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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: corley
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widersprüchliche Gefühle ausgelöst, die ebenso unerwartet wie unerwünscht waren. Sie sah großartig aus – goldbraun, fit und, er musste es sich eingestehen, be-gehrenswert, aber er redete sich ein, dass er nichts bedauerte.
    »Verrätst du sie mir?«
    »Was?«
    »Deine Gedanken.« Sie sah ihm in die Augen und lächelte.
    Fenwick wandte den Blick ab, fühlte sich ertappt.
    »Ach nichts, der Fall geht mir nicht aus dem Kopf, weißt du.«
    »Nein, weiß ich nicht. Es macht mir nichts, wenn du abgelenkt bist, aber ich lass mich nicht gern anlügen.«
    Die Schärfe ihrer Worte hing zwischen ihnen, wurde noch deutlicher durch das Kinderlachen aus dem Zelt unter den Apfelbäumen. Eine unbehagliche Pause entstand.
    Schließlich durchbrach er das Schweigen.

    354

    »Tut mir Leid.« Er stand auf, ging auf der Terrasse hin und her, leerte sein Glas. »Möchtest du noch einen?«
    Claire hob ihr Glas, das noch immer gut halb voll war, und schüttelte den Kopf.
    »Andrew, ich bin nicht hergekommen, um mich zum unendlichsten Mal mit Fenwick, dem wandelnden Rätsel, zu befassen.«
    »Gibt es das Wort unendlichst?« Er versuchte ein schiefes Grinsen.
    »Versuch nicht, dich mit Witzchen aus der Affäre zu ziehen.«
    »Tut mir Leid.« Er brauchte ihre Hilfe, und um sie zu bekommen, war er bereit, zu Kreuze zu kriechen.
    »Du wiederholst dich.«
    »Hab ich dich verletzt?«
    »Ja, aber nicht tödlich.«
    Er wandte sich ab, wünschte, er hätte die Frage nicht gestellt.
    »Das ist jetzt keine Flucht, aber ich möchte wirklich noch einen Drink, und deiner ist schon warm geworden.«
    Als er zurückkam, trug er zwei große Gläser Pimm’s, voller Eiswürfel, Minze und Gurke, sowie einen Teller mit Alices selbst gemachten Käsestangen.
    »Also, warum bist du hier? Natürlich abgesehen von der Tatsache, dass wir neuerdings gute Freunde sind. Bist du bereit, uns im Fall Griffiths zu helfen?«
    »Das war ich sofort, als ich erfahren habe, auf wessen Beratung du bislang angewiesen warst.«
    »Dann hast du also keine hohe Meinung von Doctor Batchelor?«
    Claire schnaubte und trank einen Schluck.
    »Nein, und dazu genügte eine einzige Begegnung mit 355

    ihm. Wir haben mal gemeinsam an einem Seminar teilgenommen. Ich fand, dass sein Ego ihm bei seinen Analysen im Weg stand. Er hat mich andauernd daran erinnert, dass er Psychiater ist, während ich nur Psychologin bin, als ob das eine Rolle spielt. Richtig zu denken gegeben haben mir dann aber seine Meinung zur Typologie und zu den Motivationen kri-mineller Handlungen. Ich fand, da lag er vollkommen daneben.«
    »Er scheint zumindest sehr gründlich zu sein.«
    »Oh ja, das ist er, aber ich fand, er ist schwer von Begriff, um es ganz offen zu sagen.«
    »Tu dir keinen Zwang an. Ich hab dich noch nie so ver-nichtend über jemanden reden hören. Er muss dich wirklich geärgert haben.«
    »Vergiss ihn. Mich interessiert der Fall Griffiths, schon seit ich das erste Mal davon gehört habe. Ich war enttäuscht, dass Blite mich nicht hinzugezogen hat, deshalb sehe ich jetzt die Chance, meine Neugier zu befriedigen. Ich müsste die Akten heute noch durchsehen können, wenn ich nächste Woche mit Griffiths sprechen soll.«
    »Wie willst du ihm deinen Besuch erklären?«
    »Das weiß ich noch nicht, aber ich finde bestimmt etwas in den Akten. Ich möchte es möglichst vermeiden, ihn anzulügen. So, und jetzt erzähl mir mal, was sich so in Andrew Fenwicks Leben tut.«
    Der Pimm’s hatte ihn entspannt, aber er wand sich trotzdem innerlich.
    »Nichts Besonderes, wie üblich.«
    »In deinem Leben passiert ständig was Besonderes, Andrew. Nun sag schon.«
    »Wieso interessiert dich das?«
    »Weil jeder in der Lage sein sollte, über das zu sprechen, 356

    was ihn bewegt, und sich über die alltäglichen Dinge ebenso auszutauschen wie über die bedeutsamen. Ich glaube, das hält uns geistig gesund.«
    »Und du bezweifelst meine geistige Gesundheit?«
    »Nein. Ich denke, du bist einsam.«
    Er hatte das Gefühl, als hätte sie ihm in die Magengrube geschlagen, und er versuchte, ihre Bemerkung mit einem spöttischen Lachen abzutun.
    »Ich habe gar keine Zeit, einsam zu sein. Ich arbeite an sechs von sieben Tagen in der Woche und verbringe jede freie Minute mit den Kindern. Meistens falle ich abends so müde ins Bett, dass ich nicht mal mehr denken kann.«
    »Und an den Abenden, wo das nicht so ist?«
    Er wandte sich ab und nahm einen tiefen Schluck.
    »Zieh dich nicht wieder zurück. Das ist jetzt kein

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