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CROMM - Das Dorf findet dich

CROMM - Das Dorf findet dich

Titel: CROMM - Das Dorf findet dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner , Christian Sidjani
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schwergefallen, weiter als bis zu seinen Beinen zu sehen, an denen sich die Frau zu schaffen gemacht hatte. Obwohl er sich in einer sitzenden Position befand, konnte er sich nicht richtig nach vorn beugen. Etwas hielt ihn davon ab. Eine weitere Fessel, wie jene, die bei Martin um die Hüfte gespannt worden war.
    Stattdessen schaute Jakob zu Remo hinüber, dessen Kleidung nass war und dessen Hemd an seinem Oberkörper klebte, ebenso bei Martin. Er hatte recht. Bei beiden wölbte sich etwas am Bauch, wie ovale Bälle. In der Mitte ihrer Oberkörper zeichnete sich deutlich eine Kontur ab. Etwas, das Jakob Angst machte.
    »Hab ich das auch?!« schrie Martin, »Ich kann nichts sehen. Die Wichser haben mich irgendwie festgemacht. Hab ich das auch am Bauch?!«
    Jakob wollte sich von Martins Panik nicht anstecken lassen. Im Gegensatz zu vorhin konnte er diesmal ruhig bleiben. Als würde Martin all die Panik des Raumes in sich aufsaugen und nichts davon abgeben. Auch Remo blieb ruhig, als er antwortete.
    »Ja, Martin. Ich sehe da was an deinem Bauch.«
    »Oh Gott«, sagte Martin, »Oh Gott, nein. Was haben die bloß mit uns gemacht?«
    Er rüttelte an seinen Ketten und er schrie dabei, als er vergeblich zog.
    »Ich kann es spüren!«, rief er, »Verdammt, es bewegt sich an meinem Bauch.«
    Jakob spürte es auch. Das klamme T-Shirt, das an ihm klebte, drückte das Etwas fester gegen ihn. Aber es bewegte sich nicht. Es war einfach da, wie diese Füllung, die er vorhin gespürt hatte. Etwas war da an ihm. Er glaubte, wenn er ruhig blieb, würde ihm nichts passieren.
    »Nehmt es weg!«, schrie Martin plötzlich. Und schrie weiter, aber nur unverständliche Laute. Wie von Sinnen zerrte er an seinen Ketten. Er versuchte, mit den Beinen zu strampeln und es sah aus wie ein kleines Kind, das sich aus seinem Sitz nicht befreien konnte. »Nehmt es weg! Ich spüre, wie es in mir ist, es will mich von innen. Nehmt es weg! Mein Gott, Leute, macht was! Ich will hier nicht so sterben. Bitte. Nehmt es weg!«
    »Martin!«, sagte Remo und bemühte sich, lauter zu sein. Auch er hatte wohl von dem Wasserstrahl getrunken, denn seine Stimme klang fester. »Martin! Beruhige dich. Wir können das nicht wegnehmen. Keiner kann das. Wir müssen abwarten.«
    Die Stille, die einkehrte, fuhr Jakob in den Körper. Es war dieser Moment, als sich seine Härchen auf der Haut aufstellten. Er wusste, das war die Ruhe vor dem Sturm. Er kannte Martin gut genug, dass er nicht aufhören würde. Er musste immer das bekommen, was er wollte. Und in so einer Situation war das fatal. Darum erschrak Jakob sich zwar, als Martin wieder zu schreien begann, noch lauter und hysterischer als zuvor, aber es überraschte ihn nicht.
    »Scheiße! Ich will, dass es weg ist! Es ist an meinem Bauch! Oh Gott, scheiße!«
    Wieder klackerte er mit den Ketten, diesmal riss er daran, hob seine Arme noch weiter an und ließ sie mit einem Ruck herunterfahren, wieder und wieder, bis Jakob meinte, etwas knacken zu hören. Und weil Martin die ganze Zeit schrie, wusste er nicht, ob es nun von neuen Schmerzen kam oder von der Panik. Ein grausames Konzert der Ketten und Schreie war entfacht, des Rumpelns und Polterns. Martin wandte sich hin und her, wie es ihm möglich war. Er starrte nach oben zu den Fesseln.
    »Ich will hier raus!«
    Remo schwieg, Jakob schwieg, aber es tat ihm weh, so seinen Freund zu hören. Martin hob sich so weit er konnte an und ließ sich wieder fallen, noch einmal und noch einmal. Dann begann er damit, seine Hände gegen die Wand hinter sich zu schlagen. Als er innehielt, hoffte Jakob, dass er jetzt endlich fertig war mit dieser sinnlosen Hysterie. Dann sagte Martin:
    »Ich weiß, wie es geht.«
    Er lachte so verzweifelt wie unheimlich. Wahnsinnig in seiner Panik. Jakob konnte nicht genau sehen, was Martin tat, nur dass er sich wieder anhob, kurz inne hielt, und dann wieder gegen die Mauer schlug. Begleitet von einem Kampflaut schlug er seine Hände wieder und wieder gegen den Stein, bis etwas knackte, lauter als zuvor, und Martins Hand plötzlich frei war. Triumphierend hielt er sie vor sein Gesicht.
    »Ich sagte doch, ich komme frei, Leute!«, sagte er und klang wie ein glückliches Kind, das sein Eis bekommen hatte. Dann sah Jakob Martins Daumen, der in einem seltsamen Winkel von der Hand abstand. Aber bevor er realisieren konnte, was das bedeutete, bevor er irgendetwas sagen konnte, griff Martin sich an den Bauch. Erst vorsichtig, klopfte kurz auf die gewölbte

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