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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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was?«
    »Es ist nur ...« Was hatte er sagen wollen? »Ich
habe an Alicia gedacht. Wie es ihr geht.«
    »Es geht ihr gut, Peter. Keine Ahnung, wie
Coffee es gemacht hat, aber er hat ihr eine ganze Menge beigebracht.
Wahrscheinlich würden Sie sie nicht wiedererkennen.«
    Das schmerzte. »Ich würde sie gern sehen.«
    »Das weiß ich. Aber im Moment ist es keine gute
Idee.« Als Peter sich nicht bewegte, fragte Vorhees mit kaum verhohlener
Ungeduld: »Ist das alles?«
    Peter schüttelte den Kopf. »Sagen Sie ihr nur,
dass ich nach ihr gefragt habe.«
    »Das werde ich tun, mein Junge.«
    Peter trat durch die Zeltklappe hinaus in den
dunkler werdenden Nachmittag. Der Regen hatte nachgelassen, aber die Luft war
völlig gesättigt und schwer. Die Kälte fuhr einem bis in die Knochen. Jenseits
des Zauns kroch eine dichte Nebelbank über den Bergkamm. Alles war
schlammbespritzt. Er zog die Jacke fester um die Schultern und überquerte den
freien Platz zwischen Vorhees' Zelt und der Messe. Dort sah er Hollis; er saß
allein an einem der langen Tische vor einem abgenutzten Plastiktablett und
löffelte sich Bohnen in den Mund. Ein paar Soldaten saßen verstreut in der
Kantine und redeten leise miteinander. Peter nahm ein Tablett vom Stapel, schaufelte
Bohnen aus dem Topf auf einen Teller und ging damit zu Hollis.
    »Hier noch frei?«
    »Hier ist nirgends frei«, sagte Hollis düster.
»Ich durfte diesen Platz nur ausborgen.«
    Peter setzte sich auf die Bank. Er wusste, was
Hollis meinte. Sie waren hier wie ein überschüssiges, verkümmertes Glied, sie
hatten nichts zu tun, spielten keine Rolle. Sara und Amy waren in ihr Zelt
verbannt, aber trotz seiner relativen Freiheit fühlte Peter sich eingesperrt
wie sie. Keiner der Soldaten wollte etwas mit ihnen zu tun haben. Sie nahmen
Peter und seine Leute nicht richtig ernst, und verschwunden wären sie ohnehin
bald wieder.
    Er berichtete Hollis, was er erfahren hatte, und
stellte dann die Frage, die ihm vor allem auf dem Herzen lag. »Hast du sie
gesehen?«
    »Ich habe sie heute Morgen weggehen sehen, mit
Raimeys Einheit.«
    Raimeys Einheit, eine von sechsen, unternahm
kurze Erkundungspatrouillen in Richtung Südost. Als Peter den General gefragt
hatte, wie lange sie wegbleiben würden, hatte dieser geheimnisvoll geantwortet:
»So lange, wie es dauert.«
    »Wie sah sie aus?«
    »Wie eine von ihnen, Peter.« Hollis schwieg
einen Moment. »Ich habe ihr zugewinkt, aber ich glaube, sie hat mich nicht
gesehen. Weißt du, wie sie sie nennen?«
    Peter schüttelte den Kopf.
    »Die Letzte Expeditionärin.« Hollis runzelte die
Stirn. »Ein ziemlicher Zungenbrecher, wenn du mich fragst.«
    Sie schwiegen; alles war gesagt. Sie mochten
überflüssige Gliedmaßen sein, aber ohne Alicia fühlte Peter sich wirklich so,
als fehle ihm ein Arm oder ein Bein.
    Im Geiste suchte er sie unentwegt, und er fragte
sich, wo sie jetzt wohl sein mochte. Er glaubte nicht, dass er sich daran
jemals gewöhnen würde.
    »Ich habe nicht den Eindruck, dass sie uns die
Sache mit Amy abnehmen«, sagte er schließlich. »Würdest du es glauben?«
    Peter schüttelte den Kopf. »Wohl nicht«, gestand
er. Wieder schwiegen sie.
    »Und was denkst du?«, fragte Hollis dann. »Dass
sie uns mitnehmen wollen?«
    Wegen des Regens hatte sich der Abmarsch des
Bataillons schon um eine Woche verzögert. »Vorhees drängt darauf, dass wir
mitgehen. Vielleicht hat er recht.«
    »Aber du bist anderer Ansicht.« Als Peter
zögerte, legte Hollis seine Gabel auf den Tisch und sah ihm in die Augen. »Du
kennst mich, Peter. Ich mache das, was du willst.«
    »Wieso habe ich hier das Kommando? Ich will
nicht für alle entscheiden müssen.«
    »Ich habe nicht gesagt, dass du das musst. Wenn
du es noch nicht weißt, weißt du es eben noch nicht. Es hat Zeit bis nach dem
Regen.«
    Peter hatte Gewissensbisse. Seit sie in der
Garnison angekommen waren, hatte er aus irgendeinem Grund nie Gelegenheit
gefunden, Hollis zu sagen, dass er über ihn und Sara Bescheid wusste. Alicia
war fort, und im Grunde seines Herzens wollte er der Tatsache nicht ins Auge
sehen, dass die Kraft, die sie alle zusammengehalten hatte, in Auflösung
begriffen war. Die drei Männer waren in einem Zelt neben dem einquartiert, in
dem Sara und Amy sich die Zeit mit Kartenspielen vertrieben und darauf
warteten, dass der Regen aufhörte. Zwei Nächte hintereinander war Peter aufgewacht
und hatte gesehen, dass Hollis' Pritsche leer war, aber morgens war er immer da
und

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