Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Crossfire 2: Feuerprobe

Crossfire 2: Feuerprobe

Titel: Crossfire 2: Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
Vom Netzwerk:
den Boden wie in
einem hilflosen Versuch zu springen.
    Alex näherte sich ihr vorsichtig. Sie durfte den Fesselschaum
nicht berühren, da sie sonst nicht mehr davon loskam. Ehe ihr
noch einfiel, wie sie den Pelzling trösten konnte, kam der
Soldat wieder zurück. Er packte Alex am Arm und zog sie aus der
Zelle.
    »Wohin bringt ihr die Pelzlinge? Was habt ihr mit der Alten
vor? Lass mich los, du…«
    Der terranische Soldat ignorierte sie einfach. Er öffnete die
Tür einer zweiten Zelle und schob sie hindurch. Julian Martin
wartete drinnen auf sie.
    Furcht erstickte Alex’ Proteste. Diese kleine Kammer war der
Ort, an dem Julian sie gefoltert hatte. Diesmal allerdings stand kein
Stuhl darin, und Julian hatte keine Waffe. Er rümpfte die
Nase.
    »Du stinkst nach ihnen, Alex.«
    »Wohin… wohin bringst du sie?«
    »Zu einer ›Heirat in ganz anderm Tone‹«,
erklärte er, und sie erkannte die spöttische Imitation von
Duncans Stimme. Und dann fügte er in seinem eigenen Tonfall
hinzu: »Ich möchte mich verabschieden.«
    Verabschieden? Wieder stieg Furcht in ihr hoch. Um sie im Zaum zu
halten, konzentrierte sie sich ganz auf einen einzigen Gegenstand:
Julians Ring, ein grüner Edelstein an einem goldenen Reif. »Woher hast du den Ring?« – »Von meiner
Mutter…«
    »Ich werde einige Tage weg sein«, fuhr er fort,
»und komme erst zurück, sobald ich Jake gefunden habe. Ich
wollte dir vorher auf Wiedersehen sagen.«
    Alex empfand ein Gefühl der Unwirklichkeit, so heftig, dass
sie einen Augenblick lang alles nur noch verschwommen wahrnahm.
Julian meinte das tatsächlich ernst. Er hatte sie gefoltert,
versucht sie zu ermorden, sie eingesperrt – und vermutlich
würde er all das auch wieder tun. Jetzt aber wollte er sich
für eine kurze Reise verabschieden, wie früher, wenn er zur
Inspektion irgendeiner Forschungseinrichtung aufgebrochen war.
    Trotzdem war er nicht verrückt, zumindest nicht in dem Sinne,
den Alex mit diesem Wort verband. Er musterte sie scharf mit seinen
strahlend grünen Augen, die stets einen aufmerksamen und
angespannten Ausdruck zeigten – er hatte so lange mit Verrat
gelebt, dass er sich keinen Moment der Sorglosigkeit erlaubte. Er
nahm alles wahr, und er zog die richtigen Schlussfolgerungen
daraus.
    »Du findest es merkwürdig, dass ich mich verabschieden
möchte? Wir leben in einer gefährlichen Welt, Alex. Ich
dachte, so viel hätte ich dir zumindest beigebracht. Alles
Mögliche kann geschehen, und vielleicht kehre ich nicht
zurück. Ist es also so merkwürdig, dass ich mich von
jemandem verabschieden möchte, den ich geliebt habe – von
dem ersten Menschen, der mich mit diesem großartigen Planeten
vertraut gemacht hat?«
    Sie entgegnete nichts.
    »Denn er ist großartig! Du hast nie die Erde
gesehen, sonst wüsstest du, wie atemberaubend Greentrees ist.
›Voll von anmutigen Tönen und Düften, welche
belustigen und keinen Schaden tun…‹«
    »Tu das nicht!«
    Er lächelte. »Also gut, mein empfindsames
Mimöschen. Erinnerst du dich, wie ich dir erklärt habe,
dass es das höchste moralische Gut ist, Leben zu schützen
und einen offenen Kampf zu vermeiden? Genau das tue ich jetzt. Es
werden nur wenige Menschen sterben – wie auch bisher nur relativ
wenige gestorben sind –, damit der Rest in dem Frieden und
Wohlstand leben kann, den ich Greentrees bringen werde, Alex. Ich
hätte nie geglaubt, dass ich jemals einen Ort so lieben
könnte wie diesen Planeten, niemals wieder.«
    Ein sanfter Ausdruck war in seine grünen Augen getreten. Alex
schaute ihn stumm an. Er meinte wirklich, was er sagte.
    Julian kam auf sie zu. Sie zuckte zusammen, aber er schien es
nicht zu bemerken. Seine Lippen berührten ihre Wange, dann
wandte er sich ab und ging.
    Kurz darauf stieß der terranische Soldat sie wieder in die
Zelle zur Pelzlingsgroßmutter.
     
    Stunden später erzitterte der Shuttle. Alex blickte von der
Wasserschale auf, die sie der Pelzlingsgroßmutter zum Trinken
an den Mund hielt, wobei sie sorgsam die Berührung mit dem
Fesselschaum vermied. Startete der Shuttle etwa? Unmöglich,
solange er halb in der Hügelflanke vergraben war! Aber was
geschah dann?
    Die Wände lösten sich auf.
    Sie wurden dünner, wölbten sich und bekamen Löcher.
Alex hörte ein Kreischen, ein ohrenbetäubendes Schreien,
das keine Ähnlichkeit mit irgendeinem Laut hatte, den sie je auf
Greentrees vernommen hatte. Durch ein Loch in der sich
auflösenden Wand – wie konnte sich der Shuttle auflösen? –

Weitere Kostenlose Bücher