Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cromwell, Bernard

Cromwell, Bernard

Titel: Cromwell, Bernard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stonehenge
Vom Netzwerk:
erklärte Camaban geduckt,
dann zeigte er zum Himmel hinauf. »D-d-da, sieh doch!«, rief er aufgeregt.
Galeth blickte in die angegebene Richtung und sah nichts. »Der P-P-Pfeiler!«,
stammelte Camaban. »Der P-P-Pfeiler!«
    Galeth blickte verständnislos drein. »Der Pfeiler?«,
fragte er; dann fiel ihm ein, dass in dem Alten Tempel noch ein Pfeiler des
Totenhauses stehen geblieben war. Er war ein vertrautes Wahrzeichen gewesen,
wie er da so schief aus dem Dickicht von Haselnusssträuchern emporragte - doch
jetzt sah er nur einen zerbrochenen Stumpf. Die untere Hälfte war nach wie vor
im Erdboden verankert, aber die obere Hälfte lag verkohlt und zersplittert im
Gestrüpp. »Er ist von einem Blitz getroffen worden«, überlegte Galeth.
»Slaol«, flüsterte Camaban.
    »Nicht Slaol«, verbesserte Galeth, »sondern Rannos.«
Rannos war der Gott der Blitze.
    »Slaol!«, widersprach Camaban wütend. »Slaol!«
    »Na schön, in Ordnung, Slaol«, meinte Galeth gutmütig. Er
blickte auf den schmutzigen Jungen mit dem verfilzten Haar hinunter, dessen
Gesicht vor Erregung verzerrt war. »Und was weißt du von Slaol?«, fragte er.
    »Er spricht mmmit mir«, erklärte Camaban.
    Galeth berührte seine Lenden, um das Missfallen des Gottes
abzuwenden. »Er spricht mit dir?«
    »Manchmal die ganze Nacht«, gab Camaban Auskunft. »Und er
war wütend, weil L-L-Lengar zurückgekommen ist und d-d-den Schatz gestohlen
hat. Es ist nämlich Slaols Schatz, verstehst du?« Diese letzten Worte hauchte
er nur.
    »Woher weißt du denn, dass Lengar den Schatz gestohlen
hat?«, wollte Camaban wissen.
    »W-W-Weil ich ihn beobachtet habe! Ich war hier. Er
h-h-hat versucht, Saban zu töten, und er hat mich nicht gesehen. Ich war hier
drinnen.« Camaban drehte sich um, um wieder in den Haselnusssträuchern unterzutauchen.
Galeth folgte ihm, während er einen schmalen Trampelpfad entlangkroch, der
durch das hohe Gras und Gestrüpp zu der Stelle führte, wo Camaban biegsame Zweige
zu einer Schutzhütte zusammengeflochten hatte. »Hier wohne ich«, sagte Camaban
und starrte seinen Onkel trotzig an. »Ich bin der H-H-Hüter des Tempels!«
    Galeth hätte angesichts der erbärmlichen Prahlerei des
Jungen vor Mitleid weinen mögen. Camabans Bett bestand aus einem Haufen
regendurchnässter Farne, daneben lag seine kümmerliche Habe: ein Fuchsschädel,
ein zerbrochener Topf und ein Rabenflügel. Seine einzige Kleidung bestand aus
einem zerschlissenen Schafsfell, das wie eine ganze Gerbergrube stank. »Dann
weiß also niemand, dass du hier lebst?«, fragte Galeth.
    »Nur du«, sagte der Junge nun vertrauensvoll. »Ich hab
selbst Saban nichts d-d-davon gesagt. Er bringt mir manchmal Essen, a-a-aber
ich lass ihn die Sachen immer am Fluss ablegen.«
    »Saban bringt dir Essen?«, fragte Galeth, überrascht und
erfreut. »Und du sagst, Slaol spricht hier zu dir?«
    »Jeden T-T-Tag«, stotterte Camaban. Galeth lächelte über
diesen Unsinn; aber Camaban sah es nicht, denn er hatte sich wieder abgewandt
und noch tiefer in das Laub hineingegriffen, um einen kurzen Bogen aus seinem
Versteck zu holen. Es war ein fremdländischer Bogen, der Bogen des Fremden mit
den straff gespannten Sehnen, die um das mit Horn verstärkte Rundholz gewickelt
waren. »L-L-Lengar hat ihn gestern Abend benutzt«, erklärte Camaban. »Der
M-M-Mann lag sowieso im Sterben.« Er hielt inne und blickte seinen Onkel
besorgt an. »Warum will H-H-Hirac mich holen?«, fragte er.
    Galeth zögerte. Er wollte Camaban nicht sagen, dass er
geopfert werden sollte, obwohl es keinen anderen Grund für Hiracs Forderung
geben konnte.
    »Er will mich tttöten«, sagte Camaban ruhig. »Nicht wahr?«
    Widerstrebend nickte Galeth. Am liebsten hätte er seinem
ausgestoßenen Neffen empfohlen wegzulaufen, nach Westen oder Süden in die
Wälder zu fliehen - aber was würde ihm ein solcher Rat schon nützen? Der Junge
würde ohnehin sterben, von wilden Tieren zerrissen oder von Sklavenhändlern
eingefangen, und es wäre besser für ihn, gleich zu Lahanna zu gelangen. »Du
wirst zu der Göttin gehen, Camaban«, tröstete Galeth. »Du wirst ein Stern am
Himmel werden und auf uns herabblicken.«
    »Wann?«, fragte Camaban, scheinbar unbeeindruckt von dem
Versprechen seines Onkels. »Morgen, glaube ich.«
    Der Junge schenkte Galeth ein spitzbübisches Grinsen. »Du
k-k-kannst Hirac sagen, dass ich mmmorgen früh in Ratharryn sein werde.« Er
wandte sich ab, um den kostbaren Bogen wieder in sein Versteck zu

Weitere Kostenlose Bücher