Crisis
Büroklammer. Sie war offensichtlich hin- und hergerissen zwischen den Bedürfnissen von Jacks Schwestern und ihren eigenen. »Ich brauche dich nicht daran zu erinnern, dass heute Montagnachmittag ist und unsere Hochzeit für Freitag um halb zwei angesetzt ist.«
»Ich weiß, aber du und deine Mutter, ihr kümmert euch doch um alles. Meine Aufgabe war die Hochzeitsreise, und dafür ist alles erledigt.«
»Was ist mit Warren?«
»Angeblich ist er total cool, aber ich werde noch mal nachfragen.« Jack hatte sich nicht entscheiden können, wer sein Trauzeuge sein sollte, Warren oder Lou. Schließlich war es auf Streichholzziehen hinausgelaufen, und Warren hatte gewonnen. Abgesehen von Warren und Lou hatte Jack nur noch seinen Bürokollegen Dr. Chet McGovern und ein paar seiner Freunde vom Basketball eingeladen. Aus einer Vielzahl von Gründen hatte er es bewusst vermieden, Verwandte einzuladen.
»Und du?«
»Ich bin bereit.«
»Muss ich mir Sorgen machen, wenn du nach Boston fliegst und den Töchtern deiner Schwester begegnest? Du hast mir irgendwann erzählt, dass das ein Problem für dich ist. Wie alt sind sie jetzt?«
»Fünfzehn, elf und zehn.«
»Waren deine beiden Töchter nicht auch elf und zehn Jahre alt?«
»Ja.«
»Nach allem, was du mir im Laufe der Jahre anvertraut hast, mache ich mir Sorgen, dass du in deiner Entwicklung zurückgeworfen werden könntest, wenn du gezwungen bist, dich mit ihnen auseinanderzusetzen. Wo wirst du übernachten?«
»Bei ihnen zu Hause! Alexis hat darauf bestanden.«
»Mir ist egal, ob sie darauf bestanden hat. Fühlst du dich wohl bei dem Gedanken, bei ihnen zu übernachten? Wenn nicht, dann hör auf dich und geh in ein Hotel. Ich will nicht, dass dich diese Begegnung so weit zurückwirft, dass du vielleicht beschließt, jetzt plötzlich doch nicht mehr heiraten zu wollen. Möglicherweise reißt dein Besuch dort oben alte Wunden wieder auf.«
»Du kennst mich einfach zu gut. Über all das habe ich auch schon nachgedacht. Und ich habe das Gefühl, es ist ein gutes Zeichen, dass ich mir Gedanken über das Risiko mache, statt es einfach zu ignorieren! Alexis hat mir vorgeworfen, zu Vermeidungsverhalten zu neigen.«
»Als ob ich das nicht wüsste, so lange, wie du gebraucht hast, um dich an den Gedanken zu gewöhnen, mich zu heiraten.«
»Jetzt werd nicht gleich gemein«, antwortete Jack lächelnd. Er wartete einen Moment, um sicher zu sein, dass sie verstanden hatte, dass er nur scherzte. Denn was sie gesagt hatte, entsprach der Wahrheit. Lange Jahre hatten Jacks Schuldgefühle und seine Trauer ihm das Gefühl gegeben, er habe nicht das Recht, glücklich zu sein. Er hatte sogar geglaubt, dass eigentlich er hätte sterben sollen, nicht Marilyn und die Mädchen.
»Es wäre armselig von mir, zu versuchen, dir diesen Besuch auszureden«, fuhr Laurie in ernstem Ton fort. »Aber ich wäre nicht aufrichtig, wenn ich dir verschweigen würde, dass ich nicht gerade glücklich darüber bin, sowohl aus selbstsüchtigen Motiven als auch aus Sorge um dich. Wir wollen Freitag heiraten. Ruf mich nicht von Boston aus an und schlage vor, die Hochzeit zu verschieben. Wenn du das tust, wird sie nicht verschoben, sondern abgesagt. Ich hoffe, du fasst das nicht als eine übertriebene Drohung auf.
So empfinde ich nun mal nach all der Zeit. Und nun tu, was du tun musst.«
»Danke. Ich kann verstehen, wie du dich fühlst. Es hat lange gedauert, bis ich wieder zur Normalität zurückgefunden habe.«
»Wann willst du fliegen?«
Jack warf einen Blick auf die Uhr. Es war kurz vor vier. »Jetzt gleich, nehme ich an. Ich fahre in die Wohnung, schnappe mir ein paar Sachen und mache mich auf den Weg zum Flughafen.« Zurzeit wohnten er und Laurie im Erdgeschoss von Jacks altem Haus in der 106th Street. Sie waren aus dem dritten Stock nach unten gezogen, weil das ganze Gebäude saniert wurde. Jack und Laurie hatten es sieben Monate zuvor gekauft und den Fehler begangen, während der Bauarbeiten dort wohnen zu bleiben.
»Rufst du mich heute Abend an?«
»Natürlich.«
Laurie stand auf, und sie umarmten sich.
Jack verlor keine Zeit mehr. Nachdem er noch ein paar Kleinigkeiten auf seinem Schreibtisch erledigt hatte, ging er hinunter ins Untergeschoss und holte sein Fahrrad aus der Ecke, wo er es immer abstellte. Mit seinem Helm, den Fahrradhandschuhen und einer Klammer am rechten Hosenbein strampelte er die 30th Street hinauf, ehe er in die First Avenue einbog und in nördlicher Richtung
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