Crime
wie erschlagen, aber dankbar drauffallen.
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Edinburgh (2)
Trotz deiner Erschöpfung hast du dich am Freitagmorgen wie ein Einbrecher im ersten Lehrjahr aus deiner Wohnung in Leith geschlichen, schuldbeladen, weil du dir ein paar Stunden Schlaf abgezwackt hast. Draußen war es knackig frisch bei sich braun färbendem Oktoberlaub, und du hast im Stockbridge Deli schnell einen doppelten Espresso gekippt, bevor du über die Straße zum Polizeipräsidium gingst. Bei der Polizeibelegschaft lief es unter »Fettes«, aber in den Köpfen der Bevölkerung gebührte dieser Name immer noch der traditionsreichen Privatschule ein Stück die Straße runter. Bei Vogelzwitschern im fahlen Morgenlicht, das sich allmählich über dem grauen Pflaster ausbreitete, musstest du daran denken, wie bezeichnend dieser kleine Ausschnitt von Edinburgh nicht nur für den Rest der Stadt, sondern das Vereinigte Königreich insgesamt war. Das protzige Erziehungsinstitut für die Reichen überragte das Polizeipräsidium und wachte darüber, wie dieses aus seiner erhöhten Position wiederum Broughton, die Gesamtschule für das gemeine Volk, überwachte.
Britney Hamil wurde nun seit zwei Tagen vermisst, doch das Verkaufspersonal der Buchhandlung Forbidden Planet auf der South Bridge machte in nur fünf Minuten Gary Forbes’ hochfliegende Ambitionen auf den Titel des bösesten Manns Großbritanniens zunichte. Sie sagten gegenüber Amanda Drummond aus, Forbes habe zum Zeitpunkt von Britneys Verschwinden bei ihnen herumgestöbert, wiebeinahe jeden Tag. Er wurde, wie du vorausgesagt hattest, wegen Irreführung der Polizei belangt, nachdem er zwei uniformierte Beamte an einem Abend stundenlang sinnlos durch die Wälder in Perthshire gezerrt hatte.
Ronnie Hamil war da ein anderer Fall. Die Überwachung seiner Wohnung in Dalry hatte immer noch keine Ergebnisse erbracht. Anwohner bestätigten, dass er sporadisch verschwand, und als übereinstimmende Meinung schälte sich heraus, dass er ein grantiger, schmuddeliger Typ war, der ein Leben am Rande der Gesellschaft führte und permanent nach Nikotin und Schnaps stank. Du wusstest, dass er bald auftauchen würde, sich wahrscheinlich irgendwo besoffen verkrochen hatte, und du hofftest, ohne wirklich damit zu rechnen, dass seine Enkelin dann bei ihm sein würde: gesund und munter.
Britneys Verschwinden machte nun landesweit Schlagzeilen. In dem engen, beklemmenden Raum, den sich das Ermittlungsteam teilte, machte sich Bunkermentalität breit, während angespannte Gesichter auf Angela Hamil glotzten, die auf Sky News sediert, aber sichtlich bewegt darum bat, ihre Tochter heil zu ihr zurückzuschicken. Mit Gary Forbes hatten sie von Anfang an eine Niete gezogen, doch die Enttäuschung deines Teams war trotzdem spürbar. Alle, bis auf Amanda Drummond vielleicht, starrten dich an, als hättest du in einer Runde von Schwerstalkoholikern plötzlich O-Saft bestellt. Sie hatten Blut geleckt. Sie würden sich ihre Beute nicht abjagen lassen. Man kann ein Rudel hungriger Löwen nicht davon überzeugen, dass es das falsche Zebra gerissen hat. Du hattest seit dem Thailandurlaub nicht mehr so engen Kontakt mit Gillman gehabt. Du ertapptest dich dabei, mit den Fingern nervös gegen deine Nase zu tippen.
Aber der Mann, hinter dem alle her waren, blieb unauffindbar. Du hast in Begleitung von Amanda DrummondAngela Hamil einen Besuch abgestattet. Die Hilflosigkeit und dein schlechtes Gewissen, weil du dich für den naheliegendsten Tatverdächtigen nicht begeistern konntest, veranlassten dich, eine härtere Gangart einzulegen. Du hast auf Angelas abgewetzter Couch gesessen, einen gesprungenen Becher mit milchdünnem Tee in der Hand.– Ihr Dad ist arbeitslos, und Sie arbeiten ganztags. Trotzdem hilft er Ihnen nie mit den Kindern?
Derart bedrängt, hatte Angela die müden Augen mit den dunklen Ringen niedergeschlagen.– Er kann nicht gut mit Kindern, hatte sie gemurmelt, einen letzten trostspendenden Zug an ihrer Zigarette gemacht und sie dann ausgedrückt.
Ihre Passivität und Resignation ärgerten dich, und es kostete dich große Mühe, es nicht zu zeigen.– Warum wollen Sie Ihrem Vater die Mädchen nicht anvertrauen?
Angelas Atem ging gepresst und flach, während sie sich eine neue Zigarette ansteckte; es machte fast den Eindruck, als fürchte sie, es könnte tödlich ausgehen, versehentlich Luft ohne Beimengung von Tabakrauch zu inhalieren. Du stelltest dir bildlich vor, wie sie eines Tages vergessen würde,
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