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Cromwell, Bernard

Cromwell, Bernard

Titel: Cromwell, Bernard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stonehenge
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Derrewyn, »dann werden sie eine
Linie von dort bis eben zur Mitte des Tempels ziehen.« Sie war die Tochter
eines Priesters und wusste solche Dinge. Gilan hatte sich jetzt für einen der
vielen Stöcke entschieden, deshalb zog er die anderen wieder aus dem Boden,
bevor er einen Pflock in die Erde rammte, um damit den Mittelpunkt des
Heiligtums zu kennzeichnen. Es schien, dass die Arbeit dieses Tages damit
erledigt war, denn Gilan rollte jetzt die Schnur zu einem Knäuel zusammen,
murmelte ein kurzes Gebet und wanderte wieder nach Ratharryn zurück.
    »Willst du auf die Jagd gehen?«, rief Galeth Saban zu.
    »Nein«, lehnte Saban ab.
    »Du wirst wohl faul, jetzt wo du ein Mann bist, wie?«,
fragte Galeth gutmütig, dann winkte er und folgte dem Hohepriester.
    »Du willst nicht jagen?«, fragte Derrewyn Saban.
    »Ich bin jetzt ein Mann«, verkündete Saban. »Ich kann
meine eigene Hütte haben, Vieh und Sklaven halten, und ich kann eine Frau in
die Wälder führen.«
    »Eine Frau?«, fragte sie.
    »Dich«, sagte er. Er stand auf, griff nach seinem Speer,
dann streckte er ihr die Hand hin.
    Derrewyn blickte ihn einen Moment lang an. »Was ist
gestern Nacht in Slaols Tempel geschehen?«
    »Es waren siebzehn Männer da«, sagte Saban, »und vierzehn
Mädchen. Ich habe geschlafen.«
    »Warum?«
    »Weil ich auf dich gewartet habe«, bekannte er, und sein
Herz war übervoll und bebend, denn was er vorhatte, war weitaus gefährlicher,
als mitten unter fremdländischen Sklavenjägern und feindseligen Ausgestoßenen
im dunklen Wald zu schlafen. Er berührte die Halskette aus Meeresmuscheln, die
Derrewyn ihm geschenkt hatte. »Ich habe auf dich gewartet«, wiederholte er.
    Sie stand auf. Einen Moment lang glaubte Saban, sie würde
sich abwenden, doch dann lächelte sie und nahm seine Hand. »Ich bin noch nie im
Wald gewesen«, gestand sie.
    »Dann wird es allmählich Zeit«, befand Saban und führte
sie nach Osten — ein neuer Mann, eine neue Frau.
     
    6. KAPITEL
     
    S aban und Derrewyn schritten in
östlicher Richtung an Mais Fluss entlang, dann weiter nach Norden, vorbei an
der Siedlung, bis sie eine Stelle erreichten, wo das Flusstal steil und tief
war und sich mächtige Bäume hoch über dem strömenden Wasser wölbten.
Sonnenlicht schimmerte golden durch das Laub. Der Ruf der Wiesenknarren in den
Weizenfeldern war schon lange verstummt, und alles, was sie jetzt noch hören
konnten, war das Plätschern des Flusses, das Flüstern des Windes, das gedämpfte
Kratzen und Scharren von Eichhörnchenkrallen und das Flügelschlagen einer
Taube, die aus einer Baumkrone aufflatterte. Orchideen blühten purpurrot
zwischen der Wasserminze am Ufer des Flusses, während in den Schatten unter den
Bäumen ganze Teppiche von blauen Glockenblumen und Sternhyazinthen wuchsen.
Eisvögel flogen tief über dem Wasser dahin, wo rot gesprenkelte Moorhuhnküken
zwischen den Schilfhalmen herumpaddelten.
    Saban führte Derrewyn zu einer Insel im Fluss, einem Ort,
wo oberhalb des Ufers mit seinem hohen Gras und weichen Moos dicht
zusammenstehende Weiden und Eschen aufragten. Sie wateten zu der Insel, dann
legten sie sich auf das Moospolster, und Derrewyn beobachtete, wie Luftblasen
von der von Bäumen beschatteten Wasseroberfläche aufstiegen, wo Otter nach
Fischen tauchten. Eine Hirschkuh trat ans jenseitige Ufer, zuckte aber
erschrocken zurück, bevor sie schließlich trank, weil Derrewyn vor Bewunderung
zu laut geseufzt hatte. Dann wollte Derrewyn Fische fangen, deshalb nahm sie Sabans
neuen Speer und watete in das flache Wasser; und hin und wieder stach sie mit
der Speerspitze nach einer Forelle oder einer Äsche, verfehlte aber jedes Mal
ihre Beute. »Ziel auf einen Punkt unterhalb von ihnen«, sagte Saban.
»Unterhalb?«
    »Siehst du, wie sich der Speer im Wasser krümmt?«
    »Das sieht nur so aus«, winkte sie ab, dann stach sie
erneut nach einem Fisch, traf abermals daneben und lachte. Der Speer war
schwer, und sein Gewicht ermüdete sie, deshalb warf sie ihn aufs Ufer und
stand dann einfach nur da, während sie den Fluss um ihre braunen Knie strömen
ließ. »Möchtest du Clanführer werden?«, fragte sie Saban nach einer Weile.
    Er nickte. »Ich glaube schon, ja.«
    Sie wandte sich zu ihm um. »Warum?«
    Darauf wusste Saban keine Antwort. Er hatte sich ganz
einfach an die Vorstellung gewöhnt. Sein Vater war Clanführer, und obwohl das
nicht bedeutete, dass unbedingt einer von Hengalls Söhnen seine Nachfolge
antrat, würde sich der Stamm

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