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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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sie nicht weiter
darüber. Bis Moab waren es noch zwei Tage.
     
    Sie näherten sich der Farm von Süden her. Sara
saß am Steuer des Humvee, Peter mit dem Fernglas auf dem Dach. »Siehst du
was?«, rief Sara.
    Es war später Nachmittag. Ein starker Wind
wirbelte Staubwolken auf und verschleierte die Sicht. Nach vier warmen Tagen
war die Temperatur wieder gesunken; es war kalt wie im Winter.
    Peter stieg vom Dach und blies sich in die
Hände. Die andern hockten zusammengedrängt mit ihrem Gepäck auf den Bänken.
»Ich sehe die Gebäude. Aber nichts, was sich bewegt. Die Staubwolken sind zu
dicht.«
    Alle schwiegen und fragten sich bang, was sie
finden würden. Zumindest hatten sie Sprit; südlich der Stadt Blanding waren
sie über ein riesiges Treibstofflager gestolpert - genauer gesagt, sie waren
mitten hineingefahren: zwei Dutzend verrostete Tanks, die wie riesige Pilze
aus dem Erdboden ragten. Wenn sie ihre Route richtig planten, erkannten sie, und
Flugplätze und größere Ortschaften - vor allem solche mit Bahnhöfen -
ansteuerten, dann würden sie unterwegs wahrscheinlich genug Diesel finden, um
damit nach Hause zu kommen, natürlich vorausgesetzt, der Humvee hielt durch.
»Los, weiter«, sagte Peter.
    Langsam fuhr sie an und rollte an den kleinen
Häusern an der Straße vorbei. Mit einem flauen Gefühl im Magen stellte Peter
fest, dass sie alle noch genauso aussahen wie damals: leer und verlassen. Und
inzwischen hätten Theo und Mausami das Motorengeräusch gehört haben und
herauskommen müssen. Sara stoppte vor der Veranda des Hauses und stellte den
Motor ab. Alle stiegen aus. Noch immer blieb alles still.
    Alicia sprach als Erste. Sie legte Peter die
Hand auf die Schulter. »Lass mich hineingehen.«
    Aber er schüttelte den Kopf. Das war seine
Aufgabe. »Nein. Ich gehe.«
    Er stieg auf die Veranda und öffnete die Tür.
Sofort sah er, dass alles verändert war. Die Möbel waren umgestellt worden, und
alles sah behaglicher, ja, anheimelnd aus. Ein paar alte Fotos schmückten den
Kaminsims. Er trat heran und legte die Hand auf die Asche, die im Kamin lag,
aber sie war kalt. Das Feuer war schon lange erloschen.
    »Theo?«
    Keine Antwort. Er ging in die Küche. Alles
wirkte sauber geschrubbt und aufgeräumt. Es überlief ihn eiskalt, als er an die
Geschichte dachte, die Vorhees erzählt hatte - die Geschichte von der Stadt,
aus der alle Leute verschwunden waren. Wie hatte sie noch geheißen? Homer. Homer,
Oklahoma. Geschirr auf den Tischen, alles tipptopp, nur die Menschen hatten
sich in Luft aufgelöst.
    Die Treppe führte hinauf zu einem kleinen
Korridor mit zwei Türen, hinter denen Schlafzimmer lagen. Peter öffnete
vorsichtig das erste. Der Raum war leer und unberührt. Ängstlich machte er die
zweite Tür auf.
    Theo und Maus lagen auf dem großen Bett, sie
schliefen tief und fest. Maus lag auf der Seite, die Decke über die Schulter
gezogen. Ihr schwarzes Haar ergoss sich auf das Kissen. Theo lag steif auf dem
Rücken; sein linkes Bein war vom Knöchel bis zur Hüfte geschient.
    Zwischen ihnen spähte ein winziges Babygesicht
aus einem Guckloch in der dicken Decke, in die es eingewickelt war.
    »Ich werd' verrückt«, sagte Theo und entblößte
lächelnd eine Reihe abgebrochener Zähne. »Das nenn ich eine Überraschung!«
     
    72
     
    Als Erstes bat Maus sie darum, Conroy zu
begraben. Sie hätte es schon selbst getan, sagte sie, aber sie schaffte es
einfach nicht. Sie hatte Theo und das Baby zu versorgen, und deshalb hatte sie
den Hund nach dem Überfall vor drei Tagen liegen lassen müssen, wo er war.
Peter trug das, was von dem armen Tier übrig war, zu den anderen Gräbern, wo
Hollis und Michael eine Grube ausgehoben und Steine herumgelegt hatten, um die
Stelle zu markieren. Wenn die frisch aufgegrabene Erde nicht gewesen wäre,
hätte Conroys Grab ausgesehen wie alle andern.
    Wie sie den Angriff in der Scheune überlebt
hatten, konnten Theo und Mausami nicht restlos erklären. Mausami hatte mit dem
kleinen Caleb im Wagen auf dem Rücksitz gekauert und das Gesicht auf den Boden
gedrückt, und sie hatte gehört, wie die Flinte losging. Sie hatte den Kopf
gehoben und den Viral tot auf dem Boden der Scheune liegen sehen, und da hatte
sie angenommen, Theo habe ihn erschossen. Aber Theo konnte sich daran nicht
erinnern, und das Gewehr selbst hatte ein paar Meter weit weggelegen, an der
Tür, weit außerhalb seiner Reichweite. Als er den Schuss gehört hatte, waren
seine Augen geschlossen gewesen, und das

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