Crimson - Teuflische Besessenheit (German Edition)
Paris befindet. Sie wich lediglich von der Höhe des Glockenturms ab; dieser hier ragte glücklicherweise nicht ganz so weit hinauf.
Dieses ganze Wissen stammte aus meiner aktiven Zeit beim FBI, als ich damals immer am Fisher-Building vorbeigehen musste, das mich so fasziniert hatte, dass ich die Abende oft in der Bibliothek verbrachte, um über die Bauweisen der Menschen zu lernen. Das hatte mich schon immer in seinen Bann gezogen, und ich musste wirklich zugeben, dass mir diese Kirche ähnliche Gefühle bescherte. Meine Anspannung sank drastisch, während mein Wunsch, noch mehr über das alte Gemäuer zu erfahren, wuchs.
Es war schon seltsam. Die ganzen Jahre lang hatte ich einen Teil meiner Freizeit damit verbracht, alte Bauten auf Fotos zu begutachten, sie zu studieren und mich an der Maserung der alten Mauern zu ergötzen, und nun war ich tatsächlich in solch einem Gebäude. War das etwa eine Vorsehung? Konnte mein Geist meine Zukunft voraussehen? Oder war das wieder einer der Zufälle? Doch bekanntlich gab es bei den Chlysten keine Zufälle, der allgöttliche Plan bestimmte wohl eines jeden Schicksal, und egal, wie man sich dagegen auch sträubte, es führte einen immer wieder zu den eigenen Wurzeln zurück. Mein Glaube an die Dunkelroten glich einer Droge, einem inneren Verlangen, das mir einen neuen Weg aufzeigen wollte. Konnte ich mich nun als religiösen Fanatiker bezeichnen?
Unter meinem gefütterten Mantel, den ich soeben abgelegt hatte, kam ein weiteres Kleidungstück hervor, das ich schon seit meiner Ankunft bei den Freimaurern trug. Jedoch war es nicht die eisige Temperatur, die in mir den Wunsch aufkommen ließ, es zu tragen. Der Stoff selbst war nicht allzu dick, konnte also nicht viel von der Kälte abhalten, jedoch hatte er etwas Wärmendes an sich. Eine Wärme, die einem Gefühl gleichkam, dass ich vor vielen Jahren einmal verspürt hatte: Familienliebe! Es spendete Behaglichkeit und Energie. Es war wie ein Schutzmantel gegenüber den Ungläubigen, eine Weste, die die Macht in sich trug, Gut und Böse zu unterscheiden, ein von Gott gegebenes Erbe an diejenigen, die sich der Gnosis unterworfen haben.
Während meine Blicke den Kapuzengestalten in der Kirchenhalle galten, streifte ich mir die eingenähte Kopfbedeckung über, deren Farbe mir sagte, dass ich mich auf dem rechten Pfad befand: Dunkelrot!
Auf dem Altar unter mir standen, je an den Rändern, vier schwarze Kerzen, die einen ungewöhnlichen Duft verströmten. Wenn mich meine Sinne nicht täuschten, konnte man den Geruch als sinnlich und aphrodisierend bezeichnen. Weiß der Teufel, was die in das Wachs hineingemischt hatten; es wirkte jedenfalls extrem, zumindest bei mir.
Plötzlich hörte ich, wie die große zweiflüglige Kirchentür knarrend geöffnet wurde. Das aus Metall bestehende Tor war verziert mit Schnitzereien, die Engel darstellten, deren Hände betend zu ihrem Herrn gerichtet waren. Kaum hatten sich die Torflügel geöffnet, vernahm ich schon einen monotonen Sprechgesang, der mir tief in die Seele vordrang. Es war wie eine Art von Balsam, der mir neues Leben einhauchte, und mich beinahe in Ohnmacht fallen ließ. Was war nur eben mit mir geschehen?
Während der Sprechgesang immer deutlicher wurde, sah ich, wie eine Schar von Chlysten den Kirchensaal betrat. Jeder von ihnen hielt eine schwarze Kerze in den Händen. Ich versuchte die Worte besser zu verstehen und lauschte wie ein Luchs. »Grigori Rasputin Rex Chlysten«, waren ihre Worte, welche sie stetig wiederholten.
Meine Blicke suchten krampfhaft nach dem Messias, wanderten durch die Reihen, versuchten über das Kirchentor zu sehen, aus dem immer mehr von den Dunkelroten eintraten, doch ich konnte niemanden erspähen, der dem neuen Jesus glich.
Der großen Gruppe rot gekleideter Mönche folgten nackte Frauen, die jede einen goldenen Kelch mit sich führten, dessen Inhalt eine schwarze Flüssigkeit war. Angeführt wurde die Gruppe von einer Person, deren Anblick mich völlig aus der Bahn warf: Elsa! Aber wie konnte das sein? Als ich vor ungefähr zwei Stunden aufgebrochen war, hatten wir noch kurz zuvor im Bett gelegen. Doch sofort fiel mir das Minensystem mit den unterirdischen Schienen ein, von dem Teasle erzählt hatte. Und da höchstwahrscheinlich alles miteinander verbunden war, konnte ich davon ausgehen, dass Elsa den direkten Weg von Crimson nach Downfall genommen und das den Zeitaufwand erheblich vermindert hatte. Deshalb hatte sie mir auch am Abend zuvor
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