Jemand die Wohnung aus Rache demoliert haben, oder?«
»Durchaus möglich. Ich weiß noch, als Griffiths von D.I. Blite verhört wurde, fand ich es merkwürdig, dass er privat angeblich keinerlei Kontakte hatte.«
»Nehmen Sie sich seine Akte noch mal vor, suchen Sie nach Personen, die Griffiths gekannt haben könnten, und fragen sie bei denen nach. Ich werde dem Mann persönlich einen Besuch abstatten.«
Gefängnisse machten Fenwick nervös. Er hatte immer das Gefühl, dass sich ihm der penetrante Geruch von Hunderten schlecht gewaschener und schwitzender Männerkörper wie feiner Staub auf Gesicht und Kleidung legte. Auf der langen Fahrt nach Norden zur Haftanstalt hatte er sich die Tonbandkassetten mit den Polizeiverhören angehört. Griffiths klang arrogant, ein Mann, der nicht den geringsten Zweifel an seiner überlegenen Intelligenz hegte und die ihn belastenden Indizien als unwesentlich einstufte. Er sprach, als sei er fest davon überzeugt, dass die Beweise gegen ihn so dünn waren, dass er nur schweigen und in Ruhe seine Freilassung abwarten müsse.
Falls Griffiths Freunde oder Verwandte hatte, so war es ihm gelungen, sie geheim zu halten, doch als Fenwick im Gefängnis eintraf, erfuhr er, dass der Häftling Besuch gehabt hatte, von einem Mann, der zweimal da gewesen war und sich mit Tony Troy eingetragen hatte. Es gab Hunderte Anthony Troys in England, aber keinen mit der Adresse, die der Besucher angegeben hatte.
Fenwick war verblüfft, als Griffiths ins Besucherzimmer kam. Er hatte ihn sich ganz anders vorgestellt. Statt Intelligenz sah er Verstohlenheit und Hinterlist. Der Mann hatte engstehende Augen, ein fliehendes Kinn und etwas zu große Schneidezähne. Er wirkte eher wie ein Aasfresser, nicht wie ein Raubtier, und Fenwick empfand eine große Unruhe.
Griffiths gab sich gelangweilt, um seine Neugier zu kaschieren, als Fenwick sich vorstellte und ohne Einleitung mit der Befragung begann.
»Haben Sie Familienangehörige?«
»Worum geht’s
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