Cronin, Justin
von
Bahngleisen, die in alle Himmelsrichtungen führten.
Eine kleine Seitentür öffnete sich, und ein Mann
kam heraus und auf sie zu. Er war mit Schmiere und Öl bedeckt; sein Gesicht war
praktisch schwarz davon. Er hielt etwas in den Händen, das er mit einem schmutzigen
Lappen bearbeitete. Vor ihnen blieb er stehen und musterte Michael von oben
bis unten. In einem Halfter an seinem Bein steckte ein kurzläufiges
Schrotgewehr. Michael erkannte ihn wieder. Es war der Fahrer, der sie aus Las
Vegas hierhergebracht hatte.
»Ist er das?«
Billie nickte.
Der Mann trat an Michael heran, bis sein Gesicht
nur noch eine Handbreit entfernt war, und schaute ihm in die Augen - erst in
das eine, dann in das andere, und dabei drehte er den Kopf hin und her. Sein
Atem roch nach saurer Milch, und seine Zähne waren schwarz verfärbt. Michael
musste sich zusammennehmen, um nicht zurückzuweichen.
»Wie viel hast du ihm gegeben?«
»Genug«, sagte Billie.
Der Mann sah ihn noch einmal skeptisch an. Dann
trat er zurück und spuckte einen braunen Speichelstrahl auf den harten Boden.
»Ich bin Gus.«
»Michael.«
»Ich weiß, wer du bist.« Er hielt den Gegenstand
in seinen Händen hoch, damit Michael ihn ansehen konnte. »Weißt du, was das
ist?«
Michael nahm das Teil in die Hand. »Eine
Solenoidspule, vierundzwanzig Volt. Ich würde sagen, sie stammt aus einer
Treibstoffpumpe, einer großen.«
»Ach ja? Und was ist daran kaputt?«
Michael gab die Spule achselzuckend zurück.
»Nichts, soweit ich sehe.« Gus sah Billie an und runzelte die Stirn. »Er hat
recht.«
»Ich hab's doch gesagt.«
»Sie behauptet, du kennst dich mit elektrischen
Anlagen aus. Kabelbäume, Generatoren, Steuerungseinheiten.«
Michael zuckte wieder die Achseln. Er scheute
sich immer noch, allzu viel preiszugeben, aber etwas, irgendein Instinkt,
sagte ihm, dass er den beiden vertrauen konnte. Sie hatten nicht zum Vergnügen
den weiten Weg hierher mit ihm gemacht.
»Zeig mir, was ihr habt.«
Sie gingen quer über den Hof zum Blechschuppen.
Von drinnen hörte Michael das Dröhnen tragbarer Generatoren und den
metallischen Klang von Werkzeugen. Sie traten durch die Tür ein, aus der Gus gekommen
war. Scheinwerfer auf hohen Masten beleuchteten die Halle. Mehrere Männer in
ölverschmierten Overalls gingen hin und her.
Was Michael sah, ließ ihn wie angewurzelt stehen
bleiben.
Es war eine Eisenbahn. Eine Diesellokomotive.
Und keine verrostete Antiquität - das Ding sah aus, als könne es tatsächlich
fahren. Sie war mit einer schützenden Metallpanzerung verkleidet, Stahlplatten
von mindestens einem Dreiviertelzoll Dicke. Ein mächtiger Kuhfänger ragte nach
vorn, und auch vor den Frontscheiben waren dicke Stahlplatten montiert, die nur
einen schmalen Sehschlitz für den Lokführer offen ließen. Drei kastenförmige
Wagen standen dahinter.
»Die mechanischen und pneumatischen Systeme
funktionieren alle«, erklärte Gus. »Wir haben die Acht-Volt-Batterien mit den
tragbaren Generatoren aufgeladen. Das einzige Problem ist der Kabelbaum. Wir
kriegen den Strom nicht von den Batterien zur Pumpe.«
In Michaels Ohren rauschte das Blut. Er holte
tief Luft, um das Unruhegefühl in ihm zu unterdrücken. »Habt ihr Schaltpläne?«
Gus führte ihn zu einem wackligen Tisch, auf dem
er Zeichnungen ausgebreitet hatte, große Bögen von sprödem Papier, mit blauer
Tinte überzogen. Michael warf einen Blick darauf.
»Das ist ein Chaos«, stellte er dann fest. »Es
könnte ein paar Wochen dauern, bis ich das Problem finde.«
»Ein paar Wochen haben wir aber nicht«, sagte
Billie.
Michael hob den Kopf. »Wie lange habt ihr an dem
Ding gearbeitet?«
»Vier Jahre«, sagte Gus. »Mehr oder weniger.«
»Und wie viel Zeit habe ich?«
Billie und Gus wechselten einen sorgenvollen
Blick.
»Drei Stunden«, sagte Billie.
53
»Theo.« Er war wieder in der Küche. Die
Schublade war offen, und darin lag das blinkende Messer. Eingebettet in sein
Fach wie ein Baby in seiner Wiege.
»Na los, Theo. Ich sage dir, du brauchst nichts
weiter zu tun, als es zu nehmen und sie zu erledigen. Du murkst sie ab, und
alles ist vorbei.«
Die Stimme. Die Stimme, die seinen Namen kannte.
Die in seinem Kopf herumkroch, ob er wach war oder schlief. Ein Teil seiner
selbst war in der Küche, ein anderer in dieser Zelle, in der er seit Tagen
gegen den Schlaf und gegen den Traum ankämpfte.
»Ist das so verdammt schwer? Drücke ich mich
nicht völlig klar aus?«
Er öffnete die
Weitere Kostenlose Bücher