Crime - Kriminalromane und Thriller schreiben
»ganz normalen« Menschen und Verbrechen werden eher durch logische Folgerungen und Deduktionstalent als durch physische Gewalt gelöst. Sex ist nichts, was die Leute tun – Sex ist etwas, das finstere Geheimnisse birgt.
Aber die rauen Männer werden weicher und das schwache Geschlecht wird stärker, so dass sich vieles überschneidet und die Trennungslinien verschwimmen. Die Muse entwickelt androgyne Züge.
Ein großer Unterschied besteht allerdings immer noch in der Haltung des Lesers der einen oder anderen Kategorie gegenüber. Das wurde mir klar, als ich Freunde und Bekannte bat, das Manuskript für dieses Buch zu lesen. Einige waren der Meinung, ich müsste ein paar Worte zum klassischen Detektivroman sagen.
Ich bin Leser und Schriftsteller, nicht Wissenschaftler oder Kritiker. Deshalb lese ich meistens nur, was ich mag. Ich bringe es fast nicht fertig, etwas zu lesen, was ich nicht mag. Ich bevorzuge Romane, die Realismus zeigen und auf Recherche basieren. Ich mag Sex. Ich lehne Sentimentales ab. Ich würde nicht so weit gehen und sagen, ich mag Gewalt. Kurz gesagt: Ich ziehe »hard-boiled«-Kriminalromane den klassischen Detektivromanen vor. Und zwar so sehr, dass ich um Hilfe bitten musste. Deshalb fragte ich andere Schriftsteller: »Was macht den Reiz des klassischen Detektivromans aus?«
Gallagher Gray antwortete mir per Brief:
Was der Reiz ist? Was für eine Frage! Ich würde mich als typisch zynische New Yorkerin bezeichnen und liebe die harten Cop- und Schnüfflerkrimis, aber ich bin auch ein Fan der klassischen Detektivromane, wenn sie gut gemacht sind. Ich mag sie, weil man in diesen Romanen gut ausgearbeitete Charaktere und viele verschiedene Persönlichkeiten findet. Meistens begeistern sich Frauen für diese Kategorie, deshalb sind die Helden oft weiblich. Die Leserinnen stellen sich gerne vor, sie seien ebenso einfallsreich und tatkräftig wie die Detektivinnen in den Romanen. Zudem ist es charakteristisch für den klassischen Detektivroman, Alltagssituationen oder ganz normal erscheinende Familien zu beschreiben, die Fassade herunterzureißen und den Sumpf der Leidenschaften, der sich dahinter befindet, sichtbar zu machen. Was kommt der Wirklichkeit näher. Hard-boiled-Krimis sind oft schlecht geschrieben; bei dem Versuch, eine coole Atmosphäre und beinharte Helden zu entwickeln, scheitern viele Autoren kläglich.
Beim klassischen Detektivroman zu scheitern, ist schwieriger: Hier haben wir es mit Personen und Plots zu tun, die vom Leser leichter akzeptiert werden, weil sie ihm bekannt vorkommen. Außerdem muss sich der Autor nicht unbedingt an die (vermeintliche) Wirklichkeit halten, wie bei harten Cop-Romanen oder anderen, eher realistischen Gattungen. Die Kritiker nehmen den klassischen Detektivroman gerne auseinander und bemängeln ihre Glaubwürdigkeit. Warum sie ihre Zeit damit vergeuden, die Plots solcher Romane zu analysieren, ist mir, ehrlich gesagt, ein Rätsel – der klassische Detektivroman verlangt geradezu von den Lesern, dass sie sich mitreißen lassen, ihre kritischen Zweifel beiseite lassen und die Story glauben. Wirkliche Verbrechen werden selten durch Brillanz und logische Schlussfolgerungen aufgeklärt. Sie werden eher versehentlich, auch durch Rache oder Gier anderer Beteiligter, gelöst oder auch durch die Hartnäckigkeit eines Detektivs oder Teams von Profis, die nicht aufgeben und weiter daran arbeiten, wenn jeder Roman längst ein Ende gefunden hat.
Interessanterweise stimmen Gallaghers Gedanken und Ideen in Bezug auf andere Aspekte des Krimigeschäftes mit ihrer Vorliebe für klassische Detektivromane überein. Sie ist der Meinung, dass die Menschen Kriminalliteratur lesen,
weil sie Ordnung suchen und in der Sicherheit ihrer eigenen vier Wände mit ihren Ängsten flirten wollen. Sie wissen bereits am Anfang, dass der Verbrecher gefasst werden wird. … Was natürlich im krassen Gegensatz zu den chaotischen und unfairen Gesetzen des wahren Lebens steht.
Gallagher ist ebenfalls davon überzeugt, dass der durchschnittliche Krimikonsument in den Romanen nichts über Sex lesen will:
Sex stört die konsequente Plotentwicklung – schließlich gibt es nichts Unlogischeres als Sex! Und alle guten Kriminalgeschichten entwickeln sich durch eine Logik, die dem wahren Leben fehlt. Eine Liebesbeziehung dagegen ist etwas ganz anderes. Sie lässt den rauen Helden oder den brutalen Mörder sanfter erscheinen und macht ihn menschlicher, was für den Leser sehr befriedigend
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