Crime Machine: Thriller (German Edition)

ich Ihnen folgen kann, Inspector.« Sharp grinste heimlich.
    »Haben Sie schon mal von den Marshall-Brüdern gehört?«, fragte er. »Antworten Sie nicht, natürlich haben Sie.«
    »Ich denke, dass ich vielleicht mal was in der Zeitung gelesen habe.«
    »Darauf würde ich wetten« – er nickte entschieden –, »eine herrliche Festnahme war das. Ewigkeiten haben sie halb Manchester regiert, und dann eines Tages haben wir einen ihrer Dealer zum dritten Mal drangekriegt. Der hatte mehr Porridge vor sich als Ronnie Barker.«
    »Den Witz reißen Sie öfter, stimmt’s?«, fragte ich ihn.
    Er ignorierte die Bemerkung. »Also lässt er die Hosen runter und singt; Namen, Daten, Orte, Geld, Gramm und Kilo. Ja, die haben kiloweise Stoff verschoben, die dreisten Wichser. Er hat einen Namen genannt, und wir haben den Kerl hochgehen lassen. Der hat uns wiederum einen Namen genannt, und auch den Penner haben wir einkassiert und so weiter und so weiter, die ganze schmierige Fahnenstange bis ganz nach oben. Niemand will der Einzige sein, der zu lebenslänglich verdonnert wird. Man müsste schon ein echter Volltrottel sein, also verrät man denjenigen, der einem die Befehle erteilt und bei weniger Risiko mehr Geld mit nach Hause nimmt als man selbst, zumindest theoretisch«, setzte er hinzu und ließ sein »theoretisch« klingen, als hätte es eine finstere Bedeutung. »Da herrscht eine Missgunst, bei der wir ausgezeichnet ansetzen können. Und mit einem Mal hatten wir sämtliche Lieutenants, und sie fielen alle einer nach dem anderen um wie Dominosteine, bis die Marshalls niemanden mehr hatten, der für sie die Drecksarbeit erledigt hat. Dann sind wir den Brüdern an den Kragen. Haben Sie mitbekommen, wie viel die zum Schluss gekriegt haben?«
    »Neunundneunzig Jahre.«
    »Sie erinnern sich«, sagte er triumphierend.
    »Natürlich hatte er ein Gespür für Schlagzeilen, der alte ›Hanging Judge‹, der superscharfe Richter. Damals hab ich mir gedacht, was für ein Zufall das doch ist, dass seine sorgfältig überlegten Urteile zusammen genau neunundneunzig Jahre ergeben haben.«
    »Terry Marshall hat zweiunddreißig Jahre bekommen.« Und Clifford pfiff, als sei er sehr beeindruckt. »Die Mindeststrafe waren fünfundzwanzig Jahre. Der Richter mag auf Schlagzeilen gestanden haben, aber er hatte auch einen guten Sinn für Humor. Terry sitzt in seinem fortgeschrittenen Alter auf der Anklagebank und denkt sich: ›So lange halt ich nicht durch.‹ Was heißen soll, dass er vor Ablauf seiner Strafe längst tot sein wird. Und wissen Sie, was der Richter gesagt hat? ›Geben Sie sich Mühe.‹« DI Clifford lachte, bis er fast keine Luft mehr bekam. »Geben Sie sich Mühe? Sie hätten Terrys Gesicht sehen sollen. Ich meine, stellen Sie sich das mal vor, Sie haben geraubt und gestohlen, geprügelt und gemordet, bis Sie ganz oben angekommen und zum Verbrecherkönig aufgestiegen sind, und wie verbringen Sie Ihre letzten Tage? In einer winzigen Gemeinschaftszelle, dreiundzwanzig Stunden am Tag, zusammengepfercht mit einem Straßendieb und einem Vergewaltiger, und das so lange, bis Sie endlich ins Gras beißen. Er muss sich jede Stunde des Tages gefragt haben, ob’s das wert gewesen ist.« Er machte eine Pause, um die Vorstellung sacken zu lassen. »So endet das für Leute wie ihn – aber nicht notwendigerweise für jeden, der für die Jungs an der Spitze arbeitet.« Er beugte sich vor, als hätten wir uns miteinander verschworen. »Sie wissen, dass Bobby Mahoney auf der Liste steht, oder? Ich meine, ganz oben auf der Liste, zusammen mit ein paar Cockneys, ein paar Gangstern aus Liverpool und auch noch einigen Schotten, die mir einfallen würden.«
    Ich versuchte, ausdruckslos zu schauen. »Auf der Liste der Anwärter für einen Verdienstorden?«
    »Auf der Hitparade der SOCA.«
    Die SOCA, die Serious Organised Crime Agency, war ein Zusammenschluss aus dem National Crime Squad und dem National Criminal Intelligence Service zu einer Behörde, die in der Boulevardpresse als das britische FBI bezeichnet wurde. Sie hatte die Aufgabe, Drogenbarone, Menschenhändler und Geldwäscher hochgehen zu lassen.
    »Das sind die Top of the Pops«, fuhr DI Clifford fort, »nur dass man in diese Charts nicht aufsteigen möchte. Ich würde mich nicht wundern, wenn Bobby nicht sogar auf Platz eins dort steht. Der meistgesuchte Mann. Sie wissen ja, die haben eine Liste von allen Hauptakteuren des organisierten Verbrechens im ganzen Land, und sie sind hinter