Crescendo
Autobatterie gebeugt.
»Mr Smith?«
»Wer will was von ihm?« Der Mann drehte sich nicht mal um.
»Detective Chief Inspector Fenwick, Kripo Harlden.«
Der Mann erstarrte für einen Moment, dann arbeitete er mit gespielter Lässigkeit weiter.
»Was wollen Sie?«
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»Mich ein paar Minuten mit Ihnen über David Smith unterhalten.«
Daraufhin drehte er sich um. Fenwick blickte in das fleckige Gesicht, in dem ein drei oder vier Tage alter Bart prangte, und sah verblüfft, dass der Mund lächelte.
»Schön, schön. Na endlich. Was wollen Sie wissen?«
»Wo ich ihn finden kann.«
»Ha!« Der Mann lachte auf und spuckte in den öligen Staub zu seinen Füßen. »Als ob ich das wüsste! Ich hab ihn schon ein paare Jahre nicht mehr gesehen. Ist auch gut so.«
»Könnten Sie mir sagen, wann genau Sie ihn das letzte Mal gesehen haben?«
Smith kratzte sich zwischen seinem T-Shirt und der Jeans, was einen schwarzen Streifen auf der Haut hinterließ.
»Das muss … so gegen Weihnachten vor drei Jahren gewesen sein. Er war mit irgendwem zusammen in irgend so einem Einkaufszentrum. Wo, weiß ich nicht mehr.«
»Sie haben Ihren Bruder vor drei Jahren gesehen?«
»Nein, ich rede von seinem Sohn, David. Meinen Bruder hab ich schon länger nicht mehr gesehen.«
»Haben Sie mit Ihrem Neffen gesprochen?«
»Was? Sie machen wohl Witze. Sobald der Scheißkerl mich gesehen hat, ist er abgehauen. Der hat gewusst, was ich mit ihm gemacht hätte, wenn ich ihn erwischt hätte.«
»Und was wäre das gewesen?«
Smith klappte den Mund zu und verzog ihn zu einem bitteren Grinsen.
»Das geht Sie gar nichts an. Familienangelegenheiten.«
»Sie sagen, er hatte jemanden bei sich, Mann oder Frau?«
»Ein junger Bursche. Der, den sie eingelocht haben. Die beiden waren dicke Freunde.«
»Wayne Griffiths?«
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»Wenn Sie das sagen. Den Namen hab ich nicht gewusst.«
»Sie sind davon ausgegangen, dass ich den Sohn suche, nicht den Vater, warum?«
Aber mehr war aus Smith nicht herauszuholen, so hartnä-
ckig Fenwick es auch versuchte. Schließlich sah er ein, dass er nur seine Zeit vergeudete.
»Falls Ihnen noch irgendwas einfällt, rufen Sie mich bitte unter dieser Nummer an. Es ist sehr wichtig.«
»Was hat er denn angestellt?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen. Wir müssen ihn aber dringend finden. Möglicherweise ist er im Besitz von Informationen, die uns weiterhelfen könnten.« Fenwick klappte erneut sein schmuddeliges Notizbuch auf, und Smith musterte ihn mit deutlichem Misstrauen.
»Was soll denn das werden?«
»Ich muss mir Ihren Namen und Ihre Anschrift notieren, Sir.«
Smith ratterte hastig alles herunter, um ihn möglichst schnell loszuwerden.
»Und Sie wohnen hier mit …«
»Meiner Frau, June.«
»Kinder?«
Smith wurde rot und sah nach unten auf seine Werkbank.
»Wir leben allein.«
»Aber Sie haben Kinder?«
»Das tut ja wohl nichts zur Sache.«
»Reine Formalität.« Fenwick sah eine Ader seitlich am Kopf des Mannes pulsieren.
»Eine Tochter, Wendy.«
»Wie alt?«
Smith rieb sich die Stirn und hinterließ dabei eine schleimige Ölspur.
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»Dreiundzwanzig. Hab sie eine ganze Weile nicht gesehen.«
»Kannten Sie David Smith junior gut?«
»Das geht Sie einen feuchten Kehricht an.« Smith trat einen Schritt vor, mit bebendem Körper und rotem Gesicht.
»Und jetzt raus aus meinem Haus, und lassen Sie sich ohne Durchsuchungsbefehl nicht mehr hier blicken.«
Fenwick schrieb seine mageren Berichte und fragte sich, was seine Vorgesetzten wohl von den spärlichen Ergebnissen halten würden, die der Arbeitstag eines Chief Inspectors erbracht hatte. Wahrscheinlich nicht viel, aber zumindest konnte er jetzt allmählich Fragen formulieren, die seine Ermittlung vor-antreiben würden. Warum war Frederick Smith direkt davon ausgegangen, dass er wegen David Smith junior gekommen war? Und warum hatte er »na endlich« gesagt?
Er rief Emily Spinning an, die ihn bat, sich einen Moment zu gedulden, da sie rasch den Videorecorder für eine Folge von den »East Enders« programmieren wollte.
»So, da bin ich wieder, Chief Inspector. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich habe mit Frederick Smith gesprochen.«
»Aha. Was hat er Ihnen erzählt?«
»Er erwähnte, dass er eine Tochter hat.«
»Ach ja, Wendy. Ein liebes Ding. Ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten. Hab sie schon seit Jahren nicht mehr gesehen. Wollte immer Krankenschwester werden.«
»Erinnern Sie sich an irgendetwas aus Wendys
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