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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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Mama
rennen. Die Sicherheitsleute oben auf der Laderampe lachten sich tot.
    »Den Schlüssel«, sagte Richards.
    Paulson griff an seinen Gürtel und gab ihm den
Schlüssel. Seine Hände zitterten, und sein Atem roch nach Erbrochenem.
    »Und jetzt ab«, befahl Richards und warf einen
Blick zu Davis mit seinen Comics. »Du auch, Junior. Alle beide, macht, dass
ihr wegkommt.«
    Sie hasteten durch den Schnee davon. Die Sonne
war inzwischen hinter den Bergen aufgegangen und tauchte den Himmel in blasses
Licht. Richards beugte sich in den Van und schloss Carters Ketten auf.
    »Alles in Ordnung? Haben diese Jungs Ihnen was
getan?«
    Carter rieb sich das nasse Gesicht. »Sie haben's
nicht so gemeint.« Er schwang die Beine von der Bank und trat mit steifen
Gliedern aus dem Wagen. Blinzelnd sah er sich um. »Sind sie weg?«
    Richards nickte.
    »Was ist das hier?«
    »Gute Frage.« Richards nickte wieder. »Alles zu
seiner Zeit. Haben Sie Hunger, Anthony?«
    »Sie haben mir was zu essen gegeben. Bei
McDonald's.« Carter entdeckte die Sicherheitsleute, die über ihnen auf der
Rampe standen. Sein Gesichtsausdruck verriet Richards nichts. »Wer sind die?«,
fragte er.
    »Die sind Ihretwegen hier. Sie sind ein
Ehrengast, Anthony.«
    Carter sah Richards mit schmalen Augen an.
»Hätten Sie den Mann wirklich erschossen, wenn ich es gesagt hätte?«
    Etwas an ihm erinnerte Richards an Sykes, wie er
mit diesem verlorenen Blick in seinem Büro gestanden und gefragt hatte, ob sie
Freunde seien.
    »Was glauben Sie? Glauben Sie, ich hätte es
getan?«
    »Ich weiß überhaupt nicht, was ich glauben soll.«
    »Na, unter uns gesagt, nein. Ich hätte es nicht
getan. Ich hab ihm was vorgemacht.«
    »Hab ich mir gedacht.« Carter grinste plötzlich.
»Aber ich fand's komisch. Was Sie da mit ihm gemacht haben.« Er schüttelte den
Kopf, lachte kurz und sah sich dann wieder um. »Was passiert jetzt?«
    »Jetzt«, sagte Richards, »bringen wir Sie erst
mal rein ins Warme.«
     
    8
     
    Als es Abend wurde, fuhren sie fünfzig Meilen
hinter Oklahoma City durch die offene Prärie und geradewegs auf eine Wand von
Frühjahrsgewitterwolken zu, die über dem Horizont heraufwuchs wie ein Beet mit
aufblühenden Blumen in einem Zeitraffervideo. Doyle saß auf dem Beifahrersitz
des Tahoe und schlief fest; sein Kopf klemmte in der Lücke zwischen Kopfstütze
und Fenster, durch sein zusammengerolltes Jackett vor den Stößen der unebenen
Straße geschützt. Wolgast erkannte, dass er Doyle bei solchen Gelegenheiten um
sein Talent zum Abschalten beneidete. Er konnte das Licht ausknipsen wie ein
Zehnjähriger und buchstäblich überall schlafen. Wolgast war zutiefst erschöpft;
er wusste, dass es klug wäre, anzuhalten und die Plätze zu tauschen, damit er
selbst eine Mütze voll Schlaf nehmen könnte, wollte es aber nicht. Er war die
ganze Strecke von Memphis hierher gefahren und musste das Lenkrand einfach in
seinen Händen spüren. Es ließ ihn glauben, er habe noch eine Karte
auszuspielen.
    Nach seinem Anruf bei Sykes hatten sie nur
einmal Kontakt gehabt, nämlich auf dem Parkplatz einer Fernfahrerraststätte
außerhalb von Little Rock, wo ein FBI-Mann sie mit einem Umschlag mit Bargeld -
dreitausend Dollar in Zwanzigern und Fünfzigern - und einem sauberen
unauffälligen Auto erwartet hatte. Aber inzwischen war Wolgast zu dem Schluss
gekommen, dass ihm der Tahoe gefiel und dass er ihn behalten wollte. Er mochte
den großen, kräftigen Acht-Zylinder-Motor, die Servolenkung, die elastischen
Stoßdämpfer. Seit Jahren hatte er so etwas nicht mehr gefahren. Es war zu
schade, einen solchen Wagen in die Schrottpresse zu schicken, und als der Mann
ihm die Schlüssel zu dem neuen Fahrzeug übergeben wollte, winkte er streng ab,
ohne es sich noch einmal zu überlegen.
    »Gibt es irgendetwas über uns in den
Nachrichten?«, fragte er den Agenten, einen jungen Rekruten mit einem Gesicht,
so rosig wie eine Scheibe Schinken.
    Der Agent zog verwirrt die Brauen zusammen. »Ich
weiß nichts darüber.«
    Wolgast dachte darüber nach. »Das ist gut«,
sagte er schließlich. »Sorgen Sie lieber dafür, dass es so bleibt.«
    Der Agent hatte ihn zum Kofferraum herumgeführt,
der vor ihnen aufsprang. Darin sah Wolgast die Sporttasche aus schwarzem
Nylon, die er zwar nicht verlangt, aber erwartet hatte.
    »Behalten Sie die«, sagte er.
    »Sind Sie sicher? Ich soll sie Ihnen geben.«
    Wolgast schaute hinüber zu dem Tahoe, der
zwischen zwei dösenden Sattelschleppern am Rand des

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