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Crisis

Titel: Crisis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Brille hinweg zu Tony Fasano hinübersah.
    »Ist der Kläger bereit?«, fragte Richter Davidson. Er hatte den Geschworenen bereits erklärt, dass das Verfahren mit der Eröffnung des klägerischen Anwalts beginnen würde.
    »Einen Moment noch, Euer Ehren«, sagte Tony. Er beugte sich zu seiner Assistentin, Ms Reff, hinüber und flüsterte ihr etwas zu. Sie nickte und reichte ihm dann einen Stapel Karteikarten.
    Während dieser kurzen Verzögerung versuchte Craig, einen ersten Kontakt zu den Geschworenen herzustellen, wie Randolph es ihm empfohlen hatte, indem er jeden einzelnen von ihnen anschaute und dabei auf Blickkontakt hoffte. Dabei betete er, dass sich seine Gedanken nicht in seiner Miene widerspiegelten. In seinen Augen war die Vorstellung, dass dieser bunt gemischte Haufen von Laien seinesgleichen sein sollte, bestenfalls lächerlich. Zu den Geschworenen gehörte ein lässiger Feuerwehrmann, unter dessen blütenweißem T-Shirt sich seine schwellenden Muskeln abzeichneten, ein paar Hausfrauen, die von dieser Erfahrung geradezu elektrisiert wirkten, und eine blauhaarige pensionierte Lehrerin, die genauso aussah, wie man sich eine Großmutter vorstellte. Ein übergewichtiger Klempnergehilfe in Jeans und dreckigem T-Shirt hatte einen Fuß auf das vordere Geländer der Geschworenenbank gelegt. In scharfem Kontrast dazu saß neben ihm ein gut gekleideter junger Mann mit einem scharlachfarbenen Einstecktuch, das aus der Brusttasche seines hellbraunen Leinenjacketts quoll. Als Nächste kam eine züchtige Krankenschwester asiatischer Herkunft mit im Schoß gefalteten Händen. Daneben saßen zwei einfache Geschäftsleute in Polyesteranzügen, die nicht nur offensichtlich gelangweilt wirkten, sondern auch wütend darüber, dass sie gezwungen worden waren, ihren staatsbürgerlichen Pflichten nachzukommen. Gleich hinter diesen beiden saß in der zweiten Reihe ein begüterter Börsenmakler.
    Craigs Verzweiflung wuchs, während sein Blick von einem Geschworenen zum nächsten wanderte. Abgesehen von der asiatischen Krankenschwester war keiner von ihnen bereit, auch nur kurz Blickkontakt mit ihm aufzunehmen. Ihm drängte sich das Gefühl auf, dass außer der Krankenschwester wahrscheinlich keiner dieser Leute eine Ahnung davon haben konnte, was es bedeutete, in der heutigen Welt Arzt zu sein. Und wenn er diese Erkenntnis mit seinem Auftritt bei der Befragung im Beweiserhebungsverfahren, Leonas bevorstehender Aussage und den Bewertungen der Sachverständigen des Klägers kombinierte, erschienen ihm die Chancen für einen glücklichen Ausgang des Verfahrens bestenfalls winzig. Es war alles furchtbar deprimierend, und doch ein passender Abschluss für acht grauenvolle Monate voller Angst, Kummer, Isolation und Schlaflosigkeit. Craig war sich bewusst, dass sich diese Erfahrung äußerst negativ auf ihn auswirkte und ihm sein Selbstvertrauen, seinen Gerechtigkeitssinn, seine Selbstachtung und sogar seine Liebe zum Arztberuf raubte. Während er dort saß und die Geschworenen betrachtete, fragte er sich, ob er, unabhängig vom Ausgang des Prozesses, jemals wieder der Arzt werden könne, der er einmal gewesen war.
     

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    Kapitel 2
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    Boston, Massachusetts Montag, 5. Juni 2006 10.55 Uhr

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    Tony Fasano umklammerte die Ränder des Rednerpults, als wäre es die Steuerung eines riesigen Videospiels. Sein mit Pomade nach hinten geklatschtes Haar glänzte eindrucksvoll. Der große Diamant in seinem goldenen Ring blitzte im Sonnenlicht. Seine Goldnugget-Manschettenknöpfe waren deutlich zu sehen. Ungeachtet seiner vergleichsweise geringen Größe verhalf ihm seine stämmige Statur zu einer Respekt einflößenden Erscheinung, und sein kräftiger, dunkler Teint verlieh ihm trotz der blassgelben Wände des Gerichtssaals einen gesunden Anschein.
    Er stellte lässig einen Fuß auf den Fußlauf des Pults und begann mit seinem Eröffnungsplädoyer: »Meine Damen und Herren Geschworenen, ich möchte Ihnen sagen, wie dankbar ich Ihnen dafür bin, dass Sie meinem Mandanten, Jordan Stanhope, rechtliches Gehör ermöglichen.«
    Tony hielt inne und warf einen Blick hinter sich zu Jordan, der ungerührt und reglos wie eine Schaufensterpuppe dasaß. Er war perfekt gekleidet und trug einen dunklen Anzug, aus dessen Brusttasche ein weißes Tuch mit gezacktem Rand hervorlugte. Seine manikürten Hände lagen gefaltet vor ihm, und seine Miene war ausdruckslos.
    Daraufhin drehte Tony sich um und nahm wieder Blickkontakt mit den Geschworenen auf.

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