Cronin, Justin
diese
Anweisung erschien ihm einfach lächerlich. »Ich weiß nicht genau, ob ich ihnen
das vorschreiben kann, Sir.«
»Sie können es nicht?«
»Nein, Sir.« Er hob die Schultern. Es gab keine
anderen Worte dafür. »Wir gehören alle zusammen.«
Der General seufzte. »Vielleicht haben Sie mich
missverstanden. Dass ich es als Bitte formuliere, ist reine Höflichkeit. In
Anbetracht des Auftrags des Zweiten Expeditionsbataillons wäre es absolut
unangebracht, ja gefährlich, wenn die Frauen sich hier frei bewegten.«
»Wieso wären sie dabei in Gefahr?«
Vorhees runzelte die Stirn. »Sie nicht. Ich
denke dabei nicht an die Frauen.« Er holte geduldig Luft und fing noch einmal
an. »Ich werde es Ihnen so einfach erklären, wie ich kann. Wir sind eine
Freiwilligenarmee. Wer sich den Expeditionsstreitkräften anschließt, tut es
auf Lebenszeit und mit einem blutigen Eid. Jeder dieser Männer hat geschworen,
sein Leben zu geben. Er hat alles aufgegeben und lebt nur noch für diese Truppe
und die Männer, die dazugehören. Jedes Mal, wenn ein Mann das Gelände verlässt,
muss er davon ausgehen, dass er nicht zurückkommen wird. Und er akzeptiert es.
Mehr noch, er will es so. Ein Mann wird immer für seine Freunde sterben, aber
eine Frau - eine Frau bringt ihn dazu, dass er leben will. Und wenn das
passiert, garantiere ich Ihnen: Er wird durch dieses Tor hinausgehen und nicht
zurückkommen.«
Vorhees redete davon, seinem Leben ein Ende zu
setzen, das war Peter klar. Aber nach allem, was sie durchgemacht hatten, war
es einfach unvorstellbar, ihnen - und vor allem Alicia - zu sagen, sie müssten
sich in ihrem Zelt verkriechen.
»Ich bin sicher, diese Frauen sind hervorragende
Kämpferinnen«, fuhr Vorhees fort. »Sie wären sonst nie so weit gekommen. Aber
unser Kodex ist sehr streng, und Sie müssen ihn respektieren. Wenn Sie das
nicht können, gebe ich Ihnen Ihre Waffen zurück, und Sie müssen weitergehen.«
»Okay«, sagte er. »Wir gehen weiter.«
»Moment, Peter.«
Es war Alicia. Peter drehte sich zu ihr um.
»Lish, es ist okay. Ich bin auf eurer Seite.
Wenn er sagt, wir müssen gehen, dann gehen wir.«
Aber Alicia beachtete ihn nicht. Sie schaute den
General an, und Peter sah, dass sie vor ihm strammstand.
»General Vorhees. Colonel Niles Coffee vom Ersten
Expeditionsbataillon lässt Ihnen seine Grüße ausrichten.«
»Niles Coffee?« Sein Gesicht fing an zu
leuchten. »Der Niles Coffee?«
»Lish ...« Langsam ging Peter ein Licht auf.
»Meinst du etwa ... den Colonel?«
Aber Alicia antwortete nicht. Sie sah ihn nicht
einmal an, und ihr Gesicht trug einen Ausdruck, den er noch nie gesehen hatte.
»Junge Frau. Colonel Coffee ist mit allen seinen
Leuten vor dreißig Jahren draufgegangen.«
»Nein, Sir«, sagte Alicia. »Er hat überlebt.«
»Coffee lebt?«
»Er ist gefallen, Sir. Vor drei Monaten.«
Vorhees' Blick irrte im Zelt umher und kehrte
dann zu Alicia zurück. »Und wer, wenn ich fragen darf, sind Sie?«
Sie senkte knapp das Kinn. »Seine
Adoptivtochter, Sir. Gefreiter Alicia Donado, Erstes Expeditionsbataillon.«
Niemand sagte etwas. Was jetzt kam, war
endgültig, das wusste Peter. Und unwiderruflich. Vor lauter Panik wurde ihm
ganz schwindlig. Es war, als sei ihm der Boden unter den Füßen plötzlich und
ohne Vorwarnung weggerissen worden.
»Lish, was redest du da?«
Sie drehte sich zu ihm um, und ihre Augen
schwammen in Tränen.
»Oh, Peter«, sagte sie, und der erste Tropfen
rollte über ihre Wimpern auf ihre schweißglänzende Wange. »Es tut mir leid.
Ich hätte es dir wirklich sagen müssen.«
»Sie können sie nicht mitnehmen!«
»Bedaure, Jaxon«, sagte der General. »Aber das
haben Sie nicht zu entscheiden. Da gibt es gar nichts zu entscheiden.« Er ging
forschen Schrittes zum Zelteingang. »Greer! Jemand soll Major Greer in mein
Zelt schicken, und zwar sofort!«
»Was geht hier vor?«, wollte Michael wissen.
»Peter, was erzählt sie da?«
Plötzlich redeten alle durcheinander. Peter
packte Alicia bei den Armen und zwang sie, ihn anzusehen. »Lish, was soll das?
Überleg doch, was du tust!«
»Es ist schon passiert.« Erleichterung
schimmerte durch die Tränen, als habe sie eine Last, die sie lange getragen
hatte, endlich ablegen können. »Es ist passiert, bevor ich dich kannte. Lange
vorher. An dem Tag, als der Colonel in die Zuflucht kam und mich zu sich
genommen hat. Ich musste ihm versprechen, es niemandem zu erzählen.«
Jetzt begriff er, was sie ihm am Morgen
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