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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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genommen habe. (Und hier geht es um viel Geld. Luftaufklärung
ist nicht billig - zwanzigtausend Dollar, um einen Satelliten umzudirigieren,
und auch dafür kriegst du nur dreißig Minuten.) Trotzdem kommt es mir vor wie
ein Overkill. Wir waren gestern bei den letzten Vorbereitungen für den
Abmarsch, als im Basiscamp ein Hubschrauber landete, und wer springt da
heraus? Ein Kommando der Special Forces, allesamt aufgezäumt, als ob sie einen
feindlichen Bunker zu stürmen hätten: Dschungel-Camouflage, grün-schwarze
Kriegsbemalung im Gesicht, schwere M-19-Gasdrucklader- das volle Programm. Ein
paar ziemliche Draufgänger. Hinter der Meute kommt ein Mann im Anzug, ein
Zivilist, der offenbar das Kommando hat. Er stolziert quer über den Platz auf
mich zu, und ich sehe, wie jung er ist - nicht mal dreißig. Und er ist braun
wie ein Tennisprofi. Was macht er bei einem Spezialkommando? »Sind Sie der
Vampirtyp?«, fragt er mich. Du weißt, wie ich zu diesem Wort stehe, Paul - du
brauchst ja nur mal zu versuchen, eine NAS-Finanzierung zu bekommen, wenn im
Projektantrag irgendwo das Wort »Vampir« vorkommt. Aber aus Höflichkeit - und
verdammt, er hat genug Kanonen hinter sich, um eine kleine Regierung zu stürzen
- sage ich, ja, das bin ich. »Mark Cole, Dr. Lear«, sagt er und schüttelt mir
mit breitem Grinsen die Hand. »Ich habe eine weite Reise gemacht, nur um Sie
kennenzulernen. Sie werden's nicht glauben, aber Sie sind jetzt Major.«
Major?, denke ich. Und was machen diese Leute hier? »Das hier ist eine zivile
wissenschaftliche Expedition«, sage ich. »Jetzt nicht mehr«, sagt er. »Wer hat
das entschieden?«, frage ich, und er sagt: »Mein Chef, Dr. Lear.«
    »Und wer ist Ihr Chef?«, frage ich ihn. Er sagt:
»Dr. Lear, mein Chef ist der Präsident der Vereinigten Staaten.«
     
    Tim ist ziemlich sauer, weil er nur Captain sein
darf. Ich könnte einen Captain nicht von diesem Kentucky-Fried-Chicken-Colonel
unterscheiden; deshalb ist es mir egal. Claudia war diejenige, die wirklich
Theater machte. Sie drohte sogar damit, ihre Sachen zu packen und nach Hause
zu fahren. »Ich habe diesen Kerl nicht gewählt, und ich werde nicht in seine
gottverdammte Army eintreten, ganz egal, was der Schwachkopf sagt.« Immer mit
der Ruhe, wir haben ihn alle nicht gewählt, eigentlich kann sie das nicht ernst
meinen. Aber wie sich herausstellt, ist sie Quäkerin. Ihr jüngerer Bruder war
sogar Kriegsdienstverweigerer während des Iran-Kriegs. Aber schließlich konnten
wir sie doch beruhigen und zum Bleiben überreden; wir mussten ihr nur
versprechen, dass sie vor niemandem salutieren muss.
     
    Das Problem ist, ich begreife nicht so recht,
weshalb diese Leute hier sind. Natürlich haben die Militärs ein Interesse an
uns, denn schließlich geben wir ihr Geld aus, und dafür bin ich ihnen dankbar.
Aber warum schickt man eine Einheit der Special Forces (formal gesehen ist es
eine »Spezialaufklärungseinheit«) als Babysitter zu einem Haufen Biochemiker?
Der Bengel im Anzug - ich schätze, er ist von der National Security Agency -
hat mir erzählt, die Region, in die wir da gehen, werde vom Rauschgiftkartell
Montoya kontrolliert, und die Soldaten seien zu unserem Schutz da. »Wie würde
es aussehen, wenn ein Team von amerikanischen Wissenschaftlern von
bolivianischen Drogenbaronen umgebracht würde?«, fragte er. »Das wäre kein
Glückstag für die amerikanische Außenpolitik, wirklich kein Glückstag.« Ich
habe ihm nicht widersprochen, aber ich weiß verdammt genau, dass es da, wo wir
hingehen, keinen Rauschgifthandel gibt, sondern nur im Westen, auf dem
Altiplano. Das östliche Becken ist praktisch unbewohnt - von ein paar
verstreuten indianischen Siedlungen abgesehen, die großenteils schon seit
Jahren keinen Kontakt mit der Außenwelt hatten. Und er weiß, dass ich das alles weiß.
     
    Ich kann mir keinen Reim darauf machen, aber
soweit ich es übersehen kann, ergibt sich daraus für die Expedition an sich
kein Unterschied. Wir werden jetzt nur von ein paar schweren Geschützen
begleitet. Die Soldaten halten sich sehr zurück; ich habe kaum gehört, dass
mal einer von ihnen den Mund aufgemacht hat. Gespenstisch - aber zumindest sind
sie nicht im Weg.
     
    Jedenfalls brechen wir morgen früh auf. Das
Angebot mit der zahmen Schlange steht noch.
    Jonas
     
    Von: [email protected] Datum: Mittwoch,
15. Februar, 23:32
    An: [email protected] Betreff: Siehe
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(596 kb)
     
    Paul,
    seit sechs

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