Crisis
Daran hat sich bis heute nicht viel geändert, und deswegen hoffe ich, dass Sie nicht allzu streng mit mir sein werden.«
Ein paar der Geschworenen lächelten und nickten verständnisvoll.
»Wir werden durch Zeugenaussagen belegen, dass sich Dr. Bowmans berufliches Leben vor knapp zwei Jahren dramatisch änderte. Davor hatte er eine ganz normale Praxis, in der man für erbrachte Leistungen bezahlte. Dann wechselte er. Er wurde Partner in einer erfolgreichen Concierge-Praxis, die er in der Zwischenzeit praktisch übernommen hat.«
»Einspruch!«, sagte Randolph. »In dieser Verhandlung geht es nicht um die Art von Dr. Bowmans Praxis.«
Richter Davidson seufzte frustriert. »Mr Fasano, ist die Art von Dr. Bowmans Praxis relevant für das Thema, das wir an meinem Tisch besprochen haben?«
»Unbedingt, Euer Ehren.«
»Einspruch abgelehnt. Fahren Sie fort.«
»Nun«, sagte Tony, wobei er wieder die Geschworenen anschaute, »ich sehe hier ein paar ziemlich Verständnislose Gesichter vor mir, wenn ich den Begriff Concierge-Medizin verwende. Und wissen Sie, woran das liegt? Weil es viele Menschen gibt, die nicht wissen, was das ist, mich eingeschlossen, bis ich diesen Fall hier übernommen habe. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von ärztlicher Betreuung auf Vorschuss-Basis, was bedeutet, dass die Patienten, die in eine solche Praxis aufgenommen werden wollen, jedes Jahr im Voraus einen Haufen Kohle rausrücken müssen. Und wir reden hier über richtig viel Geld, bei manchen Praxen über zwanzigtausend Dollar pro Person und Jahr! Nun, Dr. Bowman und sein Partner Dr. Ethan Cohen, der sich größtenteils schon in den Ruhestand zurückgezogen hat, verlangen nicht so viel, aber sie verlangen doch schon einiges. Wie Sie sich leicht vorstellen können, existieren solche Praxen zwangsläufig nur in wohlhabenden, anspruchsvollen Gegenden wie einigen unserer großen Städte oder in Nobelorten wie Palm Beach und Naples in Florida oder Aspen, Colorado.«
»Einspruch!«, sagte Randolph. »Euer Ehren, hier wird nicht über Concierge-Medizin verhandelt.«
»Da bin ich anderer Ansicht, Euer Ehren«, sagte Tony und sah zum Richter auf. »In gewisser Weise wird hier durchaus auch über Concierge-Medizin verhandelt.«
»Dann machen Sie die Verbindung zum vorliegenden Fall deutlich«, entgegnete Richter Davidson gereizt. »Einspruch abgelehnt.«
Tony wandte sich wieder den Geschworenen zu. »Nun, was bekommen die Leute in einer Concierge-Praxis als Gegenleistung für den ganzen Schotter, den sie im Voraus abdrücken, abgesehen davon, dass sie aus der Praxis fliegen und man sie eiskalt ihrem Schicksal überlässt, wenn sie nicht mehr zahlen? Sie werden eine Zeugenaussage hören, in der Ihnen dargelegt wird, worauf die Patienten angeblich ein Anrecht haben. Dazu gehört garantierter Zugang zu ihrem Arzt, vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Dazu Handynummer und E-Mail-Adresse und die Garantie, bei Terminen nicht warten zu müssen, zwei Punkte, bei denen ich persönlich der Ansicht bin, dass sie jedem zustehen sollten, ohne dass man einen Vorschuss dafür zahlen müsste. Aber das Wichtigste in Verbindung mit diesem Fall ist die Möglichkeit, den Arzt zu Hausbesuchen kommen zu lassen, wenn diese angebracht und erwünscht sind.«
Tony hielt einen Moment inne, damit sich seine Worte in den Köpfen der Geschworenen festsetzen konnten. »Im Laufe der Verhandlung werden Sie hören, dass Dr. Bowman am Abend des 8. September 2005 Karten für die Symphony Hall für sich und seine Geliebte hatte, die damals mit ihm zusammenlebte, während seine Frau und die lieben Töchter zu Hause Trübsal bliesen. Nachdem er nun wieder ins traute Familienheim zurückgekehrt ist, würde ich zu gerne die Frau des Herrn Doktor in den Zeugenstand rufen, aber das ist mir auf Grund ihres Zeugnisverweigerungsrechts leider verwehrt. Sie muss eine wahre Heilige sein.«
»Einspruch«, sagte Randolph, »aus dem bereits angeführten Grund.«
»Stattgegeben.«
»Außerdem werden Sie Zeugen hören«, fuhr Tony fast ohne Unterbrechung fort, »die aussagen werden, dass es allgemein Standard bei Verdacht auf einen Herzinfarkt ist, den Patienten unverzüglich ins Krankenhaus zu schaffen, damit er behandelt werden kann. Und ich übertreibe nicht, wenn ich unverzüglich sage, denn in solchen Fällen entscheiden Minuten, vielleicht sogar Sekunden, über Leben und Tod. Sie werden hören, dass Dr. Bowman darauf bestand, einen Hausbesuch zu machen, obwohl
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