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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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das Gebäude herum und zu einer Treppe, die in einen
niedrigen Raum hinunterführte. Hier standen zwei Metallschreibtische, ein Gewehrschrank
voller Schrotflinten und eine Reihe Aktenschränke. Das einzige Licht fiel durch
zwei Oberlichter herein; die Kellerschächte außen davor waren mit Laub
verstopft. Das Büro war leer. Die Frau, die hier die Telefone bediente, kam
erst um acht, erklärte Kirk, als er das Licht einschaltete. Was den Sheriff
anging - kein Mensch wusste, wo der steckte. Fuhr wahrscheinlich irgendwo durch
die Gegend.
    »Um die Wahrheit zu sagen«, gestand er, »bin ich
mir nicht mal so sicher, wie man eine Verhaftung richtig durchzieht. Ich
versuche lieber, ihn per Funk zu erreichen.«
    Er fragte Wolgast und Doyle, ob sie etwas
dagegen hätten, in einer Zelle zu warten. Es gab nur eine, und die war zum
großen Teil vollgestellt mit Pappkartons, aber für die beiden war noch Platz.
Wolgast sagte, das sei okay. Kirk führte sie zu der Zelle, schloss die Tür
auf, und Wolgast und Doyle gingen hinein.
    »Ich möchte auch in die Zelle«, sagte Amy.
    Kirk runzelte ungläubig die Stirn. »Das ist die
merkwürdigste Entführung, von der ich je gehört hab.«
    »Ist schon recht«, sagte Wolgast. »Sie kann bei
mir warten.«
    Kirk dachte kurz darüber nach. »Okay. Zumindest
so lange, bis mein Schwager kommt.«
    »Wer ist Ihr Schwager?«
    »John Price«, sagte er. »Er ist der Sheriff.«
    Kirk setzte sich ans Funkgerät, und zehn Minuten
später kam ein Mann in einer eng sitzenden Khaki-Uniform hereinmarschiert und
ging geradewegs nach hinten zu der Zelle. Er war klein und hatte die Figur eines
schlanken, muskulösen Jungen; er war höchstens eins sechzig groß, trotz der
hohen Absätze seiner Cowboystiefel, die aus irgendeinem edlen Material zu sein
schienen - aus Eidechsen- oder Straußenleder, vermutete Wolgast.
Wahrscheinlich trug er diese Stiefel, um ein bisschen größer zu erscheinen.
    »Ja, heilige Scheiße«, sagte er mit einer
überraschend tiefen Stimme. Er stemmte die Hände in die Hüften und musterte sie
von oben bis unten. Ein kleines Stück Papier klebte an seinem Kinn; er hatte
sich geschnitten, als er sich hastig rasierte. »Sie sind vom FBI?«
    »Jawohl.«
    »Na, das ist ja ein schöner Schlamassel.« Er sah
Kirk an. »Wieso hast du das Kind eingesperrt?«
    »Sie wollte es.«
    »Mein Gott, Kirk, du kannst doch kein Kind da
einsperren. Hast du die beiden andern erkennungsdienstlich behandelt?«
    »Ich hab damit gewartet, bis du kommst.«
    Price seufzte genervt. »Weißt du«, sagte er und
verdrehte die Augen, »du musst wirklich an deinem Selbstvertrauen arbeiten,
Kirk. Wir haben darüber schon gesprochen. Du lässt dich von Luanne und den andern
zu oft runterputzen.« Als Kirk nicht antwortete, fuhr er fort: »Na, dann setz
ich mich mal ans Telefon. Ich weiß, dass sie überall Himmel und Hölle in
Bewegung gesetzt haben, um die Kleine zu suchen.« Er sah Amy an. »Alles okay,
Kind?«
    Amy, die neben Wolgast auf der Betonbank saß,
nickte kurz.
    »Sie hat gesagt, sie will es so«, wiederholte
Kirk.
    »Ist mir egal, was sie gesagt hat.« Kirk nahm
einen Schlüssel aus einem Fach an seinem Gürtel und schloss die Zelle auf.
»Komm, Kindchen«, sagte er und streckte eine Hand aus. »Der Knast ist kein Ort
für dich. Wir besorgen dir 'ne Limo oder so was. Und Kirk - ruf Mavis an, ja?
Sag ihr, wir brauchen sie hier, und zwar pronto.«
    Als sie allein waren, legte Doyle, der
zusammengesunken auf der Betonbank saß, den Kopf in den Nacken und schloss die
Augen. »Mein Gott«, stöhnte er, »das ist wie aus einer Folge von Beverly
Hillbillies.«
    Ungefähr eine halbe Stunde verging. Wolgast
hörte, wie Kirk und Price nebenan redeten. Sie beratschlagten, was sie tun und
wen sie als Erstes anrufen sollten. Die State Police? Den Bezirksstaatsanwalt?
Bis jetzt hatten sie noch nicht mal ihre Personalien aufgenommen. Aber das
machte nichts; das würde schon noch passieren. Wolgast hörte, wie die Tür
aufging, und dann sprach eine Frauenstimme mit Amy und sagte ihr, was für ein
hübsches kleines Mädchen sie sei; sie fragte nach dem Namen ihres Hasen, und ob
sie vielleicht ein Eis haben wolle; der Laden um die Ecke werde gleich öffnen,
und dann könne sie hingehen und ihr eins kaufen. Das alles war genau so, wie
Wolgast es vorausgesehen hatte, als er in der dunklen Waschanlage im Tahoe
gesessen und beschlossen hatte, sich zu stellen. Er war froh, dass er es getan
hatte, und diese Zelle, die vermutlich

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