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Crossfire 1: Kontakt

Crossfire 1: Kontakt

Titel: Crossfire 1: Kontakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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und er bekam
wieder Luft.
    Die Pelzlinge dort drinnen würden seiner Tochter nichts tun,
dessen war Shipley sich sicher. Sie würden niemals mehr
irgendjemandem etwas tun. Aber Naomi hätte sie am Ende
vermutlich getötet, zusammen mit jedem anderen an Bord. Shipley
wusste nicht, wie sie Jakes Pläne hatte vereiteln wollen, aber
er war davon überzeugt, dass sie es vorgehabt hatte. Er, ihr
Vater, hatte es in Naomis Augen gelesen. Wenn nötig, hätte
sie jeden an Bord getötet, einschließlich sich selbst.
Für sie war die Verbreitung der Infektion unter den Pelzlingen
Völkermord. Und für diese Überzeugung hätte sie
ihr Leben geopfert.
    Lass dein Leben für dich sprechen.
    Vielleicht hätte sich Shipley sogar auf ihre Seite gestellt
– bis zujenem Augenblick, als er diesen Raum betreten hatte. Als
das geschehen war, während er inmitten der neuerdings
friedlichen Pelzlinge saß, hatte sich ihm das Licht offenbart
wie niemals zuvor. Nicht blendend hell, sondern tief und sanft und
mit einer Klarheit jenseits allen Zweifels. Diese Wesen waren keine
geistlosen Zombies, wie er erwartet hatte. Die Infektion hatte ihnen
nicht die Seele geraubt. Stattdessen war ihnen die
Blutrünstigkeit, die die Darwinsche Evolution ihnen
angezüchtet hatte, genommen worden. Sie hatten dadurch eine
höhere Entwicklungsstufe erreicht.
    Es war der richtige nächste Schritt für die Pelzlinge.
Es war ihr Weg: vom Krieg zu gemeinschaftlichem Schweigen, zum
Träumen in der Sonne, in Frieden.
    Naomi hätte das nie verstanden. Sie hätte sich selbst
nie gestattet, es zu verstehen. Und so hatte er ihre Sabotage
vereitelt, wie auch immer sie ausgesehen hätte. Naomi würde
ihm das niemals verzeihen. Shipley hatte das Richtige getan, aber der
Preis dafür war die neu erblühte Liebe seiner Tochter.
    Dieser Preis war nicht zu hoch. Und vielleicht war es ein
Ausgleich für Franz’ Tod.
    Shipley schloss die Augen. Er wusste nicht, aus welchem Metall die
Luke bestand, aber er war plötzlich froh über dessen
Beschaffenheit. Es war sehr robust. So hörte er nicht, wie Naomi
auf der anderen Seite mit ihren kleinen Fäusten dagegen
schlug.

 
32. KAPITEL
     
     
    Das Schiff hatte gestoppt. Durch den durchsichtigen Boden sah Jake
die lange Stange, die sich vom Mannschaftsmodul zur Scheibe an ihrem
anderen Ende erstreckte. Jenseits dieser Scheibe, weit darunter, bot
sich ihm ein Anblick, auf den er schon nicht mehr zu hoffen gewagt
hatte.
    Greentrees.
    Der Planet drehte sich langsam unter ihm, grün und blau und
mit weißen Wolken – das Schönste, was er je in seinem
Leben gesehen hatte. Das Schiff befand sich in einer weiten
Umlaufbahn und glitt ohne Antrieb dahin. Mit den ausgeschalteten
Plasmatriebwerken funktionierten sämtliche Sensoren des Schiffes
wieder. Jetzt hing alles davon ab, wie gut Karim von den Ranken
gelernt hatte, mit diesen Sensoren umzugehen.
    George saß auf dem Boden und öffnete das tragbare
QVV-Gerät. Karim gab ihm Anweisungen, wandte aber nie den Blick
von den fremdartigen außerirdischen Instrumenten ab. Karim
begriff nur ein Viertel der Anzeigen, hatte er Jake anvertraut. Die
Ranken hatten so wenig Zeit gehabt, ihm alles beizubringen.
    »So, es ist offen«, teilte George ihnen mit. Er drehte
das QVV-Gerät um, und mehrere kleine, klebrige Päckchen
fielen heraus. Abschiedsknospen.
    Ruhig sagte Lucy: »Wir wissen nicht, ob wir je die
Möglichkeit haben werden, sie anderen Ranken zu
übergeben.« Niemand antwortete ihr. Sie richtete ihre
großen Augen auf Jake, und ihm kam es so vor, als stünde
ein flehentlicher Ausdruck darin. Wegen der Abschiedsknospen –
oder wegen etwas anderem? Er schaute zur Seite.
    »Was fangen wir in der Zwischenzeit mit diesen
Genpäckchen an?«, wollte Ingrid wissen.
    Überraschend meinte Dr. Shipley: »Gebt sie mir. Ich
kümmere mich um sie.«
    Schweigend sammelte Lucy die Päckchen ein und übergab
sie Shipley. Jedem war in Gegenwart des Neuen Quäkers
unbehaglich zu Mute. Ruhig und gelassen hatte er ihnen erzählt,
weshalb er Nan bei den Pelzlingen eingesperrt hatte. Gail hatte
hörbar nach Luft geschnappt. Jake vermutete, dass sie auch
geweint hatte, als sie allein war.
    Die Übrigen hatten genickt und nicht recht gewusst, was sie
sagen sollten. Sie ließen Shipley mit seinen
Schuldgefühlen, die er wahrscheinlich empfand, allein. Aber Jake
hatte den Verdacht, dass Shipley überhaupt keine
Schuldgefühle hatte. Er hatte eher den Eindruck, als hätte
der Arzt einen neuen inneren Frieden

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