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Crisis

Titel: Crisis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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keinen Fall«, erwiderte Noelle. »Ich sage aus, weil die Patientin mit Verzögerung ins Krankenhaus gebracht wurde. Jeder weiß, dass es nach einem Myokardinfarkt von entscheidender Bedeutung ist, so schnell wie möglich mit der Fibrinolyse- und Reperfusionstherapie zu beginnen. Wenn diese Auffassung in zweiter Linie etwas über meine Ansichten zur Concierge-Medizin aussagt, meinetwegen!«
    »Hören Sie, ich respektiere Ihren Standpunkt, Dr. Everette, und ich bin nicht hier, um zu versuchen, Sie vom Gegenteil zu überzeugen. Glauben Sie mir! Ich bin hier, um Sie nach dem Grad der Zyanose zu fragen, die die Patientin aufwies. Können Sie sich daran genauer erinnern?«
    Noelle entspannte sich ein wenig. »Genauer würde ich nicht sagen, Zyanose ist ein häufiges Symptom bei schweren Herzerkrankungen.«
    »Die Schwester in der Notaufnahme hat notiert, dass die Patientin eine zentrale Zyanose aufwies. Ich meine, sie hat ausdrücklich vermerkt, dass es eine ›zentrale‹ Zyanose gewesen sei.«
    »Hören Sie, als die Patientin hier ankam, war sie fast tot, mit geweiteten Pupillen, vollkommen schlaffen Muskeln und ausgeprägter Bradykardie mit totalem AV-Block. Wir konnten ihr Herz nicht mit einem Defibrillator zum Schlagen bringen. Die Zyanose war nur ein Teil des Gesamtbilds.«
    »Na gut. Danke, dass Sie sich Zeit für mich genommen haben«, sagte Jack. Er stand auf.
    »Gern geschehen«, erwiderte Noelle.
    Auf dem Rückweg hinunter in die Notaufnahme war Jack noch pessimistischer, was den Ausgang des Verfahrens betraf, als vorher. Dr. Noelle Everette würde eine eindrucksvolle Sachverständige für die Klägerseite abgeben, nicht nur auf Grund ihrer fachlichen Kompetenz als Kardiologin, sondern auch, weil sie sich verständlich ausdrückte, eine engagierte Ärztin war und unmittelbar mit dem Fall zu tun gehabt hatte. »Die Zeiten haben sich geändert«, murmelte Jack vor sich hin, als er daran dachte, dass es früher schwierig gewesen war, einen Arzt zu finden, der bereit war, gegen einen anderen Arzt auszusagen. Er hatte den Eindruck, dass Noelle sich regelrecht auf ihre Zeugenaussage freute, und trotz ihrer Beteuerungen lag dies zum Teil in ihrer Antipathie gegenüber der Concierge-Medizin begründet.
    Als Jack wieder in der Notaufnahme eintraf, hatte die Schicht gewechselt. Obwohl es immer noch ruhig war, musste er noch eine Weile warten, bis er mit der Schwester und dem Arzt reden konnte, während diese die nötigen Informationen über die anwesenden Patienten erhielten, die auf die Resultate ihrer Untersuchungen oder das Eintreffen ihrer behandelnden Ärzte warteten. Es war fast halb vier, als sich Jack endlich mit ihnen in der kleinen Ruhezone für das Personal gleich hinter dem Aufnahmeschalter zusammensetzen konnte. Beide waren jung. Jack schätzte sie auf Anfang dreißig.
    Zu Beginn wiederholte Jack im Wesentlichen das, was er auch schon zu Noelle gesagt hatte, aber das Notaufnahme-Personal reagierte darauf sehr viel weniger emotional oder kritisch. Tatsächlich erklärte Georgina in ihrer übersprudelnden Art, dass sie von Craig sehr beeindruckt gewesen sei.
    »Ich meine, wie viele Ärzte fahren denn schon mit ihren Patienten im Krankenwagen in die Notaufnahme? Ich kann Ihnen sagen, nicht viele. Dass er verklagt wurde, ist einfach lächerlich. Es ist doch ein Zeichen dafür, dass etwas schiefläuft in unserem System, wenn solche Aasgeier wie dieser Anwalt, ich kann mich an seinen Namen nicht mehr erinnern, einfach über Ärzte wie Dr. Bowman herfallen können.«
    »Tony Fasano«, half Jack aus. Er freute sich, zu hören, dass jemand der gleichen Ansicht war wie er, auch wenn er sich fragte, ob Georgina die pikante Seite von Craigs Geschichte gehört hatte, vor allem da Leona ihn in jener verhängnisvollen Nacht in die Notaufnahme begleitet hatte.
    »Genau, das war’s: Tony Fasano. Als er zum ersten Mal hier herumgeschnüffelt hat, dachte ich, er wäre ein Statist aus einem Gangsterfilm. Ehrlich. Ich meine, ich konnte mir nicht vorstellen, dass der Typ tatsächlich echt war. Hat er wirklich Jura studiert?«
    Jack zuckte die Achseln.
    »Na ja, auf jeden Fall nicht in Harvard, das kann ich Ihnen versichern. Wie auch immer, ich glaube kaum, dass er mich in den Zeugenstand rufen wird. Ich habe ihm ganz genau erklärt, was ich von Dr. Bowman halte. Ich finde, er hat großartige Arbeit geleistet. Er hat sogar ein tragbares EKG-Gerät und hatte auch schon auf Biomarker getestet, bevor sie hier in der Notaufnahme

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