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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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eine
Fünfzehnjährige mit einer Scheißangst. Man kann solche Sachen nicht immer
erklären. Ich schätze, sie ist einfach eine arme traumatisierte Seele, die
irgendwie überlebt hat und durch reinen Zufall in Ihr Camp spaziert ist.«
    »Und was ist mit dem Sender in ihrem Nacken?«
    »Was soll damit sein?« Vorhees' Ton war nicht
spöttisch, sondern völlig sachlich. »Verdammt, vielleicht ist sie eine Russin
oder eine Chinesin. Wir haben schon darauf gewartet, dass diese Leute
aufkreuzen, immer angenommen, dass da drüben noch jemand lebt.«
    »Und lebt da noch jemand?«
    Vorhees schwieg, und er und Greer wechselten
einen warnenden Blick.
    »Die Wahrheit ist, wir wissen es nicht. Manche
behaupten, die Quarantäne hat funktioniert, und der Rest der Welt lässt sich's
ohne uns gutgehen. Da stellt sich natürlich die Frage, warum wir dann per Funk
nichts davon mitkriegen, aber vermutlich ist es möglich, zusätzlich zu den
Minen auch eine elektronische Barrikade zu errichten. Andere glauben - und ich
glaube, der Major und ich teilen diese Auffassung -, dass alle tot sind.
Wohlgemerkt, das sind alles nur Mutmaßungen, aber man munkelt, die Quarantäne
war nicht ganz so dicht, wie die Leute glaubten. Fünf Jahre nach dem Ausbruch
waren die Vereinigten Staaten weitgehend entvölkert. Es konnte zugegriffen
werden. Das Goldlager in Fort Knox. Der Tresor der Zentralbank in New York.
Jedes Museum, jedes Juweliergeschäft, jede Bank bis hinunter zu der Sparkasse
an der Ecke, alles war immer noch da, und niemand war im Laden. Aber der Hauptgewinn
war das komplette amerikanische Rüstungsarsenal, das einfach so herumlag, unter
anderm mehr als zehntausend Nuklearsprengköpfe, von denen in einer Welt, in der
die Vereinigten Staaten nicht mehr den Babysitter spielten, jeder Einzelne das
Gleichgewicht der Macht verschieben konnte. Offen gesagt, ich glaube, die
Frage ist nicht, ob jemand hier gelandet ist, sondern wer und wie viele. Und da
ist es wahrscheinlich, dass sie das Virus mit nach Hause genommen haben.«
    Peter nahm sich einen Augenblick Zeit, um das alles
zu verdauen. Vorhees gab ihm zu verstehen, dass die Welt leer war.
    »Ich glaube nicht, dass Amy hier ist, um etwas
zu stehlen«, sagte er schließlich.
    »Zu Ihrer Beruhigung: Ich glaube es auch nicht.
Sie ist ein Kind, Peter. Wie sie da draußen überlebt hat, weiß niemand.
Vielleicht erzählt sie es Ihnen ja irgendwann mal.«
    »Ich glaube, das hat sie schon getan.«
    »Das glauben Sie. Und ich werde Ihnen nicht
widersprechen. Aber ich will Ihnen etwas anderes sagen. Als Junge kannte ich
eine Frau, eine verrückte alte Lady, die in einer Hütte hinter unserem Viertel
wohnte, in einer alten, baufälligen Bruchbude. Runzlig wie eine Rosine, und mit
hundert Katzen. Die Hütte stank nur so nach Katzenpisse. Und diese Frau
behauptete, sie könnte hören, was
die Dracs dachten. Wir Kids haben uns ohne Ende über sie lustig gemacht, aber
natürlich konnten wir auch nie genug von ihr kriegen. Das war so ein Fall, wo
man nachher Gewissensbisse hat, doch nicht in dem Augenblick. Sie war das, was
ihr Walker nennt; eines Tages stand sie einfach vor dem Tor.« Vorhees hob die
Schultern. »Von Zeit zu Zeit hört man solche Geschichten. Meistens geht es um
alte Leute, halb verrückte Mystiker, nie um ein Kind wie dieses Mädchen. Aber
die Geschichte an sich ist nicht neu.«
    Greer beugte sich vor. Er wirkte plötzlich
interessiert. »Was ist aus ihr geworden?«
    »Aus der alten Frau?« Der General rieb sich das
Kinn und versuchte, sich zu erinnern. »Wenn ich mich recht entsinne, ist sie
auf die Reise gegangen. Hat sich in ihrem nach Katzenpisse stinkenden Häuschen
aufgehängt.« Als weder Peter noch Greer etwas sagten, redete er weiter. »Man
kann nicht lange über diese Dinge nachdenken. Zumindest wir können es nicht. Da
wird der Major mir sicher zustimmen. Wir sind hier, um so viele Dracs wie
möglich zu beseitigen, Vorratsdepots anzulegen, die Hotspots zu finden und sie
auszuräuchern. Vielleicht ergibt das alles eines Tages einen Sinn. Aber das
werde ich sicher nicht mehr erleben.«
    Der General stand auf, und Greer ebenfalls. Die
Zeit zum Plaudern war vorbei, jedenfalls für heute. »Einstweilen denken Sie
über mein Angebot nach, Jaxon. Wir bringen Sie zurück. Sie haben es verdient.«
    Als Peter am Ausgang stehen blieb, beugten Greer
und Vorhees sich schon über den Tisch, auf dem sie eine große Landkarte ausgerollt
hatten. Vorhees hob den Kopf.
    »Gibt's noch

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