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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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schnarchte vor sich hin. Er fragte sich, ob Hollis und Sara seinetwegen
Theater spielten, oder ob sie es für Michael taten, der ja schließlich Saras
Bruder war. Und was Amy anging - anfangs, vielleicht einen Tag lang, war sie
nervös erschienen, und vielleicht hatte sie sogar ein bisschen Angst vor den
Soldaten gehabt, die ihnen das Essen brachten und sie zur Latrine
eskortierten, aber dann war sie in einen Zustand hoffnungsvoller, ja freudiger
Erwartung verfallen. Brechen wir bald auf?, hatte
sie Peter sanft drängend gefragt. Denn ich würde so gern
den Schnee sehen. Peter hatte immer nur gesagt, ich weiß es
nicht, Amy. Wenn der Regen aufhört, werden wir sehen. Das war die Wahrheit,
doch es klang trotzdem hohl und verlogen.
    Hollis deutete mit dem Kopf auf Peters Teller.
»Du solltest essen.«
    Er schob das Tablett zur Seite. »Ich habe keinen
Hunger.«
    Michael kam herein. Regentropfen perlten auf
seinem Poncho, als er mit einem vollbeladenen Tablett an den Tisch gerauscht
kam. Er war der Einzige, der seine Zeit einigermaßen nutzbringend verwendete:
Vorhees hatte ihn der Fahrzeugabteilung zugewiesen, und er half mit, die Autos
für die Fahrt nach Süden startklar zu machen. Er stellte sein Tablett auf den
Tisch und machte sich gierig über sein Essen her; er nahm ein Stück Maisbrot in
die ölverschmierte Hand und schaufelte sich damit die Bohnen in den Mund.
    »Was ist los?« Er blickte auf und schluckte
einen Mundvoll Bohnen und Brot herunter. »Ihr zwei seht aus, als ob jemand
gestorben wäre.«
    Ein Soldat ging mit seinem Tablett an ihrem
Tisch vorbei. Er hatte Segelohren, und auf seinem kahl geschorenen Schädel
schimmerte daunenweicher Flaum.
    »Hey, Radmutter«, sagte er zu Michael.
    Michael strahlte. »Sancho. Was läuft?«
    »De nada. Hör zu. Ein paar von uns
haben so geredet. Wir dachten, vielleicht hast du nachher Lust, zu uns zu
kommen.«
    Michael grinste mit einem Mund voll Bohnen.
»Aber klar.«
    »Neunzehn Uhr in der Kantine.« Der Soldat sah
Peter und Hollis an, als bemerke er sie erst jetzt. »Ihr Sprengs könnt auch
kommen, wenn ihr wollt.«
    Peter hatte sich noch nicht ganz an diese
Bezeichnung gewöhnen können. Für seine Ohren hatte sie einen geringschätzigen
Unterton. »Wohin kommen?«
    »Danke, Sancho«, sagte Michael. »Ich erklär's
ihnen.«
    Als der Soldat weitergegangen war, sah Peter ihn
mit schmalen Augen an. »Radmutter?«
    Michael aß schon wieder weiter. »Sie haben's mit
solchen Namen. Aber es gefällt mir besser als Akku.« Er wischte die letzten
Bohnen auf seinem Teller zusammen. »Die Jungs sind nicht übel, Peter.«
    »Habe ich auch nicht behauptet.«
    »Was gibt's denn heute Abend?«, fragte Hollis
nach einer Weile.
    »Ach so.« Michael zuckte wegwerfend die Achseln
und bekam ein rotes Gesicht. »Wundert mich, dass es euch niemand gesagt hat.
Heute ist Kinoabend.«
     
    Um achtzehn Uhr dreißig waren alle Tische aus
der Kantine hinausgetragen worden, und die Bänke standen in Reihen
hintereinander. Am Abend hatte es sich spürbar abgekühlt, und die Luft war
trockener. Die Regenfront war vorübergezogen. Die Soldaten hatten sich draußen
versammelt, und sie unterhielten sich lautstark miteinander, wie Peter es noch
nicht erlebt hatte. Sie lachten, rissen Witze und ließen Schnapsflaschen
herumgehen. Er setzte sich mit Hollis auf eine der hinteren Bänke mit dem
Gesicht zur Projektionswand, einer großen, weiß angestrichenen
Sperrholzplatte. Michael war irgendwo weiter vorn bei seinen neuen Freunden aus
dem Fahrzeugpool.
    Michael hatte sein Bestes getan, um ihnen zu
erklären, wie Kino funktionierte, aber Peter wusste immer noch nicht genau,
was ihn erwartete. Die ganze Sache war irgendwie beunruhigend, denn er verstand
nicht, wie so etwas machbar war. Der Projektor, der hinter ihnen auf einem
hohen Tisch stand, würde auf irgendeine Weise einen Strom von beweglichen
Bildern an die weiße Wand strahlen. Aber wenn das stimmte, woher kamen die
Bilder dann? Wenn es Reflektionen waren, was reflektierten sie? Ein langes
Stromkabel führte vom Projektor durch die Tür hinaus zu einem Generator. Peter
hielt es für verschwenderisch, den kostbaren Treibstoff für simple
Unterhaltungszwecke zu benutzen. Aber als Major Greer unter dem aufgeregten
Gejohle von sechzig Männern nach vorn trat, spürte Peter es auch: reinste
Vorfreude, ein beinahe kindliches Kribbeln im Bauch.
    Greer hob die Hand, um die Männer zur Ruhe zu
bringen, doch sie johlten nur noch lauter.
    »Ruhe, ihr

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