Crisis
Ladezone an der 30th Street herein. Er wandte sich nach rechts und ging über den fleckigen nackten Betonboden an dem großen begehbaren Kühlraum und den Einzelkühlfächern vorbei. Als er den Sektionsraum erreichte, sah er durch das Drahtglasfenster hinein. Zwei Gestalten in kompletten Schutzanzügen waren gerade dabei, aufzuräumen. Eine einzelne Leiche mit einer vernähten Sektionsnarbe lag auf dem ersten Tisch. Die Autopsie war offensichtlich beendet.
Jack öffnete die Tür einen Spaltbreit und fragte mit lauter Stimme nach Dr. Montgomery. Eine der Gestalten antwortete, dass sie vor fünf Minuten gegangen sei. Leise vor sich hin fluchend, machte Jack kehrt und fuhr mit dem Aufzug zurück in den vierten Stock. Während der Fahrt überlegte er hin und her, wie er die Situation für Laurie leichter machen könnte. Er ahnte, dass sie von dieser neuen Entwicklung nicht gerade begeistert sein würde, vor allem da ihre Mutter sie wegen der Feier am Freitag so unter Druck setzte.
Er fand sie in ihrem Büro, wo sie gerade dabei war, ihren Schreibtisch zu ordnen. Sie war offensichtlich gerade erst angekommen. Riva telefonierte immer noch und ignorierte sie beide. »Was für eine nette Überraschung«, begrüßte Laurie ihn fröhlich.
»Hoffentlich«, entgegnete Jack. Er lehnte sich an ihren Schreibtisch und schaute zu ihr hinunter. Es gab keinen weiteren Stuhl. Die Rechtsmediziner waren in dem veralteten Gebäude des Instituts nicht nur gezwungen, sich zu zweit ein Büro zu teilen, diese waren darüber hinaus auch noch klein. Außer zwei Schreibtischen und zwei Aktenschränken hatte in dem Raum nichts mehr Platz.
Fragend ruhten Lauries blaugrüne Augen auf ihm. Ihr Haar hatte sie auf dem Kopf mit einer Klammer aus Schildpattimitat gebändigt. Ein paar lose Strähnen kringelten sich vor ihrem Gesicht. »Was meinst du mit ›hoffentlich‹? Was um Himmels willen möchtest du mir erzählen?«, fragte sie argwöhnisch.
»Meine Schwester Alexis hat gerade angerufen.«
»Wie schön. Geht es ihr gut? Ich habe mich schon gefragt, warum ihr beide nicht häufiger Kontakt habt, vor allem seit sie und ihr Mann diese Probleme haben. Sind sie noch zusammen?«
»Es geht ihr gut, und ja, sie sind noch zusammen. Sie hat seinetwegen angerufen. Er macht gerade eine schwierige Phase durch. Jemand hat ihn wegen eines Behandlungsfehlers verklagt.«
»Oh, wie schade, vor allem, wo du erzählt hast, dass er ein so guter Arzt sei. Ich hasse es, so etwas zu hören, gerade bei allem, was wir Rechtsmediziner über manche Ärzte wissen, die tatsächlich verklagt werden sollten.«
»Schlechte Ärzte haben ein viel besseres Risiko-Management, um ihre mangelnden Fähigkeiten und Kenntnisse auszugleichen.«
»Was ist los, Jack? Ich weiß, dass du nicht hergekommen bist, um mit mir über die momentane Mode des Ärzte-Verklagens zu reden, da bin ich mir sicher.«
»Offensichtlich läuft der Prozess meines Schwagers nicht gut, zumindest Alexis zufolge, und da sein ganzes Ego daran hängt, Arzt zu sein, vermutet sie, dass er dekompensieren wird, wenn er verliert. Außerdem glaubt sie, dass dann ihre Ehe und die ganze Familie endgültig auseinanderbrechen wird. Wenn Alexis keinen Doktor in Psychologie hätte, würde ich dem Ganzen vielleicht nicht unbedingt viel Bedeutung beimessen, aber da sie ihn nun mal hat, muss ich annehmen, dass sie mit ihrer Einschätzung richtig liegt.«
Laurie neigte den Kopf ein paar Grad zur Seite, um Jack aus einem leicht veränderten Blickwinkel zu betrachten. »Du willst ganz offensichtlich auf etwas hinaus, und ich ahne, dass es mir nicht gefallen wird.«
»Alexis hat mich gebeten, so schnell wie möglich nach Boston zu kommen, um zu versuchen, ihnen zu helfen.«
»Wie um Himmels willen sollst du ihnen denn helfen?«
»Wahrscheinlich nur, indem ich Händchen halte. Ich war genauso skeptisch wie du, und das habe ich ihr auch gesagt, aber sie hat mich praktisch angefleht zu kommen. Um ehrlich zu sein, sie hat mich bei meinem schlechten Gewissen gepackt.«
»Ach, Jack«, murmelte Laurie klagend. Sie atmete tief ein. »Wie lange wirst du weg sein?«
»Ich hoffe, nur einen Tag. Das habe ich auch Calvin gesagt.« Dann fügte er hastig hinzu: »Ich war in deinem Büro, um zuerst mit dir zu reden, und als ich erfahren habe, dass du unten in der Grube warst, habe ich auf dem Weg dahin kurz bei Calvin Halt gemacht.«
Laurie nickte. Sie sah auf ihre Schreibtischplatte hinunter und spielte mit einer herumliegenden
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