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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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als
er sagte: Brüder, wir sterben. Sterben!
Denn fast keiner war mehr übrig auf der Welt, keine Menschen, nicht einmal
Tiere. Und Babcock wusste, dass die Zeit gekommen war, die Übriggebliebenen zu
ihm zu bringen, damit sie ihn kannten, Babcock und den Zero, und ihren Platz
bei ihm einnahmen. Er hatte seine Gedanken ausgesandt und zu den Vielen, seinen
Kindern, gesagt: Bringt die Letzten der Menschheit zu mir
und tötet sie nicht. Bringt sie und ihre Worte zu mir, damit sie den Traum
träumen und eins werden mit Uns, dem Babcock. Und
zuerst war einer gekommen, dann noch einer, mehr und immer mehr, und sie
träumten den Traum mit ihm, und wenn sie zu Ende geträumt hatten, sagte er zu
ihnen: Jetzt bist du mein wie die Vielen. Du bist mein an diesem Ort, und wenn
ich hungrig bin, wirst du mich speisen, wirst meine rastlose Seele nähren mit
deinem Blut. Und du wirst mir andere bringen, die jenseits von hier sind, damit
sie desgleichen tun, und ich werde euch leben lassen, auf diese und auf keine
andere Weise. Und diejenigen, die ihren Willen nicht dem seinen beugten, die
nicht zu dem Messer griffen in der Dunkelheit des Traums, wo Babcocks Gedanken
den ihren begegneten, mussten sterben, damit die anderen es sahen und sich ihm
nicht widersetzten.
    Und so war die Stadt gebaut worden. Die Stadt
Babcocks, die erste auf der Welt.
    Aber jetzt war da die Andere. Nicht Zero, nicht
die Zwölf, sondern eine Andere. Die Gleiche und doch nicht die Gleiche. Ein
Schatten hinter einem Schatten, und sie pickte an ihm wie ein Vogel, der
davonflatterte, wenn er seine Gedanken auf sie richten wollte. Und die Vielen,
seine Kinder, seine große und furchterregende Kompanie, hörten sie auch. Er
spürte, wie sie an ihnen zog. Eine machtvolle Kraft, die sie wegholen wollte.
Wie die hilflose Liebe, die er vor so langer Zeit verspürt hatte, als er noch
ein Junge war und sah, wie die rot glühende Spitze über seine Haut rollte und
sie verbrannte.
    Wer bin ich?, fragten
sie sie. Wer bin ich?
    Sie erweckte in ihnen den Wunsch, sich zu
erinnern. Den Wunsch, zu sterben.
    Sie war jetzt nah, sehr nah. Babcock fühlte es.
Sie war eine Welle in den Gedanken der Vielen, ein Riss im Gewebe der Nacht. Er
wusste, durch sie konnte alles, was sie getan hatten, aufgehoben, alles, was
sie geschaffen hatten, zunichte gemacht werden.
    Brüder, Brüder. Sie kommt. Brüder, sie ist schon
hier.
     
    52
     
    »Es tut mir leid, Peter«, sagte Olson. »Ich kann
nicht alle deine Freunde im Auge behalten.«
    Peter hatte erfahren, dass Michael kurz vor
Sonnenuntergang verschwunden war. Sara war ins Krankenrevier gegangen, um nach
ihm zu sehen, und hatte sein Bett leer vorgefunden. Das ganze Gebäude war leer.
    Sie waren in zwei Gruppen ausgeschwärmt: Sara,
Hollis und Caleb suchten das Gelände ab, und Alicia und Peter waren zu Olson
gegangen. In seinem Haus, hatte der Mann erzählt, habe einst der Gefängnisdirektor
gewohnt. Es war ein kleines, zweigeschossiges Gebäude auf einem
sonnenverbrannten Grundstück zwischen dem Arbeitscamp und dem alten Gefängnis.
    »Ich rede mit Billie«, versprach Olson.
»Vielleicht weiß sie, wo er ist.« Er wirkte gehetzt, als hätten sie ihn mitten
in einer wichtigen Arbeit gestört. Trotzdem machte er sich die Mühe, ihnen
sein beruhigendes Lächeln zu schenken. »Sicher ist alles in Ordnung mit ihm.
Mira hat ihn vor ein paar Stunden im Krankenrevier gesehen. Er sagte, es gehe
ihm besser, und er wolle sich ein bisschen umsehen. Ich dachte, wahrscheinlich
ist er zu euch gegangen.«
    »Er konnte kaum laufen«, sagte Peter.
»Vermutlich keinen Schritt tun.«
    »Dann kann er nicht weit gekommen sein, oder?«
    »Sara sagt, das Krankenrevier ist leer. Sind
dort normalerweise nicht ein paar Leute?«
    »Nicht unbedingt. Wenn es Michael besser ging,
hätten sie keinen Grund, dort zu bleiben.« Olsons Miene verfinsterte sich. Er
sah Peter an. »Er taucht sicher wieder auf. Ich rate euch, geht in euer
Quartier zurück und wartet dort auf ihn.«
    »Ich weiß nicht ...«
    Olson hob die Hand und schnitt ihm das Wort ab.
»Ich gebe euch nur einen Rat und schlage vor, ihr nehmt ihn an. Und seht zu,
dass ihr nicht noch mehr von euren Freunden verliert.«
    Bis jetzt hatte Alicia geschwiegen. Auf ihre
Krücken gestützt, stieß sie Peter mit der Schulter an. »Komm.«
    »Aber ...«
    »Ist schon gut.« Sie wandte sich an Olson. »Es
ist sicher alles okay. Wenn du uns brauchst, weißt du, wo du uns findest.«
    Sie gingen zurück, durch das Gewirr

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