Cronin, Justin
zu sagen
versucht hatte. »Du bist ihnen gefolgt.«
Sie nickte. »Ja, seit zwei Tagen schon. Als ich
flussabwärts die Gegend erkundet habe, bin ich auf einen ihrer Lagerplätze
gestoßen. Die Asche ihres Feuers war noch warm. So weit hier draußen konnte es
niemand anders sein, dachte ich.« Sie schüttelte zaghaft den Kopf. »Ganz
ehrlich, Peter, ich hatte nicht von Anfang an vor, die Soldaten zu finden. Ich
war immer davon ausgegangen, dass der alte Mann mir irgendwelche Geschichten
erzählt hat. Das musst du mir glauben.«
Greer kam triefend nass aus dem Regen ins Zelt.
»Major Greer«, sagte der General, »diese Frau
gehört zum Ersten Expeditionsbatallion.«
Greers Unterkiefer klappte herunter. »Sie -
was?«
»Sie ist Niles Coffees Tochter.«
Greer starrte Alicia mit weit aufgerissenen
Augen an, als wäre sie ein seltsames Tier. »Heiliger Strohsack. Coffee hatte
eine Tochter?«
»Sie sagt, sie hat den Eid geschworen.«
Greer kratzte sich verwirrt den kahlen Schädel.
»Mein Gott. Sie ist eine Frau. Was
wollen Sie jetzt machen?«
»Nichts. Vereidigt ist vereidigt. Die Männer
werden lernen müssen, damit zu leben. Bringen Sie sie zum Haareschneiden, und
teilen Sie sie zum Dienst ein.«
Es ging alles zu schnell. Peter hatte das
Gefühl, etwas Großes sei in ihm aufgebrochen. »Lish, sag ihnen, dass du lügst!«
»Es tut mir leid, Peter. Es muss sein. Major?«
Greer nickte ernst und trat an ihre Seite.
»Du kannst mich nicht verlassen«, hörte Peter
sich sagen, aber die Stimme, die diese Worte aussprach, war nicht seine eigene.
»Ich muss, Peter. Es geht nicht anders.«
Ohne es zu merken, hatte er sie umarmt. Tränen
schnürten ihm die Kehle zusammen. »Ich kann ... das nicht ohne dich.«
»Doch, du kannst. Das weiß ich.«
Es hatte keinen Sinn. Alicia verließ ihn. Er
spürte, wie sie ihm entglitt. »Ich kann nicht. Ich kann nicht.«
»Es ist gut.« Ihre Stimme war dicht an seinem
Ohr. »Still jetzt.«
Sie hielt ihn eine ganze Weile so fest, und sie
beide waren umhüllt von einem Kokon des Schweigens, als wären sie allein.
Schließlich nahm Alicia sein Gesicht zwischen beide Hände, zog ihn zu sich
heran und küsste ihn einmal und sehr kurz auf die Stirn. Es war ein Kuss, der
um Vergebung bat und sie zugleich gewährte: ein Abschiedskuss. Dann war Abstand
zwischen ihnen. Sie hatte ihn losgelassen und trat zurück.
»Danke, General«, sagte sie. »Major Greer, ich
bin so weit.«
60
Tage voller Regen, und Peter erzählte ihnen
alles.
Fünf Tage lang regnete es ununterbrochen.
Stundenlang saßen sie an dem langen Tisch in Vorhees' Zelt, manchmal nur sie
beide, aber meistens war auch Greer dabei. Er erzählte ihnen von Amy und der
Kolonie und von dem Signal, dem sie gefolgt waren. Er erzählte ihnen von Theo
und Mausami, von dem Hafen und dem, was dort passiert war. Er erzählte ihnen,
dass sechzehnhundert Kilometer weit von hier, auf einem Berg in Kalifornien,
neunzig Seelen darauf warteten, dass das Licht ausging.
»Ich werde Sie nicht belügen«, sagte Vorhees,
als Peter ihn fragte, ob sie die Soldaten hinschicken könnten. Es war spät am
Nachmittag. Alicia hatte die Garnison am Morgen mit einer Patrouille
verlassen. Umstandslos hatte sie sich in das Leben der Soldaten eingefügt.
»Es ist nicht so, dass ich Ihnen nicht glaube«,
erklärte Vorhees. »Allein dieser Bunker scheint den Trip wert zu sein. Aber
ich muss die Sache nach oben weitergeben - das heißt, an die Division. Es
dauert mindestens bis zum nächsten Frühjahr, ehe wir an ein solches
Unternehmen denken können. Es handelt sich um komplett unbekanntes Gelände.«
»Ich weiß nicht, ob sie noch so lange warten
können.«
»Tja, sie werden es müssen. Meine größte Sorge
ist, dass wir aus diesem Tal hinauskommen, bevor die Schneefälle einsetzen.
Wenn der Regen nicht aufhört, könnten wir festsitzen. Unser Treibstoff reicht
nur noch, um die Lichter dreißig Tage brennen zu lassen.«
»Ich würde gern mehr über diesen >Hafen<
erfahren«, warf Greer ein. Außerhalb des Zeltes oder in Anwesenheit der Männer
war das Verhältnis zwischen ihm und Vorhees von starrer Förmlichkeit, aber
hier drinnen entspannten sie sich sichtlich, und man merkte, dass sie Freunde
waren.
Greer sah den General an, und sein Blick
verdunkelte sich. »Klingt ein bisschen wie diese Leute in Oklahoma.«
»Was für Leute?«, fragte Peter.
»Ein Ort namens Homer.« Sofort nahm Vorhees den
Faden auf. »Das Dritte Bataillon ist vor ungefähr
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