Cronin, Justin
ein Trichter, der sie in die Nacht sog. Mit jeder Minute
waren die Entscheidungen, die sie trafen, weniger leicht zu widerrufen.
»Alicia sagt, nach Westen«, meldete Peter.
»Aber dann entfernen wir uns vom Flughafen!«
»Ich weiß. Gib mir noch mal Hollis.« Er wartete,
bis Hollis sich meldete, und fuhr dann fort. »Ich glaube, wir müssen uns mit
dem Sprit, den wir noch haben, einen Unterschlupf für die Nacht suchen. Bei all
diesen Gebäuden vor uns - da muss es etwas geben, das wir benutzen können.
Morgen früh können wir dann zum Flughafen zurückfahren.«
Hollis' Stimme war ruhig, aber der besorgte
Unterton entging Peter nicht. »Wie du meinst.« Er schaute zu Alicia hinauf, und
sie nickte. »Wir fahren da durch«, sagte Peter.
Die Bresche im Verteidigungsring war etwa
zwanzig Meter breit. Daneben lag ein umgekippter, ausgebrannter Tanklastzug.
Wahrscheinlich, dachte Peter, hatte der Fahrer versucht, die Sperre zu
durchbrechen.
Sie fuhren weiter. Die Gebäude standen immer
dichter beeinander, je näher sie der Innenstadt kamen. Niemand sprach; man
hörte nur das dunkle Dröhnen des Motors und das Scharren des Gestrüpps unter
dem Fahrgestell des Humvee. Irgendwie waren sie wieder auf den Las Vegas
Boulevard gekommen; ein Straßenschild, das immer noch an seinen Drähten über
der Straße hing, schaukelte knarrend im Wind. Die Gebäude waren jetzt größer,
monumentaler, und ihre mächtigen, zerstörten Fassaden ragten neben der Straße
auf. Manche waren ausgebrannte, leere Käfige aus Stahlträgern, andere halb
eingestürzt, die Fassaden weggebrochen, sodass man in die Apartments
hineinsehen konnte: Hängende Gärten aus Drähten und Kabeln. Einige waren von
Hochwäldern aus Ranken überwuchert, andere standen öd und nackt da, und intakte
Schilder verrieten ihre geheimnisvollen Namen: Mandalay
Bay. The Luxor. New York, New York. Das Gelände dazwischen
war übersät von Müll und Schutt, und Peter kam nur im Schritttempo voran.
Überall waren Humvees, Panzer, Sandsackstellungen - hier hatte eine Schlacht
stattgefunden. Zweimal musste er anhalten, um den Weg um ein Hindernis herum
zu suchen.
»Hier ist alles dicht«, sagte Peter schließlich.
»Da kommen wir nie durch. Caleb, such mir einen Weg hier raus.«
Caleb dirigierte ihn westwärts auf die Tropicana
Avenue. Aber nach hundert Metern verschwand die Straße unter einem Berg von
Schutt. Peter wendete, kehrte zur Kreuzung zurück und schlängelte sich wieder
nach Norden. Diesmal versperrte ihnen eine zweite Betonbarrikade den Weg.
»Das ist das reinste Labyrinth hier.«
Er versuchte es mit einer neuen Route, nach
Osten jetzt, aber auch hier ging es bald nicht weiter. Die Schatten wurden
länger; sie hatten vielleicht noch eine halbe Handbreit gutes Licht. Er
begriff, dass es ein Fehler gewesen war, durch das Herz der Stadt zu fahren.
Sie saßen in der Falle.
Er nahm das Funkgerät von der Ablage.
»Irgendeine Idee, Sara?«
»Wir können auf dem Weg zurückfahren, auf dem
wir hergekommen sind.«
»Bis wir hier raus sind, ist es dunkel. Wir
dürfen nicht im Freien festsitzen, nicht zwischen all diesen hohen Bauten.«
Alicia ließ sich vom Dach herunter. »Da gibt's
ein Gebäude, das aussieht, als wäre es sicher«, sagte sie hastig. »An dieser
Straße, ungefähr hundert Meter zurück. Wir sind daran vorbeigefahren.«
Peter gab die Information an den zweiten Humvee
weiter. »Ich sehe kaum eine andere Möglichkeit.«
Es war Hollis, der antwortete. »Dann los.«
Sie wendeten. Peter reckte den Hals nach vorn,
um durch die Frontscheibe nach oben zu schauen, und sah das Gebäude, das
Alicia gemeint hatte: einen weißen Turm von fantastischer Höhe, der aus den
langen Schatten ins Sonnenlicht hinaufragte. Er machte einen soliden Eindruck,
aber natürlich konnte man die Rückseite nicht sehen - sie konnte völlig
abgebrochen sein. Zwischen Gebäude und Straße erstreckte sich eine hohe Mauer
und eine grün wabernde Fläche, die sich beim Näherkommen als ein von Ranken
überwucherter Swimmingpool herausstellte. Peter befürchtete, dass er dort
irgendwie hindurchfahren müsste, doch dann sah er eine Lücke im Gestrüpp, und
Alicia rief herunter: »Hier abbiegen.«
Er konnte den Humvee bis an das Hochhaus
heranfahren und unter einem von Ranken umkränzten Portikus anhalten. Sara
bremste hinter ihm. Die Gebäudefront war mit Brettern vernagelt, der Eingang
mit Sandsäcken verbarrikadiert. Als Peter ausstieg, spürte er die plötzliche
Kühle. Die
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